Mehr als nur Ersatz

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Der Bedarf an Lehrpersonal im Sekundarschulbereich kann in Luxemburg nicht komplett von den verbeamteten Lehrern abgedeckt werden. Aus diesem Grund wurde 1984 die Laufbahn "Chargé de cours" eingeführt.

Die „Association des chargés de l’enseignement national“ (ACEN) reagiert nun auf die stetige Abwertung dieser Laufbahn, welche ihren Höhepunkt laut eigener Aussage in der Schulreform von Claude Meisch gefunden habe.

Tatsächlich hat sich die Anzahl der Chargés in Sekundarschulen im Laufe des letzten Jahrzehnts stetig erhöht. Gab es im Schuljahr 2001/02 587 Chargés, so wurden im Jahr 2012/13 ganze 1.114 gezählt. Angesichts dieser hohen Zahlen spricht der Präsident der ACEN, Luc Wildanger, von einem „gewollten Logikfehler“. Es ist effektiv so, dass der Staat den Chargés den Status des Sekundarlehrers nicht erteilt. Somit spricht er ihnen de facto die Kompetenz ab, Kinder unterrichten zu können. Wenn er diese Personen dennoch als Chargés einstellt, widerspricht er seiner eigenen Logik, indem er sie vor eine Klasse stellt.

Sparpolitik

Laut Wildanger erklärt sich dieses Vorgehen durch die Sparpolitik der Regierung. Laut der ACEN verdient ein Staatsbeamter nämlich bei gleicher Dienstzeit in etwa 45 Prozent mehr als ein einfacher Angestellter. Des Weiteren hält ein Chargé in der Regel 24 Wochenstunden Unterricht, und somit zwei Stunden mehr als ein Sekundarlehrer mit Beamtenstatus. Der Staat erhält somit mehr Leistung für weniger Geld. Es ist damit in seinem Interesse, immer mehr Chargés einzustellen. Aktuell sind über 25 Prozent der Lehrbeauftragten in Sekundarschulen Chargés. Hinzu kommt, dass die Chargés seit dem Jahr 2010 mindestens über einen Bachelor-Abschluss verfügen müssen, um an einer Sekundarschule arbeiten zu dürfen. Dadurch kommt es immer öfter vor, dass diese Lehrbeauftragten die gleichen Diplome haben wie die Sekundarlehrer und dennoch in einer anderen Gehaltsstufe sind.

Zudem genießen sie keine Privilegien wie altersbedingte Freistunden z.B. Dies kann dazu führen, dass Chargés für weniger Lohn 24 Stunden wöchentlich Unterricht halten, und ein Sekundarlehrer mit Beamtenstatus und einer langen Dienstzeit nur 14 Stunden. Letztlich muss man festhalten, dass die Chargés angesichts dieser Zahlen mehr sind als ein einfacher Ersatz der Sekundarlehrer. Allein aufgrund ihrer Anzahl sind sie ein fester Bestandteil von Sekundarschulen und sind für das System unentbehrlich.

Will der Staat seine Glaubwürdigkeit behalten, wird er sich wohl entscheiden müssen: Entweder die Chargés sind kompetent und gut genug, um zu unterrichten – dann sollten sie zumindest ähnliche Bedingungen wie Sekundarlehrer mit Beamtenstatus erhalten. Oder der Staat stuft die Chargés als nicht kompetent genug ein – dann dürfen diese auch keinen Unterricht abhalten. Die versteckte und ungerechte Sparpolitik muss ein Ende haben.