Luxemburg plant seine Zukunft

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Die neue Regierung präsentierte am Mittwoch den Abgeordneten die vier sektoriellen Plänein den Bereichen Transport, Landschaft, Wohnen und wirtschaftliche Aktivitätszonen.

Die Pläne basieren auf dem Gesetz zur Landesplanung, das im Juli 2013 verabschiedet wurde, und sollen die demografische und wirtschaftliche Entwicklung des Landes berücksichtigen und steuern.

Prozess wird zwei Jahre dauern

Die Präsentation war der Auftakt eines längeren Diskussionsprozesses über die Entwicklung des Landes. Am 27. Juni wird die entsprechende Prozedur offiziell anlaufen: u.a. werden die Schöffenräte ausführlich informiert werden. Der gesamte Prozess soll etwa zwei Jahre dauern.

Wie der Minister für nachhaltige Entwicklung und Infrastruktur, François Bausch, gestern eingangs der Vorstellung erklärte, braucht ein Land wie Luxemburg, das in den Jahren 1970 bis 2014 die Zahl seiner Arbeitsplätze verdoppelt hat, eine Landesplanung, um die Lebensqualität erhalten bzw. verbessern zu können.

Danach ging Bausch auf den „Plan sectoriel“ Transport ein, der sich am überarbeiteten Modu-Projekt (gobales Mobilitätsprojekt) orientiert. Abweichend vom bereits unter der früheren Regierung vorgestellten Projekt sind ambitiösere und weiterführende Tramlinien geplant.

„Modal Split“ von 25 Prozent

Die Regierung hat das Ziel eines „Modal Split“ von 25 Prozent vorgegeben, d.h. ein Viertel aller motorisierter Bewegungen soll über den öffentlichen Transport abgewickelt werden. Dieses Ziel soll bis 2020 erreicht werden.

In dem Plan sind deshalb besondere „Flure“ vorgesehen, auf denen Straßen- und Eisenbahnprojekte realisiert werden können (s. nebenstehende Karten).

Die hauptstädtische Tram ist Bestandteil dieses Plans, ebenso wie die Verdoppelung verschiedener Eisenbahnstrecken.

A3 dreispurig bis Gasperich

Auch im Straßenbau will die neue Regierung aktiv werden: So soll die A3 zwischen der „Aire de Berchem“ und dem Gaspericher Kreuz auf drei Spuren ausgebaut werden, die N3 zwischen Luxemburg, Howald und Hesperingen wird gebaut und die Umgehungsstraßen von Bascharage, Echternach, Hosingen, Heinerscheid und Dippach werden laut Plan realisiert werden. Das Konzept sieht daneben einen Plan zur Verwaltung des Parkplatzraumes vor, der Obergrenzen für Abstellplätze vorsehen soll.

Im Anschluss an jede der vier Präsentationen durch die Minister François Bausch, Etienne Schneider, Maggy Nagel und Staatssekretär Camille Gira stellten die Abgeordneten Fragen.

Der Leitplan Industrie und Gewerbezonen wird das Zusammenspiel von kommunalen, regionalen und nationalen Industrie- und Gewerbezonen neu regeln. Zusätzlich zu den rund 1.000 ha an bestehenden Flächen werden mit Zeithorizont 2030 698 ha ausgewiesen, davon 440 ha regionale Zonen und 164 ha nationale Zonen.

Genau geregelt wird, welche Betriebe und Dienstleistungsunternehmen sich wo niederlassen dürfen.

Nationale Industriezonen

Nationale Industriezonen sind prinzipiell großen Betrieben und Dienstleistern vorbehalten. Bei den regionalen und lokalen Gewerbezonen wird jeweils eine Klasse 1 und eine Klasse 2 geschaffen, in der sich größere Betriebe bzw. Detailhandel niederlassen dürfen. Mit dem neuen Leitplan soll nicht nur der Mangel an Industrieflächen behoben werden.

Die klare Gliederung soll auch eine geordnete Diversifikation nach industriellen und dienstleisterischen Schwerpunkten garantieren. Dabei soll auch auf ein Gleichgewicht zwischen den Regionen geachtet werden. Die ausgewiesenen Industrie- und Gewerbezonen wurden, so Wirtschaftsminister Etienne Schneider, auch entsprechend ihrer verkehrstechnischen Anbindung zurückbehalten.

Was die lokalen Gewerbezonen angeht, so hat prinzipiell jede Gemeinde das Recht, eine solche Zone von bis zu 2 ha auszuweisen.

Aus Gründen der Rechtssicherheit werden bestehende Industriezonen unverändert in den neuen Leitplan übernommen. Fünf Gemeinden werden sich allerdings für ihre geplante kommunale Industriezone einen neuen Standort suchen müssen.

Es handelt sich dabei um Wiltz, Bissen, Tüntingen, Hobscheid und Niederanven. Als Gründe wurden gestern die unzureichende Verkehrsanbindung, die schwierige Topografie oder auch Altlasten erwähnt, was die Valorisierung zu teuer mache.

Die Antworten auf die von einzelnen Abgeordneten geäußerte Frage, ob und wie diese Flächen denn nun saniert würden, blieben gestern eher nebulös.

Angedacht ist, parallel zur Umsetzung des Leitplans auch den aktuellen Finanzierungsschlüssel zu ändern. Für regionale Zonen könnte es statt einer 85-prozentgen wie bei den nationalen Zonen dann eine 100-prozentige Vorfinanzierung durch den Staat geben. Die 15-prozentige Subvention von kommunalen Zonen würde dagegen gestrichen.

Zersiedlung stoppen

Der Leitplan „Wohnungsbau“ ist in seiner Ausrichtung auf den für Gewerbezonen abgestimmt. 43 Gemeinden kommt dabei als „communes prioritaires“ mit guten Verkehrsanbindungen (IVL-konform) eine Schlüsselrolle zu. Sie sollen zum Zeithorizont 2030 ein Wachstumspotenzial von mindestens 20 Prozent an neuen Wohnungen ausweisen, müssen dieses Ziel aber nicht zwingend erreichen. Es gebe keine verbindliche Wachstumsober- und -untergrenze, ergänzte Innenminister Dan Kersch den von Wohnungsbauministerin Maggy Nagel vorgelegten Leitplan gleich mehrmals.

Etwas anders sieht die Situation bei den 63 „communes complémentaires“ aus. Sie sollen prinzipiell nicht schneller als 10 Prozent wachsen. Zudem sollen sie „vor allem im Hauptort“ wachsen. Rein theoretisch ist es laut Leitplan möglich, dass „komplementäre“ Gemeinden am Ende der zwölfjährigen Übergangszeit bis dahin ungenutztes Bauland aus dem bestehenden Bebauungsplan (PAG) herausnehmen und reklassieren müssen.

Vier weitere prioritäre Gemeinden

Gegenüber dem ersten Entwurf der früheren CSV-LSAP-Regierung wechseln übrigens vier Gemeinden (Schüttringen, Contern, Leudelingen, Mondorf) von der Liste komplementärer auf die prioritär wachsender Gemeinden.

Eine Sonderrolle spielen 467 ha an ausgewiesenen Zonen, die für drei bis fünf Pilotprojekte reserviert sind, mit denen die Regierung zeigen will, dass man „die Wohnungsbaupreise um bis zu 30 Prozent drücken kann“. Konkret handelt es sich dabei um sozialen Wohnungsbau (15.000 Wohnungen für rund 37.000 Menschen).

An dem Finanzierungsmodell wird noch gearbeitet. Gedacht wird, so Maggy Nagel, an private Bauunternehmer, an die Investitionsbank und an die Pensionskassen. In diesen Zonen ist eine Baudichte von mindestens 20 Wohnungen pro ha zwingend vorgeschrieben. Eine höhere Baudichte und andere Wohnungsmodelle sind aber generell mit dem Leitplan Wohnungsbau verbunden. Nur so könnten die weitere Zersiedlung und Umweltzerstörung gestoppt werden, betonte Umwelt-Staatssekretär Camille Gira.

Robert Schneider, Léon Marx/Tageblatt.lu