Lokal handeln, global denken

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„Morgens, wenn wir Kaffee trinken, sind wir mit der Welt verbunden“, so Jean-Louis Zeien, Chef von „Fairtrade Lëtzebuerg“. Es sei wichtig, lokal zu handeln und global zu denken.

Mehr als zwei Jahrzehnte ist es her, dass das erste Fairtrade-Label unter dem Namen „Max Havelaar“ in den Niederlanden auf den Markt gebracht wurde. Der Name „Max Havelaar“ geht zurück auf den Namen des gleichnamigen Kolonialbeamten im Roman „Max Havelaar oder die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handels-Gesellschaft“, in dem jener Beamte die niederländische Kolonialverwaltung kritisiert. Nicht gerade zufällig war das erste Produkt, das unter dem Fairtrade-Label verkauft wurde, mexikanischer Kaffee.

Inzwischen ist das Label für fairen Handel weltbekannt: Es sind 1.210 Produktionsorganisationen in 74 verschiedenen Ländern zertifiziert und dadurch profitieren 1,5 Millionen Produzenten und Arbeiter vom Fairtrade-System. Auch für ein Mitbestimmungsrecht der Produzenten wäre gesorgt, denn zur Hälfte können diese die globalen Entscheidungen von Fairtrade mittreffen.

Der faire Handel kommt in Luxemburg gut an: 2014 lag der Jahresumsatz an Fairtrade-Produkten allein in Luxemburg bei 10,7 Millionen Euro. Umgerechnet auf den Pro-Kopf-Verbrauch hat jeder Luxemburger also 19,48 Euro für Fairtrade-Produkte ausgegeben. Damit liegt Luxemburg auf Platz sechs. Irland belegt den ersten Platz in diesem Ranking der Fairness (49 Euro pro Kopf).

Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd

Die Produktpalette ist seitdem enorm gewachsen. Nicht nur die Vorzeigeprodukte Kaffee und Kakao, sondern bereits mehr als 1.400 Produkte werden in Luxemburg in mehr als 195 Verkaufsstellen unter dem Label verkauft. Das Produkt mit dem höchsten Marktanteil sind Bananen (26,40%) und an zweiter Stelle folgen erstaunlicherweise Rosen (19,84%). Während die meisten Menschen an Lebensmittel denken, wenn sie Fairtrade hören, so gibt es doch auch Initiativen, um Gold und Baumwolle in das Fairtrade-System miteinzubeziehen. Aus diesem Grund wurde zum Anlass der 175-jährigen Unabhängigkeit Luxemburgs eine Fairtrade-Goldmünze in Kooperation mit der luxemburgischen Zentralbank herausgebracht.

„Multiplikatoren“

Die Zusammenarbeit mit Partnern, sogenannten „Multiplikatoren“, wie Jean-Louis Zeien betont, sind enorm wichtig für den Vertrieb. So werden in manchen Supermärkten fast nur noch Fairtrade-Bananen verkauft. Die Textilmesse „Fair Fashion“ wurde im Juni vom Verein „Fir de fairen Handel“ organisiert und von „Fairtrade Lëtzebuerg“ und „Caritas Luxembourg“ unterstützt. Besonders nach dem Gebäudeeinsturz in Bangladesch auf dem Rana-Plaza, bei dem 1.127 Menschen starben, muss sich etwas ändern. Man werde sich noch mehr auf Textilien konzentrieren. „Wir wünschen uns, dass sich mehr Kleidergeschäfte in Luxemburg engagieren“, sagt der Präsident von „Fairtrade Lëtzebuerg“.

Im Jahr 2014 kamen so durch den Verkauf von Fairtrade-Produkten Prämien im Wert von 200.000 Euro zusammen. Diese Prämien werden zusätzlich zu den Fairtrade-Mindestpreisen an die Produzenten gezahlt. Und können für die Qualitäts- und die Produktivitätssteigerung oder aber für Schulmaterial und eine Gesundheitsvorsorge eingesetzt werden.

Der Staat müsse eine voluntaristische – das heißt eine vom Willen geprägte – Einkaufspolitik betreiben, anstatt sich an rein wirtschaftlichen Kriterien zu orientieren, sagt Jean-Louis Zeien. Märkte müssten reguliert werden, um ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit zu erreichen. Nur so könnten die Kosten einer nachhaltigen Produktion gedeckt werden und auf dem internationalen Markt bestehen.

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