Liebe Grüße von Fern

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Das Initiativkomitee für ein Referendum über die Verfassungsrevision will einen zweiten Versuch starten. Doch wie unabhängig ist Jeannot Pesché, der als Initiator der Initiative ausgegeben wird? Lucien Montebrusco

Gestern Abend ist die Initiativgruppe für eine Volksbefragung noch einmal zusammengekommen. Heute Morgen sollte der zweite Brief an Premierminister Jean-Claude Juncker abgeschickt werden. Dieses Mal mit allen benötigten Unterlagen. Dann müsste Juncker die Prozedur für die Volksbefragung einleiten, hofft Jeannot Pesché.
Ein erster Versuch war vergangene Woche gescheitert. Einer der fünf Unterzeichner des Antrags, ein älterer Herr, ehemaliger Arzt, hätte die falsche Bescheinigung eingereicht, sagte uns Pesché gestern.
Seit mehreren Tagen war man beim Komitee auf der Suche nach weiteren Unterzeichnern. Doch wer bildet dieses Komitee? Darüber bewahrt Pesché eisernes Schweigen. „Die Namen können Sie im Memorial nachlesen“, so Pesché. Stimmt der Regierungschef dem Antrag zu, müssen die Namen der Mitglieder des Initiativkomitees im Amtsblatt publiziert werden. Folgt dann die Unterschriftensammlung in den Rathäusern. 25.000 wahlberechtigte Bürger müssen unterschreiben. Dann erst kann das Referendum organisiert werden.
In der Zwischenzeit bestehen ernsthafte Zweifel daran, ob Pesché tatsächlich allein handelt. Auch wenn er gestern uns gegenüber betonte: „Das ist ausschließlich meine Initiative“.

„NAICHT VERROODEN!!!“

Dem widersprechen jedoch E-Mails, die bei Pesché eingegangen sind, irrtümlicherweise weitergeleitet und dem Tageblatt zugespielt worden sind. In einer dieser Mails geht von einem gewissen „Fern“ die Rede. Er berät Pesché, schreibt ihm sogar präzise vor, wie der sich zu benehmen hat. So schrieb Fern am vergangenen Freitag, er habe am Donnerstagabend davon gehört, dass einer der fünf (Unterzeichner) abspringen wolle. Weshalb er, Fern, nicht schlafen könne.
Dann sagt er Pesché: „Kuck alt schonn op Denger Säit, wee nach eng Kéier géif ënnerschreiwen! Déi Leit mussen absolut ‚drocksëcher‘ sinn, dat heescht absolut zouverlässeg, an op kee Fall noginn, och wann den Telefonn schellt!
Maach KEE Communiqué méi a schwetz w.e.g. NET mat der Presse!!! Ech schreiwen Dir de Méindeg (22.12.2008, d.R.) ë Communiqé, am Fall wou mir nach eng Kéier 5 Leit géingen zusummekréien. Da kann ech de Méindeg nach eng Kéier den Tour mam Bréif maachen a mir schecken en nach de Méndeg fort. Ech fueren haut op Hamburg. Do liesen ech kee Mail, mee Du kanns mir allzäit eng SMS schecken.“
Folgt dann ein erneuter Appell, nur nicht mit der Presse zu reden.
„Nach eng Kéier, Jeannot: wann ech gelift KEE Communiqué, KEEN Interview, KEE Bäitrag an dInternet schreiwen, an och KEE Contact mat der Presse – probéier diskret 5 absolut zouverlässeg Leit zu fannen a verhal Dech w.e.g. soss sou roueg wéi nëmme méiglech!!! NAICHT VERROODEN!!! Deng Fra an Deng Kanner sollen einfach zu de Journaliste soen, Du waers net do. GEI DER PRESS AUS DEM WEE!!!“
So weit die Mail, deren Wortlaut mitsamt Fehlern wir hier größtenteils wiedergegeben haben. Das Schreiben ist mit „Mat léiw Gréiss Fern“ unterschrieben. Fern, der, unseren Informationen zufolge, regelmäßig wegen Familienangelegenheiten nach Hamburg fährt.
Von dem geheimnisvollen Berater will Pesché nichts wissen. „Ich lasse mich nicht manipulieren“, beteuert er und bestätigt nur, dass er von einem „früheren Politiker“ beraten worden sei. Der sei bereits vor elf Jahren aus der Politik ausgestiegen.
Die Vermutung liegt nahe, dass es sich bei Fern um eine Person nahe der ADR handelt. Mit der ADR habe er aber nichts mehr am Hut, sagt Pesché. Er sei eine Zeit lang Mitglied gewesen, aber nur passiv. Die Partei habe er verlassen, nachdem er festgestellt habe, dass er und seine Frau nur benutzt worden seien. Pesché ist heute Mitglied der CSV.

„Tinnitus asbl. hat nichts damit zu tun“

Mit dem Referendum will das Initiativkomitee die Revision von Artikel 34 der Verfassung verhindern. Der aktuellen Fassung zufolge muss der Großherzog den Gesetzen zustimmen, bevor sie in Kraft gesetzt werden können. Beim Sterbehilfegesetz hat er jedoch seine Unterschrift verweigert. Was die Abgeordneten dazu bewogen hat, die Verfassung in diesem Punkt abzuändern. Eine erste Abstimmung über das Revisionsprojekt hat am 11. Dezember stattgefunden. Die Änderung ist einstimmig bei einer Enthaltung gutgeheißen worden.
Zuerst hatte Pesché über die Internet-Seite von Tinnitus.lu Unterschriften gegen die Verfassungsrevision gesammelt. Dann stellte er fest, dass die Referendumsprozedur anders verlaufen müsse. Nachdem sich Besucher der Internet-Seite über die Unterschriftenaktion auf der Tinnitus-Seite gewundert hatten, wurde die Liste von der Seite genommen. Pesché, der die Seite betreut, ließ wissen, dass die Tinnitus asbl. nichts mit der Aktion zu tun habe.
Das eigentliche Ziel des Vorstoßes der Initiativgruppe ist das Sterbehilfegesetz, das Pesché radikal ablehnt. Von einem Referendum gegen dieses Gesetz wolle man die Finger lassen. Zu kompliziert, sagte er uns gestern. Er denke jedoch daran, nach Straßburg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu gehen.