/ LEITARTIKEL/Die EU als Schlichter
Eine Spur zu gutmütig waren die 27 mit Georgien. Hier wären ebenfalls einige verurteilende Worte angebracht gewesen, nicht als zusätzliche konziliante Geste gegenüber Moskau, sondern der Ausgewogenheit und Glaubwürdigkeit wegen, die den Anspruch der EU, in dieser Angelegenheit ein „honest broker“ zu sein, untermauert hätte. Bei der Aufarbeitung des Konfliktes in den kommenden Wochen und Monaten wird die EU allerdings nicht drum herum kommen, auch nach der Verantwortung der nun relativ großzügig bedachten Georgier zu fragen. Dem amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Nicolas Sarkozy könnte beim bisherigen Umgang mit dem Kaukasus-Konflikt und der Einberufung des EU-Sondergipfels so etwas wie ein Coup für die Union gelungen sein. Sicherlich spielte dabei die Symbolik eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auf die Sarkozy gleich zu Beginn seiner Pressekonferenz aufmerksam machte, indem er darauf verwies, dass im Gegensatz zum Sondergipfel über den Irak-Krieg im Jahre 2003 die Europäer sich dieses Mal auf eine gemeinsame Linie einigen konnten. Doch abgesehen vom Symbolischen wurde durch die Krise in und um Georgien ein Prozess eingeleitet, der sich nicht unbedingt auf diesen konkreten Fall begrenzen muss.
Außenpolitisches Selbstbewusstsein gestärkt
Die 27 haben mit ihrem Gipfel jedoch zunächst einmal Moskau in Zugzwang versetzt. Die russische Regierung wird unter Beweis stellen müssen, inwieweit sie an geordneten Verhältnissen mit ihren europäischen Partnern interessiert ist und zumindest auf die Forderung des vollständigen Truppenrückzuges aus Georgien eingeht. Mit der schnellen Einberufung dieses außerordentlichen Gipfels wurde ebenfalls deutlich, dass die EU sehr wohl in der Lage ist, rasch auf internationale Konflikte zu reagieren und eine gemeinsame Position zu formulieren. Was allerdings auch noch einige Tage vor dem Gipfeltreffen noch nicht so selbstverständlich war, nachdem vor allem osteuropäische EU-Mitgliedstaaten, aber auch Großbritannien, im Gegensatz zum EU-Ratsvorsitz und anderen auf Mäßigung bedachten EU-Staaten, auf einer härteren Gangart gegenüber Russland bestanden. Insofern könnte das vorläufige Resultat der Bemühungen zur Beilegung der Krise auch zur Stärkung des außenpolitischen Selbstbewusstseins der Union beitragen. Zudem haben sich die Europäer klar von den USA demarkiert. Nicht nur indem es der EU-Ratspräsidentschaft und somit vor allem der französischen Diplomatie gelungen ist, einen Waffenstillstand zu vermitteln. Die 27 haben sich in ihren Schlussfolgerungen ebenfalls dafür engagiert, weitgehend die Nachbehandlung des Konfliktes mit den Mitteln und Methoden der Deeskalation und des Dialogs in die Hand zu nehmen. In Anbetracht der gestrigen Reaktionen in Moskau auf die Ergebnisse des Sondergipfels scheint die EU den richtigen Ton gefunden zu haben, ohne vor dem Energielieferanten aus dem Osten eingeknickt zu sein. Die erste Bewährungsprobe wird aber am kommenden Montag stattfinden, wenn die EU-Spitze in Tiflis und Moskau über das weitere Vorgehen verhandeln wird. Dann wird sich zeigen, ob der eingeschlagene Weg der zielführendere ist und Moskau auf die Gesten des guten Willens eingeht. gkemp@tageblatt.lu
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