/ Leitartikel: Warum?
Die Zahl der schweren Unfälle habe man hierzulande in den letzten Jahren in den Griff bekommen, so sagt man jedenfalls, und im gleichen Atemzug werden u.a. die Kurse im Fahrsicherheitszentrum in Colmar-Berg erwähnt. Die jungen und weniger jungen Fahrer würden hier lernen, Gefahren besser sowie die Grenzen des Möglichen im Straßenverkehr überhaupt zu erkennen.
Dann ist da noch diese Stimme, die sagt, dass auch die „vielen“ Kontrollen der Polizei sowie die „harten“ Strafen mit Punktabzug usw. zur Minderung der Unfallzahlen beitragen würden.
Das hört sich gut an, doch die Realität auf unseren Straßen sieht ganz anders aus. Es wird gerast, was das Zeug hält. Respekt ist ein Wort, das viele, sobald sie hinterm Lenkrad sitzen, ganz einfach nicht mehr kennen. An dessen Stelle rückt das Wort „Aggressivität“.
Ein weiterer Beweis
Doch wer sind nun eigentlich die typischen Raser? Die Fahrer, die im Straßenverkehr negativ auffallen, lassen sich grundsätzlich in zwei Gruppen einteilen: Da sind zunächst einmal die Rüpel, die etwa von Zeitdruck und Stress getrieben das Blinken vergessen, dabei dicht auffahren und drängeln, weil sie glauben, so schneller voranzukommen. Die weitaus gefährlichere Gruppe sind aber die Rowdies, die mit einem aggressiven Moment der Motivation im Verkehr die Auseinandersetzung und auch die Gefahr suchen. Oft aufgeputscht, unter dem Einfluss von Alkohol oder sonst einer Droge, nehmen sie in Kauf, dass andere geschädigt werden. Immer häufiger werden so schuldlose Autofahrer in schwere Unfälle verwickelt.
Das Ereignis von Samstagmorgen auf der Düdelinger Autobahn hat dies einmal mehr unter Beweis gestellt. Die Fahrt in den Urlaub endete für ein Ehepaar und seine zwei Kinder an diesem frühen Morgen mit einem Drama, bei dem eine Person stirbt und eine zweite lebensgefährlich verletzt wird. Grund: Ein alkoholisierter Fahrer knallt mit seinem Gefährt mit ungebremster Wucht in das Auto des Ehepaars, das wegen eines Reifenschadens auf dem Pannenstreifen stand.
Im Bruchteil einer Sekunde wird eine Familie auf immer und ewig zerstört. Und das nur, weil ein Erdbewohner meinte, es sei doch lediglich ein Kavaliersdelikt, mit zig Milligramm Alkohol im Blut am Lenkrad seines Blechgeschosses zu sitzen.
Ein Psychologe meinte gestern dem Tageblatt gegenüber, dass trotz, oder eher vielleicht wegen der Einschränkungen und nochmals Einschränkungen, der Verbote und nochmals Verbote die Gruppe der Menschen, die geltende Regeln bewusst ignorieren, von Tag zu Tag größer wird. Aus der Sicht vieler Menschen seien (Verkehrs-)Regeln Einschränkungen des Freiheitsspielraumes. Menschen würden aber eine Neigung besitzen, sich gegen Beschränkungen ihrer Freiheit aufzulehnen. Diese sogenannte „Reaktanz“ sei ein weiterer psychologischer Faktor, der die Geltung von Ge- und Verboten untergräbt. Reaktanz könne etwa darin bestehen, dass man z.B. ein Tempolimit „aus Trotz“ übertritt, weil man sich zu sehr eingeengt, zu sehr überwacht fühlt.
Es bedarf also mehr als nur Kursen und Strafzetteln. Unsere Gesellschaft muss der Verkehrssicherheit endlich einen hohen ideellen Status zuweisen und vorbildliches Verhalten schätzen lernen. Warum tun wir uns alle damit so schwer? Warum?
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