LEITARTIKEL/ Fragen über Fragen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Tour de France ist vorbei, Olympia steht vor der Tür. Das Radsport-Highlight lässt zahlreiche Fragen offen, von denen zumindest eine bis zum größten Sportereignis überhaupt hinüberreicht. Claude Clemens

 Sind die B-Proben der wegen EPO-Dopings aufgeflogenen Ricco, Beltran und Duenas bereits analysiert? Denn ehe diese nicht das Ergebnis der A-Probe bestätigen, müsste weiterhin die Unschuldsvermutung gelten. In Zeiten von Doping-Generalverdacht ist diese Prozedur leider nicht mehr möglich. Laut Welt-Antidoping-Code ist eine Dopingprobe erst dann positiv, wenn die B- die A-Probe bestätigt bzw. wenn der betroffene Sportler nach einer positiven A-Probe auf die Analyse der B-Probe verzichtet.  Ist die A-Probe von Leonardo Piepoli nach seinem Sieg in Hautacam (10. Etappe) bereits analysiert? Müsste sie eigentlich. Ricco flog am Tag der 12. Etappe auf, seine Probe datierte von der 4. Etappe. Der am Sonntag bekannt gewordene Fall Fofonow datiert von der 18. Etappe, die 10. Etappe müsste demnach auch bereits analysiert sein. Da es keine offizielle Mitteilung gibt, war wohl nichts zu beanstanden. Piepoli soll aber seinem Arbeitgeber gegenüber Doping gestanden haben…?
 Apropos offizielle Mitteilung: Wäre es in Zeiten von Generalverdacht nicht angebracht, auch negative Doping-Proben zu veröffentlichen? „Fahrer A wurde X-mal getestet, gefunden wurde nichts.“ Der Luxemburger Kim Kirchen mit seinen 12 Kontrollen (Urin-, Blut- und Haarproben) in 14 Tagen zu Beginn der Tour (siehe „T“ vom 14. Juli) hätte bestimmt nichts dagegen. Genauso wenig wie das Team CSC mit den Gebrüdern Schleck und Tour-Sieger Carlos Sastre. Scheinbar wurde kein Team öfter während dieser Tour getestet.
 Apropos Schleck: Wird etwas Negatives hängen bleiben von der Kontrolle des Wagens ihres Vaters und vom „SZ“-Artikel über Frank Schleck? Wird es mit Sicherheit, in Zeiten von Doping-Generalverdacht. Alberto Contador und Alejandro Valverde könnten Frank Schleck ein Lied davon singen … Solange keiner rechtskräftig verurteilt ist oder jemand Beweise auf den Tisch legt, sind sie unschuldig.
 „Wie naiv muss man sein, um so etwas zu schreiben?“, wird sich wohl manch einer fragen. Zwischen Naivität, Pessimismus = Generalverdacht = Vorurteil, sowie eh-nicht-mehr-wissen-was-man-glauben-soll, halten wir uns dann doch lieber an ein allgemein gültiges Rechtsprinzip, wenn auch vielleicht mit einem komischen Gefühl in der Magengegend. Aber wenigstens steht es schwarz auf weiß in Gesetzestexten geschrieben und ist für jeden nachlesbar. „Amigo de Birillo“ ist auch nachlesbar (Beispiel: www.sportspool.tv/images/stories/Dokumente/dopingbericht_guardia_civil_akten_1.pdf), aber möglicherweise hatte Ivan Basso ja viele Freunde, ja sogar Freunde außerhalb seines damaligen Teams CSC…

Nicht 50, sondern 100 Jahre danach?

 Gestern schrieb das Tageblatt von der „Tour de Luxembourg“ und hier geht es nur um Doping? Platz also dem Sport. Hätte ein Luxemburger diese 95. Tour de France gewinnen können, 50 Jahre nach Charly Gaul? Endlich mal eine Frage mit einer klaren Antwort: Ja! Die Renn-Umstände ließen es allerdings nicht zu, so ist nun mal Sport. Das ist aber kein Grund, „de spatze Mëndchen ze maachen“, die Leistungen von Andy und Frank Schleck sowie Kim Kirchen waren ganz einfach herausragend. In vielen Hinsichten schrieben die drei Luxemburger Sportgeschichte.
 Stellt sich die Frage nach den weiteren Perspektiven. Was können die drei „Musketiere“ bei Olympia reißen? Viel, vielleicht sogar sehr viel. Wenn sie sich von den Strapazen der Tour erholt haben und mit den doch speziellen Bedingungen zurechtkommen. Aber dies gilt für einen großen Teil des 155-köpfigen Pelotons, die Bedingungen sind also die gleichen für alle. Träumen bleibt weiterhin erlaubt.
 Auch nächstes Jahr. Kann ein Luxemburger die Tour de France 2009 gewinnen? Wieder lautet die Antwort: Ja, vor allem angesichts der von Andy Schleck aufgezeigten Perspektiven. Es wäre zwar nicht 50 Jahre nach Charly Gaul, aber trotzdem in einem historischen Jubiläumsjahr: 100 Jahre nach dem ersten Luxemburger Tour-de-France-Sieg überhaupt (François Faber 1909).
cclemens@tageblatt.lu