/ Leider kein Platz mehr für die Staatsanwaltschaft
Luxemburg – Die Richterpulte in den Mini-Sitzungssälen im dritten Stockwerk des „Tribunal d’arrondissement“ der neuen Cité judiciaire sind derart eng, dass in Fällen wie gestern, wo es gleich mehrere Affären zu verhandeln gibt und entsprechend viele Dossiers mit Unterlagen vorhanden sind, der Vertreter der Staatsanwaltschaft auf die Anwaltsbänke ausweichen muss. Gestern Nachmittag stellte dies nur ein kleines Problem dar, da von den fünf angesetzten Affären deren zwei ausgesetzt werden mussten, bei zwei der drei weiteren die Angeklagten es nicht für nötig erachteten, überhaupt zu kommen, und beim dritten Fall der Angeklagte ohne Anwalt erschienen war.
Shopping mit geklauter Visa-Karte
Ansonsten hätten die Anwälte wohl im Publikumsbereich Platz nehmen und ihre Unterlagen auf dem Schoß behalten müssen. Unter denjenigen, die sich am Mittwochnachmittag im Saal TL3.06 verantworten mussten, war auch Jorge R. (32). Dem bereits mehrfach wegen ähnlicher Delikte Vorbestraften wurde u.a. vorgeworfen, am 11. September 2004 einem Kontrollbeamten der CFL im Zug von Luxemburg nach Ettelbrück die Brieftasche und das Mobiltelefon entwendet zu haben. Jorge betonte gestern, er habe, gerade als er den Zug in Ettelbrück verlassen wollte, in einem Abteil die Tasche des Beamten entdeckt und sich bedient. In der Brieftasche waren neben 110 Euro Bargeld auch eine Bancomat- und eine Visa-Karte. Jorge, der zu dieser Zeit stark drogenabhängig war – er brauchte drei bis vier Gramm Heroin am Tag –, fuhr gleich in die Hauptstadt zurück und traf dort C. Mit diesem ging er dann auf Shoppingtour: Die beiden zahlten dabei jedes Mal mit der geklauten Kreditkarte. In insgesamt drei Geschäften sollte das auch klappen, so dass sie u.a. zwei Pullover, einen goldenen Ring und zwei paar Sportschuhe erwerben konnten. Diese Sachen sollten später gegen Drogen eingetauscht werden. Beim vierten Versuch, in einem Elektrowarenhandel, wo Jorge und sein Komplize Mobiltelefone kaufen wollten, schöpfte der Verkäufer jedoch Verdacht: Er kannte den wahren Eigentümer der Kreditkarte, da dieser ein guter Kunde war. Als die beiden merkten, dass hier etwas schieflaufen würde, wollten sie die Flucht ergreifen. Doch lediglich Jorge kam noch raus aus dem Laden, da der Verkäufer die Tür verschlossen hatte. C. konnte gleich gestellt werden und wurde auch bereits wegen der Affäre verurteilt.
Zwei Jahre lange Entziehungskur
Jorge hingegen stellte sich erst nach einem Monat selbst. Die Tatsache, dass er erst jetzt vor Gericht steht, hängt damit zusammen, dass er eine zweijährige Entziehungskur in Italien absolvierte. Heute sei er, so Jorge gestern, clean und habe auch einen festen Arbeitsplatz. Der Angeklagte war ohne Anwalt erschienen. So war es gleich am Vertreter der Staatsanwaltschaft. Dieser verlangte eine Gefängnisstrafe von 18 Monaten mit eventueller Bewährung sowie eine Geldstrafe. Das Urteil ergeht am 2. Oktober.
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