Längere Arbeitszeiten sind ein „No -Go“

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LUXEMBURG - Die Beschäftigten des Bausektors und eine Reihe von Handwerkern werden auf Einladung von OGBL und LCGB am Freitagabend (04.05.12) im „Centre Atert“ in Bartringen gegen längere Arbeitszeiten und für mehr Lohn protestieren.

Die Kollektivvertragsverhandlungen im Bau sind gescheitert: Sowohl die Arbeitgeber als auch die Gewerkschaften verharren auf ihren jeweiligen Positionen. Die Bauunternehmer verlangen längere Arbeitszeiten (bis zu 52 Stunden und sechs Tage die Woche); die Arbeitnehmer sehen dies als einen Rückschritt in das frühe 20. Jahrhundert und lehnen eine Verlängerung der Arbeitszeiten kategorisch ab.

Wir sprachen mit Jean-Luc De Matteis, Zentralsekretär des OGBL-Syndikats Bau, Bauhandwerk und Metallkonstruktion über die aktuelle Lage und die Protestveranstaltung am Freitag (04.05.12). Die Aktion, so der Gewerkschafter, wurde auf das Bauhandwerk (wie etwa die Fliesenleger, die Bauschreiner, die Sanitärinstallateure) ausgeweitet, da die Arbeitgeberforderungen in diesem Bereich inzwischen jenen des Bausektors ähneln.

In verschiedenen Bereichen wollen die Unternehmer 15 bis 25 Prozent weniger als bislang zahlen (etwa bei den Fliesenlegern).

Krisengewinnler

Dies sei unannehmbar, so De Matteis, der davon ausgeht, dass das Patronat von der aktuellen Krisensituation profitieren will, um niedrigere Löhne und längere Arbeitszeiten durchsetzen zu wollen.

Dabei geschehe dies ohne Not: Die wirtschaftliche Lage im Bausektor sei dynamisch, die Auftragsbücher voll. Die meisten Unternehmen haben Aufträge für das laufende Jahr und darüber hinaus. Das von den Bauunternehmern angeführte Argument der Wettbewerbsfähigkeit lässt er auch nicht gelten. Ausländische Unternehmen, die in Luxemburg arbeiten, müssen sich an die Kollektivverträge im Land halten. Und die Bruttolöhne in Luxemburg seien niedriger als jene in den Nachbarländern.

De Matteis vermutet allerdings, dass die Gewinnspannen der einheimischen Unternehmen höher sind als die der Konkurrenz. Die Bauarbeiter haben, so fährt er fort, seit 2005 keine Lohnerhöhung, die diesen Namen verdient, erlebt. In den Jahren 2006, 2007 und 2008 wurden sie lediglich mit einer Erhöhung des Stundenlohnes von jeweils 10 Cent abgespeist.

Drei Prozent mehr

Aus diesem Grund verlangen die Gewerkschaften, die ein eigens Flexibilisierungsmodell der Arbeitszeiten vorgelegt haben, neben der Distanzierung der Unternehmer von ihren 52-Stunden-Vorstellungen, eine lineare dreiprozentige Lohnerhöhung und eine höhere Jahresendprämie.

Aber auch die Laufbahnen in dem Bereich machen den Arbeitnehmervertretern Sorgen. Um in ihrer Karriere weiterzukommen und etwas mehr zu verdienen, müssen die Beschäftigten des Sektors Weiterbildungskurse beim IFSB („Institut de formation sectorielle du bâtiment“) absolvieren.

Weiterbildung

Allerdings blockierten die Unternehmer diese notwendigen Kurse, während sie auf der anderen Seite über einen Mangel an qualifiziertem Personal klagten, so Jean-Luc De Matteis, der unterstreicht, dass die Gewerkschaften sich nicht scheuen würden, die nächsten Schritte in dem Arbeitskampf zu machen.

Nach dem Scheitern der Verhandlungen und der Protestkundgebung im Saal am Freitagabend (04.05.12), werden – sollten die Arbeitgeber nicht einlenken und auf ihren Arbeitszeitforderungen bestehen – gegebenenfalls Kundgebungen auf der Straße stattfinden und das Schlichtungsamt werde eingeschaltet. Dass diese Prozedur zum Streik führen kann, ist für De Matteis eine Evidenz.

Signale, dass die Bauunternehmer von ihren Forderungen abrücken wollen, gebe es zur Zeit keine, eher sei das Gegenteil der Fall. Allerdings seien längst nicht alle Unternehmer auf der Linie der offiziellen Verhandlungsdelegationen.

Früher frei

So werden, laut OGBL-Zentralsekretär, sogar einige Betriebe ihre Arbeiter am Freitag (04.05.12) eine Stunde früher in den Feierabend entlassen, damit sie an der Kundgebung in Bartringen teilnehmen können.

Die Strategie der Hardliner von Handwerkskammer und Fédil passe vielen Unternehmen nicht; allerdings scheuten sich diese, das öffentlich zu sagen. In der Branche seien die Betriebe zu stark aufeinander angewiesen. Die Arbeitnehmer hingegen würden die längeren Arbeitszeiten solidarisch ablehnen. Dies wurde bei ersten Versammlungen mit Belegschaften aus dem Sektor klar, so De Matteis abschließend.