Kranker, Verrückter oder Simulant?

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2008 soll er einen Obdachlosen umgebracht und einen zweiten schwer verletzt haben. Sein Anwalt erklärt ihn für unzurechnungsfähig, der Staatsanwalt ist gegensätzlicher Meinung, fordert Schuldspruch und eine Verurteilung zu 25 Jahren Zuchthaus.

Romain Durlet

Am zweiten Prozesstag gingen die diensttuenden Beamten der Kripo nochmals auf ihre Untersuchungen ein und gaben eine Reihe von Einzelheiten bekannt, die darauf schließen lassen, dass der Beschuldigte die beiden Taten freien Willens und mit Vorbedacht hätte begehen können.

Der Angeklagte soll alsdann angehört werden, doch er weigert sich und erklärt, er habe nichts zu seinem Prozess zu sagen. Er wird also wieder zur Anklagebank zurückgeführt.

Sein Anwalt hat keine leichte Aufgabe, verzichtet auf eine Zusammenfassung des Geschehens und konzentriert sich vielmehr auf die Psyche seines Mandanten. Die Feststellungen des Experten deutet er als entlastend an. Sein Mandant habe selbst erklärt: „Ich habe nicht die Leute, sondern mich selbst getötet.“

Im Zustand des Wahnsinns?

Er habe keine Kontrolle über sein Handeln gehabt und falle somit unter Artikel 71 des Strafgesetzbuches, welcher verfügt, „dass eine Zuwiderhandlung nicht vorhanden ist, wenn der Angeklagte zur Zeit der Tat sich im Zustande des Wahnsinnes befand oder wenn er durch eine Gewalt, der er keinen Widerstand leisten konnte, gezwungen wurde.“

Die Staatsanwaltschaft vertritt eine andere Theorie. Frage: Hatte der Beschuldigte die Absicht, den ersten Obdachlosen zu töten? Antwort: Ja! Hatte er versucht, den zweiten Obdachlosen umzubringen? Antwort: Ja! Vorbedacht? Die Opfer waren ihm zuwider. Er bereitete seine Taten vor und entsorgte das verdächtige Material.

Er habe gewusst, dass er ein Verbrechen beging, und versuchte die Spuren zu beseitigen. Es habe sich also keineswegs um eine Affekthandlung gehandelt. Er hatte einem seiner Opfer aufgelauert, es auf einem kaum benutzten Spazierweg im Petrusstal in einer Einbuchtung mit dem Hammer totgeschlagen.

Beim zweiten Fall hatten die Beamten der Kripo im Gartenhäuschen eine Reihe von Asservaten gefunden, die direkt mit dem Mord und dem Tötungsversuch in Verbindung standen.

Substitut fordert 25 Jahre

Ja, meint der Substitut, der Angeklagte habe sehr wohl die Absicht gehabt, seine Opfer umzubringen. Der Experte habe klar unterstrichen, dass auch wenn der Beschuldigte eine Psychose hatte und an Schizophrenie leide, er doch Gutes von Bösem zu unterscheiden vermag, also wusste, was er tat und welche Folgen es haben würde. Er beantragt deshalb eine Zuchthausstrafe von 25 Jahren.

Zum Schluss dann Show-Time vor der Kriminalkammer. Der Beschuldigte hat das letzte Wort. Er streckt seine Arme aus, damit man ihm die Handschellen abnehmen kann. Doch vor dem Richter sagt er auf mehrere Aufforderungen hin kein Wort. Er dreht sich dann um mit dem Gesicht zum Saal, breitet die Arme aus und bedankt sich.

Erneute Frage des Präsidenten: „Wollen Sie noch etwas hinzufügen?“ Der Angeklagte antwortet nicht. Er streckt die Arme wieder aus, damit man ihm die Handschellen anlegen kann.

Das Urteil wird am 25. Januar gesprochen. Und der Beschuldigte abgeführt …