Kramer: „Mein Vater war ein Terrorist“

Kramer: „Mein Vater war ein Terrorist“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Bommeleeër-Affäre könnte bis nach Deutschland und darüber hinaus reichen. Johannes Kramer, ein Ex-BND-Agent soll Anschläge auf die Cegedel geplant haben, sagt sein Sohn Andreas.

Sein Vater sei in die Anschläge von Luxemburg involviert. Das hat der deutsche Historiker Andreas Kramer am Dienstag vor Gericht gesagt. Johannes Kramer habe Anschläge auf die Cegedel verübt und drei Erpresserbriefe geschrieben. Er sei ebenfalls am Anschlag auf das Münchener Oktoberfest 1980 beteiligt gewesen, sagt Andreas Kramer über seinen Vater. Damals waren 13 Menschen ums Leben gekommen. Er halte seinen Vater für einen Terroristen, der den Tod von Menschen bewusst einkalkulierte. Um seine Aussagen zu untermauern, gab Kremer den Luxemburger Ermittlern am Dienstag eine Speichelprobe. An mehreren Beweisstücken zur Anschlaggserie waren Mischspuren festgestellt worden.

An den Bombenanschlägen in Luxemburg seien 40 Personen beteiligt gewesen, so Kramer. Darunter zehn Luxemburger. Er nennt dabei einen Namen: Ben Geiben. Der Mitbegründer der Brigade Mobile der Gendarmerie galt lange Zeit als Hauptverdächtiger. Bereits 2007 habe ihm sein Vater gesagt, dass die beiden heute Beschuldigten, Jos Wilmes und Marc Scheer, unschuldig seien. Kramer soll zehn Monate bevor die Anschuldigungen gegen Scheer und Wilmes bekannt wurden, von der Anklage gewusst haben.

Kramer war als Zeuge eingeladen worden, um dem Gericht neue Details über die Verbindung der geheimen Nato-Armee Stay-Behind zum Luxemburger Geheimdienst SREL und zum deutschen Nachrichtendienst BND zu geben. Kramers Vater, Johannes, war Offizier des BND mit Verbindungen zum SREL und zu Stay-Behind. Die Verteidiger der Angeklagten Joseph Wilmes und Marc Scheer haben stets auf einen Zusammenhang zwischen Stay-Behind und der Anschlagsserie in den Jahren 1984 bis 1986 hingewiesen.

Der SREL unter der Fuchtel der Nato?

Laut Kramer sollen Nato-Generale aus verschiedenen Ländern die Anschläge koordiniert haben. Der Chef des SREL in jenen Jahren, Charles Hoffmann, habe seine Befehle direkt von der Nato bekommen, die das Stay-Behind-Netz kontrollierte. Der SREL sei fest in der Nato-Strukturen eingebunden gewesen.

Stay-Behind Luxemburg soll damals aus zwölf Personen bestanden haben, die von SREL-Chef Hoffmann geführt wurden. Sie seien gut ausgebildet gewesen, so Kramer. Jeweils 6 Personen gehörten einer Verteidigungsgruppe und einer Angriffsgruppe an. Letztere stellten die Attentäter. Hoffmann weiss davon. Er kennt die Namen, so Kramer.

Von FBI und anderen Diensten

In seinen Ausführungen spricht Kramer vom FBI, das seinem Vater auf die Schliche gekommen war, nachdem dieser eine Art Eigenleben im BND entwickelt hatte und einen „Geheimdienst im Geheimdienst“ entwickelt hatte. Sogar der leitende General im Nato-Hauptquartier bei Brüssel habe nichts von Kramers Tätigkeit gewusst.

Hoffmann muss Kramer unheimlich geworden sein. Er habe nicht mehr für die nationale Sicherheit garantieren können, so Hoffmanns Befürchtungen, der die Tätigkeit Kramers in Luxemburg ablehnte. Hoffmann habe sich dann an die CIA gewandt. Die soll das FBI mit Ermittlungen gegen Kramer Senior beauftragt haben.

Der Nato wurde es zu bunt

Dass die Anschlagsserie 1986 abrupt eingestellt wurde, führt Kramer auf eine Entscheidung der Nato zurück. Das Ganze wurde ihr zu bunt. Außerdem bestanden in der Nato-Führung Divergenzen in der Affäre. Als nächste Übungsland sei Belgien ausgewählt worden, sagt Kramer. Aus Angst vor möglichen Ermittlungen wurde massiv Beweismaterial beiseite geschafft.

Dass er erst jetzt mit seinen Ausagen kommt, erklärte Kramer der Richterin damit, dass sein Vater ihn zeitlebens mit dem Tod bedroht habe, sollte er ausplaudern. An die deutsche Justiz habe er sich nicht gewandt, weil Druck auf die Justiz ausgeübt werde.

Die Aussagen des Zeugen Kramer werden das Gericht auch am Mittwoch beschäftigen. Seine Aussagen werden von Staatsanwaltschaft angezweifelt, sie fordert Beweise. Vor Kramer stellt sich Me Vogel, der das Verhalten der Staatsanwaltschaft als unglaubliches Vorgehen bezeichnet.

Schattenarmee in Feindesland

Stay-Behind-Gruppen sollten in den jeweiligen Nato-Ländern im Fall einer Invasion durch sowjetische Truppen geheimdienstlich aktiv werden. Hochrangige Politiker, so auch der damalige Staatsminister Jacques Santer, haben eine Verbindgung von Stay-Behind und Bommeleeër stets dementiert. Laut Kramer soll Santer die Übungen von Stay-Behind genehmigt haben. Den Antrag dazu stellte der damalige SREL-Chef Hoffmann.

(fo/lmo/Tageblatt.lu)