Klinker und Klima

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In Luxemburg sind zwar nur wenige Unternehmen vom Emissionshandel betroffen, doch es sind vor allem sehr große Firmen, die sich damit beschäftigen müssen.

Stromerzeuger etwa oder die Stahlindustrie. Unternehmen, die viele Menschen in Lohn und Brot haben. Nun mischen sich die Luxemburger Industriebetriebe in die aktuelle Diskussion um den Emissionshandel ein.

Am 24. Oktober wurde in Brüssel heftig debattiert. Es ging um Klimapolitik. Am Ende standen Ziele, mit denen die EU zum kommenden Klimagipfel nach Lima reisen will.

Dort ging es auch um Emissionshandel. Große Industriebetriebe definiter Sektoren müssen sich nämlich mit Emissionsrechten eindecken, um klimaschädliche Abgase ausstoßen zu dürfen.

Auch die Staaten selbst halten Quoten, damit ihre Industrien Abgase erzeugen dürfen. Mit klimaschädlichen Gasen, die Luft zu verpesten, soll teuer werden. Somit sollen etwa Anreize geschaffen werden, um Anlagen zu verbessern.

Oft genug stehen Umweltziele und die Interessen der Wirtschaft im Widerspruch. Die Industriellenvereinigung Fedil allerdings sieht in den Beschlüssen eher eine Chance als ein Hemmnis.

Grundsätzlich stehe man hinter den Klimazielen, so der Industrieverband gestern in einer Pressekonferenz. Deshalb möchte die Fedil auch an der Klimapolitik konstruktiv mitarbeiten, wie es heißt. Die Fedil stören dabei vor allem einige Unklarheiten in der aktuellen Politik des Emissionshandels, die es den Unternehmen schwermachen, auf lange Sicht zu planen, wie es für den Bau einer Zementfabrik etwa unbedingt erforderlich ist.

Ein Beispiel: Die Emissionsrechte, die eigentlich für die großen Unternehmen gedacht sind, werden von den einzelnen Ländern versteigert. Sollten die Länder mit der Menge an Rechten, die ihnen zugestanden werden, nicht auskommen, können sie Rechte, die eigentlich für die Industrie gedacht sind, einbehalten. Damit ist nicht planbar, wie viele Zertifikate der Industrie zur Verfügung stehen.

Falsche Anreize

Nun höre die Industrie oft, sie schwimme in Emissionsrechten, so René Winkin, der bei der Fedil zuständig für Energiefragen ist. Dies sei aber nicht der Fall. Zwar sei es so, dass durch die verminderte Aktivität in den letzten Jahren einige Zertifikate ungenutzt geblieben seien. Diese seien allerdings schnell aufgebraucht und reichten längst nicht aus in den nächsten Jahren. Zudem sei es für die Luxemburger Betriebe schwer, sich noch weiter zu verbessern. Durch neue – bessere – Maschinen etwa seien in Luxemburg nicht mehr viele Treibhausgase einzusparen.

Ein Dorn im Auge ist der Fedil auch die Methode, mit der ausgerechnet wird, wie viele Gratisrechte ein Betrieb erhält. Betriebe einiger Sektoren erhalten nämlich Rechte umsonst, wenn die Gefahr besteht, dass sie Produktion verlagern, anstatt die Treibhausgasemissionen zu reduzieren (Carbon Leakage).

Die derzeitige Berechnungsmethode setze falsche Anreize. „Ein Betrieb hat – wenn er Zertifikate benötigt – die Möglichkeit, zu sagen ‚ich verbessere mich‘ oder ‚ich produziere weniger’“, so René Winkin. Weniger produzieren könne auch bedeuten, die Produktion auf Produktionseinheiten außerhalb Europas zu verschieben, erklärt er. Die Fedil selbst schlägt eine Berechnungsmethode vor, die auf der realen Produktion in Europa basiert und nicht auf historischen Werten, um dieses Problem zu vermeiden.

An einer Verlagerung von Industrie aus Europa heraus habe die Fedil kein Interesse. Einige Mitglieder, wie etwa der Ingenieursbetrieb Paul Wurth, rüsten andere Industriebetriebe aus und wären Verlierer einer solchen Entwicklung. Welche Sektoren von solchen Gratisrechten profitieren können, sei gut abzuwägen. Fehlen einer Industrie auf einmal Gratisrechte, könnte dies zu unerwarteten Effekten führen, die dem Klima mehr schaden als sie helfen, erklärt Winkin.

Die EU könnte bei der Zementindustrie zum Beispiel argumentieren, dass sie nahe beim Kunden sein muss und deshalb nicht wegziehen kann. Die Industrie ist tatsächlich traditionell so ausgelegt. Die höheren Kosten allerdings, die durch den Kauf der Emissionsrechte entstehen würden, könnten dafür sorgen, dass es sich auf einmal rentiert, das CO2-intensive Vorprodukt Klinker über Rotterdam in Afrika einzukaufen. Dort seien die Produktionsanlagen zum einen weniger klimafreundlich und zum anderen entstünden beim Transport wiederum unerwünschte Treibhausgase.