„Keine Hetzjagd auf das Personal“

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„Die Arbeitgeber eröffnen die Hetzjagd auf das Personal im Alten- und Pflegebereich“, ärgert sich das OGB-L-Gesundheitssyndikat in einer längeren Stellungnahme. Anlass für den Unmut der Gewerkschaft sind insbesondere Aussagen des Aufsichtsratspräsidenten des Bartringer Pflegeheims, Niki Bettendorf, im Zusammenhang mit der Anhebung der Pensionspreise in einzelnen privaten Häusern.

Der Aufsichtsratspräsident des Bartringer Pflegeheims „Les Parcs du Troisième Âge“, Herr Bettendorf, verkündete über die Presse, dass die Kollektivverträge die Alten- und Pflegeheime kaputt machen. Damit schlägt er in die gleiche Kerbe wie der Präsident des Arbeitgeberverbands der Alten- und Pflegeeinrichtungen Copas, Michel Simonis, der nicht müde wird, immer wieder zu betonen, wie hoch die Personalkosten sind.
Seit Jahrzehnten fordert der OGB-L, dass die Gehaltslaufbahnen des Krankenpflegers und seiner Spezialisierungen, des Hilfskrankenpflegers, des Erziehers und des Sozialpädagogen endlich der Studiendauer, den Diplomen, der verlangten Autonomie und Verantwortung Rechnung tragen müssen. Diese Berufe sind im Vergleich zu anderen Berufen im öffentlichen Dienstleistungsbereich stark unterbewertet, was einem Bruttogehaltsverlust von mehreren hundert Euro pro Monat gleichkommt. Diese Diskriminierung von Berufsgruppen, denen rund 80% Frauen angehören, scheint die Arbeitgeber aber recht wenig zu interessieren.

Falsche und zweideutige Aussagen

Mit seinen Aussagen vermittelt Herr Bettendorf den Eindruck, die Lohnbedingungen der Arbeitnehmer hätten sich in den letzten zwei Jahren um 15 Prozent verbessert. Wenn man weiß, dass die Löhne in diesem Zeitraum (2007 und 2008) durch den für das Bartringer Pflegeheim gültigen Kollektivvertrag um rund ein Prozent gestiegen sind, muss man sich fragen, welche Milchmädchenrechnung Herr Bettendorf aufgestellt hat. Rechnet man auch noch die Indexanpassung vom 1. März 2008 (2,5%) hinzu, dann fehlt noch etliches, um auf die angegebenen 15% Prozent zu kommen.
Was die Herren Bettendorf und Simonis allerdings nicht mitteilen, ist, dass das Finanzierungsmodell der Pflegeversicherung den Gegebenheiten in den einzelnen Häusern nicht genug Rechnung trägt und genau hier das Problem für die schlechte finanzielle Lage einiger Arbeitgeber liegt.
Der OGB-L setzte sich schon bei der Einführung der Pflegeversicherung für eine so genannte Budgetisierung der Einrichtungen ein, was heißt, jedes Alten- und Pflegeheim soll nach festgelegten Normen (z.B. Anzahl an Personal, Qualifikationen, Qualitätsansprüche, …) das Geld bekommen, was für die Ausführung der einzelnen Dienstleistungen notwendig ist.
Das derzeitige System hingegen berechnet einen Durchschnittsbetrag auf Basis der Ausgaben aller Häuser, was bedeutet, dass einige Häuser schließlich nicht genug Geld bekommen und andere zu viel. Bettendorf und Simonis verschweigen, dass verschiedene Alten- und Pflegeheime Jahr für Jahr zum Teil sehr hohe Gewinne einfahren und trotzdem nicht davor zurückschrecken, den alten Menschen durch Erhöhung der Pensionspreise noch tiefer in die Tasche zu greifen.
Das Syndikat Gesundheit und Sozialwesen des OGB-L hat absolut kein Verständnis dafür, dass jetzt einige Arbeitgeber, auf Druck des Arbeitgeberverbandes Copas, darüber nachdenken, den Kollektivvertrag zu wechseln (vom Krankenhauskollektivvertrag zum Kollektivvertrag des Pflege- und Sozialsektors). Dies würde eine Verschlechterung der Arbeits- und Lohnbedingungen für eine große Anzahl des Personals bedeuten. Der OGB-L fordert, dass die Copas, anstatt die Rechte der Beschäftigten beschneiden zu wollen, sich endlich dem wahren Problem von Defiziten und Gewinnen widmet: einer qualitativen Reform des Finanzierungssystems durch die Pflegeversicherung!
Am 4. Februar 2009 werden die OGB-L-Personaldelegierten des SAS-Sektors die aktuelle Situation analysieren und wichtige Entscheidungen in Bezug auf die schwierigen Kollektivvertragsverhandlungen treffen. Die personalfeindlichen Attacken von Seiten der Arbeitgeber betreffend die Arbeits- und Lohnbedingungen tragen sicher nicht dazu bei, den drohenden Sozialkonflikt in einem der größten Bereiche der öffentlichen Dienstleitungen zu entschärfen.
Der OGB-L verurteilt die Hetzkampagnen, die immer wieder von Arbeitgeberseite gestartet werden, um dem Ansehen des Personals zu schaden. Dadurch werden die bestehenden Probleme nicht gelöst.“