„Kee President a keng Thüringer méi?“

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Seit 1928 regelt das Gesetz über die Vereinigungen ohne Gewinnzweck das luxemburgische Vereinsleben. Trotz einiger punktueller Änderungen blieb es in der antiquierten Form bis heute gültig. Dies soll sich nun ändern: Ein entsprechendes Gesetzesprojekt ist auf dem Instanzenweg. Gestern legten 20 Vereinigungen ein Gutachten zum Projekt vor. Lob, aber auch viel Kritik gab es zu...

Die Vereinsmenschen werden sich umstellen müssen; jedenfalls dann, wenn das Gesetz in der vorliegenden Form verabschiedet wird.
Die lieb gewonnenen Traditionen der Wahl des Präsidenten, der „Patt“, der den Kassenrevisoren üblicherweise beim Vereinskassierer während ihrer jährlichen Aufgabe der „ganz genauen“ Prüfung der Konten „bis ins letzte Detail“ kredenzt wurde, werden künftig Geschichte sein, sollte Justizminister Biltgen sich mit dem Projekt seines Vorgängers Friedens in der Abgeordnetenkammer durchsetzen.

Locker100.000 Mitglieder

Dass solch dramatische, tief in das gesellschaftliche Leben eingreifende Gesetzesänderungen nicht kommentarlos von den unzähligen Vereinen, deren Bandbreite vom „Spuerveräin“ bis hin zur Stiftung mit hunderten Leuten Personal reicht, widerspruchslos hingenommen werden, ist im Großherzogtum quasi undenkbar.
Bei der gestrigen Pressekonferenz trat eine breite Koalition von größeren Vereinigungen auf, zu denen OGB-L, FNCTTFEL, Syprolux, UGDA, ASTI, das Mouvement écologique, die „Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga“, CTF („Coin de terre et du foyer“), Natura, die „Lëtzebuerger Guiden a Scouten“ gehören und die somit gemeinsam locker auf über 100.000 Mitglieder kommen.
In ihrer gemeinsamen Stellungnahme halten die Vereinsvertreter fest, der Gesetzentwurf weise eine Reihe von Verbesserungen auf. In zahlreichen Punkten sei aber das Gegenteil der Fall, der Entwurf bringe den Vereinigungen mehr Probleme, als er löse. Zudem werde die Gelegenheit verpasst, stärkere Anreize für das ehrenamtliche Engagement auszuarbeiten. Das sog. Benevolat sei von zentraler Bedeutung für die Gesellschaft und unerlässlich für eine moderne Demokratie, schreiben die 20 Organisationen in ihrer Stellungnahme.
In diesem Sinn fordern die Vereinigungen ohne Gewinnzweck eine gezielte Förderung des Ehrenamtes mittels vier Maßnahmen. So soll der kulturelle Austausch zwischen Bevölkerungsgruppen durch den Abbau von Sprachbarrieren intensiviert werden. Möglich wäre dies z.B. durch die Finanzierung von Übersetzungskosten.
Steuererleichterungen für ehrenamtlich Tätige seien ein weiteres Mittel hierzu. Das Gleiche gilt für „congé associatif“ und die Schaffung von Häusern für die Vereine. In dem Gesetzesprojekt ist ein Geschäftssitz für Vereine vorgesehen; immer mehr solcher Gesellschaften haben mittlerweile Probleme, ein geeignetes Lokal zu finden.
Weiter fordert die Plattform der 20, keine zusätzlichen administrativen Hürden in das Gesetz einzubauen. So würden in dem Entwurf allzu häufig Vereinigungen mit kommerziellen Gesellschaften gleichgesetzt und sollen teilweise ähnlich dem kommerziellen Gesellschaftsrecht behandelt werden, was besonders bei den kleinen Vereinen untragbar sei. Stärker als bislang sollen den Vereinen „kommerzielle Aktivitäten“ verboten werden. Ob der Verkauf von Thüringern, Fritten und Mettwurst noch möglich sein wird, ob ein Basar noch abgehalten werden kann, ob ein Getränkestand zur Aufbesserung der Kasse aufgestellt werden kann, ist dann fraglicher denn je.

ExterneKassenkontrolle

Der Entwurf schere die verschiedenen Arten von Vereinigungen allzu sehr über einen Kamm.
So soll eine externe Kontrolle der Buchhaltung durch einen Unternehmensrevisor Gesetz werden. Die entsprechenden Kosten würden vor allem kleinen Vereinigungen finanziell das Genick brechen.
Ein weiterer Punkt ist der vorgeschriebene Zugang zu Dokumenten (Finanzen, Mitgliederkarten etc.) für die Mitglieder, und dies während des ganzen Jahres. In der Praxis ist dies für kleine Vereine nicht zu managen, oder wer stellt schon gern tagaus, tagein sein Wohnzimmer für Kontrollen von Mitgliedern zur Verfügung?

Generalversammlungbis 30. April

Dass die Hauptversammlung während der ersten vier Monate des Jahres über die Bühne gehen muss, wird wohl nicht nur Lokalpolitiker, sondern auch die Lokalredaktionen der Zeitungen vor größere Timing-Probleme stellen.
Kritik gab es gestern auch zu einigen Detailfragen.
Warum etwa muss ein Mitglied des Verwaltungsrates in der Generalversammlung alle seine Vorteile („avantages“), die sich aus der Arbeit ergeben, melden?
Die 20 Vereinigungen wünschen sich etwas mehr Vertrauen innerhalb der Vereinigungen ohne Gewinnzweck.
Eine weitere Neuerung sieht vor, dass Mitglieder, die ihren Beitrag nicht pünktlich zahlen, bereits nach drei Monaten aus dem Mitgliederverzeichnis gestrichen werden; eine solche Regelung ist realitätsfremd.
Schließlich behandelt das Gesetz ebenfalls die Stiftungen. Der Mindestbetrag zur Gründung einer „Fondation“ soll künftig 250.000 Euro betragen. Diese Summe erscheint der Plattform der 20 Vereine zu hoch, außerdem sei die Frage nicht zufriedenstellend geklärt, was denn nun mit bestehenden Stiftungen geschehen wird.