Katerstimmung bei den Ja-Befürwortern

Katerstimmung  bei den Ja-Befürwortern
(Editpress/Alain Rischard)

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Nicht allen ist nach den Ergebnissen des Referendums zum Jubeln zumute. Etliche Organisationen, ob Gewerkschaften oder Patronatsverbände hatten sich für das Ja ausgesprochen.

Für die Organisation MINTE (Plate-forme Migrations & Intégration) ist das Resultat niederschmetternd. Die Plattform vereinte Gewerkschaften, Ausländer- und andere Organisationen.

Wee2050

Mit großer Genugtuung ist das Resultat des Referendums bei der Initiative Nee2015 aufgenommen worden.
„D’Lëtzebuerger hunn sech net aschüchtere gelooss vun der massiver a coordinéierter Jo-Campagne“, beginnt das Kommuniqué, das bereits um kurz nach 17.00 Uhr in die Redaktionen der Medienhäuser verschickt wurde. Von einem großen Moment für die Luxemburger Demokratie spricht die Gruppierung um Fred Keup, die das Ergebnis am Sonntag wie einen Sieg feierte.

Aus Neen2015 wird nun Wee2050. Weil: „Mir sinn déi politesch Mëtt an net déi, déi eis de Jo als politesch Mëtt verkafe wollten! Politik muss mat de Leit gemaach ginn. Et soll hinnen nogelauschtert ginn a net iwwer d’Leit ewech decidéiert ginn. Dofir kämpfe mir weider! (…)“ Und so schließt die Pressemitteilung auch mit den Worten: „Mir mellen eis.“

„Wir wussten, dass es sehr schwer sein würde, die Leute zu einem ‚Jo‘ zu bewegen. Vor allem für das Einwohnerwahlrecht. Aber dass die Prozentzahl der ‚Jo‘-Stimmen so niedrig sein würde, haben wir nicht erwartet“, sagt die MINTE-Sprecherin Laura Zuccoli, „wir sind wirklich von diesem Resultat enttäuscht“. Für Zuccoli ist dies auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Auf zum Teil fehlendes Vertrauen vieler Luxemburger in die Politik und die möglicherweise unzureichende Vorbereitung der Bürger auf ein solches Referendum. Für eine Organisation wie die „Association de soutien aux travailleurs immigrés“ ist es nun Zuccoli zufolge wichtig, in die Zukunft zu blicken und andere Überlegungen in Angriff zu nehmen, um dieses Defizit aufzuheben. Welche das genau seien, sei noch unklar, erklärt sie. „Wir müssen nun die Reform der doppelten Staatsbürgerschaft abwarten. Diese könnte bestenfalls zu dem fruchtbaren Ergebnis führen, dass sich beispielsweise mehr Leute zusätzlich für die luxemburgische Nationalität entscheiden“, meint Zuccoli. Anderenfalls gehe ihr Appell klar an die Politik zu einer Umstrukturierung der Integrationspolitik, zum einen durch verstärkte Förderung der Luxemburger Sprache im Rahmen weiterer Diskussionsrunden. Zum anderen könne das demokratische Defizit nur noch durch Gesetzesänderungen bezüglich der Einwanderungspolitik behoben werden.

„déi Lénk“ ist die einzige Partei, die das Referendumsergebnis als Konsequenz einer verfehlten Sozialpolitik der Regierung interpretiert. „Der sozioökonomische Kontext hat eine entscheidende Rolle gespielt“, so David Wagner. Der Abgeordnete sieht in dem deutlichen dreifachen „Nein“ zum Wahlrecht ab 16 Jahren, zum Ausländerwahlrecht und zur Limitierung der Ministerämter „eine Ablehnung einer Politik für eine reiche Elite“.

Die aktuelle Regierung beschneide die Sozialrechte der Bürger und dränge ihnen einen wirtschaftsliberalen Kurs auf. Laut Wagner sei das Ergebnis des Referendums daher „mehr eine Ablehnung der gesamten politischen Ausrichtung des Landes als eine Ablehnung dieser konkreten Regierung“. „déi Lénk“ fordert deshalb nicht nur die Regierung, sondern auch die CSV dazu auf, ihre Sozialpolitik zu überdenken. Einen Rücktritt der aktuellen Regierung will „déi Lénk“ allerdings nicht erzwingen. Solche Forderungen seien Teil eines „politischen Spielchens“.

Jean-Claude Reding: Ergebnis nicht überraschend

„Ich war von Anfang an davon überzeugt, dass das Referendum mit einem negativen Votum in allen drei Fragen enden würde. Das endgültige Resultat überrascht mich also nicht, lediglich die doch sehr hohen Prozentzahlen der Nein-Sager lassen mich ins Grübeln kommen“, sagte Jean-Claude Reding am Abend.

Er habe 2013 die Regierung vor dem Schritt, ein Referendum zur Frage des Ausländerwahlrechts abzuhalten, gewarnt.
Dies könne zu einer Spaltung der Bevölkerung führen. „Nun laufen wir Gefahr, dass das Zusammenleben der Luxemburger und der Nicht-Luxemburger in unserem Land – gelinde ausgedrückt – nicht einfacher wird.“ Zudem trage das Resultat keineswegs zu einer Image-Verbesserung des Landes bei, auf das in letzter Zeit – ob zu Recht oder zu Unrecht – von vielen Seiten eingeprügelt wurde. Es gebe einen Rat, den man dieser Regierung jetzt mit auf den Weg geben müsse: Die Mehrheits- und Oppositionsparteien müssten sich schnellstmöglich an einen Tisch setzen, um über einen anderen Weg zu diskutieren, der den in Luxemburg lebenden Ausländern eine Wahlbeteiligung ermögliche, und zwar über den Weg einer Vereinfachung des Nationalitätengesetzes.

UEL: Beginn einer neuen Debatte

Die Luxemburger Patronatsvereinigung UEL hofft, dass die Entscheidung der Luxemburger Wähler als „Beginn einer neuen/anderen Debatte“ und nicht als Ende einer Debatte gesehen wird. Nach der klaren Entscheidung der Wähler müssten Regierung und Parlament nun die notwendigen Schlussfolgerungen treffen, um das bestehende Demokratie-Defizit langfristig auf die eine oder andere Art und Weise zu korrigieren, schreibt die UEL in einer Pressemitteilung.

Dieser Meinung schloss sich auch Michel Wurth, Präsident der Handelskammer, an. In dem Zusammenhang erinnert die UEL daran, dass sich fast die Hälfte der Luxemburger Bevölkerung nicht an nationalen Wahlen beteiligen kann – und das obwohl die getroffenen Entscheidungen auch sie betreffen. Zudem stammten mehr als die Hälfte der Firmenchefs und der Angestellten aus dem Ausland, so die Patronatsvereinigung weiter. Es seien also sie, die den Großteil des Reichtums unseres Landes erarbeiteten.