/ „Kämpfe um dein Leben“

Patrick Funk strotzt nur so vor Energie und Gesundheit. Vor etwa zwei Jahren war das aber nicht so. Damals erhielt er die Diagnose „Krebs“. Dem Tageblatt erzählte er seine Geschichte.
Ruhig sitzt er da und spricht über seinen Leidensweg. Patrick Funk kommt aus Scheidgen, bei Consdorf, ist 49 Jahre alt, verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.
Alles begann Anfang 2016, als er bemerkte, dass sich sein Geruchssinn veränderte. Nach einiger Zeit normalisierte sich dieser aber wieder. Patrick Funk gab anfangs nichts drauf, bis zu dem Moment, als er sich bei Gartenarbeiten schnäuzte und dabei einen Polypen auswarf. Er fuhr ins Krankenhaus, um sich untersuchen zu lassen. Dort führte man Basis-Analysen durch, kontrollierte die Nase und schickte ihn wieder nach Hause. Der Polyp wurde ins Labor zur Analyse geschickt. Es folgten Kontrollen beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt.
Am 20. Mai wurde Funk in die Eicher Klinik gerufen. Dort sagte man ihm, beim Polypen handele es sich um ein Karzinom. Man schlug ihm eine Überweisung in ein Nanziger Krankenhaus vor. Vier Tage später fuhr er dann – nichts ahnend und alleine – nach Frankreich. „Das war ein Fehler, denn wenn ich gewusst hätte, was sie mir dort erzählen, dann hätte ich jemanden mitgenommen“, so Funk. Die Nachricht, die er vom Spezialisten bekam, war nämlich niederschmetternd. Er habe Krebs, hieß es. Es handele sich dabei um eine seltene, aber aggressive Krebsart. Der Tumor hätte sich in der Nase entwickelt und wachse nur langsam. Für Funk brach eine Welt zusammen: „Der Nachhauseweg war lang. Ich war wie in Trance. Alle möglichen Gedanken schossen mir durch den Kopf.“
Fünf Stunden auf dem OP-Tisch
Zwei Tage nach seinem Trip nach Nancy wendete er sich an die „Fondation Cancer“. Diese empfahl ihm, sich eine zweite Meinung einzuholen. Freunde rieten ihm daraufhin, einen Spezialisten in Paris aufzusuchen, der als Koryphäe in diesem Bereich gilt. Dieser erklärte ihm am 6. Juni dann ganz ruhig und sachlich die Situation, die Therapiemöglichkeiten und seine Heilungschancen. „Danach war ich ein bisschen beruhigt“, so Funk. Auch wenn das Risiko bestand, dass er durch die Therapie sein Geruchs- und Geschmackssinn verlieren könnte. „Ich wollte jede Chance ergreifen“, so Funk, der sich bis zu dem Zeitpunkt eigentlich immer wohl gefühlt hatte. Am 6. Juni 2015 hatte der Angestellte der Straßenbauverwaltung sogar mit dem Rauchen aufgehört und seit Februar 2016 wieder mit dem Joggen angefangen.
Nach seinem Besuch in der französischen Hauptstadt organisierte er seinen Transfer. CNS (Gesondheetskeess), CMFEP („Caisse de maladie des fonctionnaires et employés publics“) und CMCM („Caisse médico-complémentaire mutualiste“) wurden kontaktiert. „Alles hat gut geklappt. Es gab nur einige kleine Probleme zu regeln“, erzählt uns Funk. Am 22. Juli war es dann so weit. Der Tumor wurde in einer etwa fünfstündigen OP entfernt. Der Eingriff war ein Erfolg. Der Arzt musste lediglich das rechte Riechorgan entfernen. Ein kompletter Verlust des Geruchssinns konnte verhindert werden. Funk blieb im Ganzen eine Woche im Spital.
„Wer bleibt schon gerne lange im Krankenhaus“
„Ich war glücklich darüber, dass der Tumor nicht gestreut hatte und dass die OP gut geklappt hatte. Aber vor allem war ich froh darüber, wieder schnell nach Hause gehen zu können. Wer bleibt schon gerne lange im Krankenhaus“, so Funk lachend.
Es folgte die Nachbehandlung. Zwischen August und November 2016 standen regelmäßig Arzttermine, Analysen usw. auf dem Programm. Es wurden ihm u.a. die Krusten aus der Nase entfernt. Einmal pro Woche musste er in die Clinique d’Eich und einmal pro Monat nach Paris zur „großen Nachuntersuchung“. Ganze drei Mal reiste er bis Mitte Oktober in die französische Hauptstadt.
Am schwierigsten war aber die Radiotherapie. Sie dauerte vom 4. November bis zum 15. Dezember und wurde im Escher „Centre Baclesse“ durchgeführt. Jeden Tag wurde er 20 Minuten lang bestrahlt. „Im Allgemeinen habe ich die Behandlung gut vertragen. Ich hatte aber große Schwierigkeiten, zu schlucken“, verrät der Ex-Patient. Auch tat ihm der Rachen und der Kopf weh und er nahm einige Kilo ab. Zunächst wollte man ihm ebenfalls einer Chemotherapie unterziehen. Sein behandelnder Arzt aus Frankreich sah aber hierfür keine Notwendigkeit.
Ein halbes Jahr lang krankgeschrieben
„Ich war vom 21. Juli 2016 bis zum 2. Februar 2017 krankgeschrieben. Ab Dezember ging es dann wieder bergauf“, erzählt Funk. „Ich erholte mich schnell und fühlte mich zunehmend besser. So fing ich im Februar wieder mit meinem Lauftraining an.“ Im März vergangenen Jahres half er bei der Ausrichtung des „Relais pour la vie“ von der „Fondation Cancer“. Es sei ihm ein Bedürfnis gewesen, zu helfen, so Funk. Im Dezember dann wurde dem freiwilligen Feuerwehrmann ein Basaliom („weißer Hautkrebs“) auf der Nase entfernt. „Nichts Gefährliches“, beteuert Funk. Er erzählt, dass er während der schweren Zeit keine professionelle psychologische Hilfe benötigte. „Ich habe eine wunderbare Frau und auch meine Kinder standen mir bei.
Das richtige Umfeld spielt eine wichtige Rolle bei der Bewältigung solcher Situationen.“ Am schwersten sei ihm gefallen, nicht mehr alles tun zu können. „Ich durfte mich nicht anstrengen, mich nicht bücken. Wenn ich etwas fallen ließ, hatte ich einen speziellen Greifer, mit dem ich es wieder aufhob. Das nervte“, so Funk. Bedauert wollte er nicht werden. „Das Leben geht weiter. Wir müssen das Beste daraus machen. Ich lebe mein Leben, und wenn ich gehen muss, dann gehe ich.“ Seine Tätigkeit bei der Feuerwehr, wo er viel Elend gesehen hat, habe ihm geholfen, seine eigene Lage mit der „nötigen Nüchternheit“ zu betrachten.
Patrick Funk führte während seiner Behandlung Tagebuch. „Das hilft mir, mich zu erinnern“, so der Familienvater. Auch beim diesjährigen „Relais pour la vie“ will er wieder dabei sein. Es gehe ihm darum, ein Zeichen zu setzen. „Kämpfe um dein Leben“, so sein Motto. Anfang Juli hat er diesen Spruch, noch vor seiner OP in Paris, auf seinen Arm tätowieren lassen. Über dem Spruch prangt ein Gecko. „Es soll Glück bringen“, erklärt Funk. Das Tattoo und die periodischen Kontrollen (u.a. alljährlicher IRM während mindestens fünf Jahren) erinnern ihn daran, dass das Leben vergänglich ist und deshalb wert ist, gelebt zu werden. Einen Traum will sich Funk noch erfüllen: Er trainiert, um „eines Tages oben auf dem Mont Blanc zu stehen“.
„Es kann jeden treffen“
Für Lucienne Thommes, Direktorin der „Fondation Cancer“, ist der Kampf gegen den Krebs eine „unendliche Geschichte“, auch wenn stetig Fortschritte erzielt werden. Aktuelle Zahlen über die Krebserkrankungen gibt es leider noch nicht, bedauert Lucienne Thomes. Sie erklärt, dass die Statistiken, die das „Registre morphologique des tumeurs“ veröffentlicht, nicht alle Fälle beinhaltet, u.a. weil einige davon nicht im LNS („Laboratoire national de santé“) analysiert werden oder Patienten sich im Ausland diagnostizieren und behandeln lassen. In Allgemeinen wird angenommen, dass jedes Jahr etwa 2.600 neue Krebsfälle festgestellt werden. Tragisch sei, dass darunter etwa 30 Kinder seien, so die Chefin der Krebsstiftung. Etwa 3 Prozent der Bevölkerung sollen Schätzungen zufolge mit einer Krebserkrankung leben. „Es kann jeden treffen, auch wenn ältere Personen ein erhöhtes Krebsrisiko haben“, erörtert Thommes.
Genaue Prognosen, was die Heilung oder die Lebensdauer der Krebskranken betrifft, könne man keine machen. Diese seien von Fall zu Fall verschieden. In der Regel gilt man aber als krebsfrei oder geheilt, wenn fünf Jahre nach der Diagnose keine Erkrankung mehr festgestellt wird. Kontrolliert wird in regelmäßigen Abständen, je nach Krebsart.
Die Erfolgschancen der Behandlungen variieren. Sie liegen bei ungefähr 90 Prozent bei Hodenkrebs, sinken aber unter die 20-Prozent-Grenze bei Bauchspeicheldrüsen- oder Lungenkrebs. Alles hänge davon ab, um welche Krebsart es sich handelt und in welchem Stadium die Erkrankung diagnostiziert wurde, so Thommes.
Therapie und Vorsorge
Im Kampf gegen den Krebs hätten sich die Behandlungsmöglichkeiten vervielfältigt, so die Präsidentin der „Fondation Cancer“ weiter. Da gebe es natürlich den chirurgischen Eingriff, um den Tumor zu entfernen. Aber auch die Bestrahlung und die Chemotherapie kämen oft zum Einsatz. Die Hormonbehandlung sei vor allem bei Brustkrebs und Prostatakrebs effizient. Die Immunotherapie erlaube es den eigenen Abwehrkräften, die Krebszellen zu bekämpfen. Dann gibt es noch die sogenannte „targeted therapy“. Hier wird zuerst die Krebserkrankung eingehend unter die Lupe genommen und anschließend eine Behandlung „nach Maß“ vorgeschlagen. Eine Faustregel für die Krebsbekämpfung gebe es aber keine. Auch spiele die körperliche und die psychische Verfassung des Patienten eine Rolle. Was dem einen hilft, kann bei dem anderen zu keinem Resultat führen.
Das Überleben der Betroffenen hänge schlussendlich neben der Behandlung auch von der Krebsvorsorge („dépistage“) ab. In diesem Zusammenhang seien die Informations- und Sensibilisierungskampagnen der Krebsstiftung und der Gesundheitsbehörden von großer Bedeutung, so Thommes. Eine gesunde Lebensweise (siehe Tabelle) verhindert nicht eine Krebserkrankung, kann das Risiko aber drastisch reduzieren. Entgegen der weitläufigen Meinung seien Stress oder traumatische Erlebnisse kein Auslöser für Krebs, so Thommes. Sie können aber zu einer ungesunden Lebensweise führen, welche die Krankheit fördert.
Zwischen 5 und 10 Prozent der Krebsfälle (u.a. einige Arten des Brust-, Prostata- oder Darmkrebses) sind zudem das Resultat einer erblichen Veranlagung. Hier wird ein defektes Gen vererbt. Die meisten Krebsarten sind aber das Resultat einer Zell-Mutation. Krebs wird immer mehr zu einer chronischen Erkrankung, so die Direktionsbeauftragte. Denn auch wenn man die Krankheit oft nicht heilen könne, sei es möglich, die Lebensdauer bei immer mehr Patienten erheblich zu erhöhen. So würden einige Betroffene bereits seit fast 30 Jahren mit einem Krebsleiden leben. Die Diagnose Krebs muss also nicht zwangsläufig das endgültige Ende bedeuten.
- Roland Breyer, ein Leben im Dienst der Gemeinde - 17. September 2020.
- Roland Breyer, ein Leben im Dienst der Gemeinde - 17. September 2020.
- Klimafreundliche Mobilität - 13. September 2020.
Unsere Familie hat für das Überleben der an Krebs erkrankten Mutter gekämpft, ihr beigestanden. Im Endeffekt starb sie mit vierzig Jahren.Die Familie , für die Krankheit oft schlimmer zu ertragen ist, ist infolge des erlebten Trauma zerbrochen.Der Krebs hat die gesammte Familie zerstört. Nachfolgekrankheiten wie Depression,Bullemie, Abgestumpftheit haben Vater ,Kinder entzweit und seit Jahren herrscht Stille.Krebs tötet, nicht nur den Erkrankten.