Interessante Einblicke in das alte Müllershandwerk

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Rund 1.000 Kilogramm Dinkelmehl schafft die alte Mühle in Enscheringen an guten Tagen, wenn Müller Sigmund Struck ca. 10 bis 12 Stunden prüfend hinter der Anlage steht. Fabienne Scheer

Enscheringen – Mit Zipfelmütze und Mehlsack über der Schulter traf man ihn beim Mühlenfest zwar nicht an, aber ansonsten funktionierten Wasserrad und Mahlwerk wie früher und man erhielt eine Vorstellung davon, wie bereits vor 184 Jahren in Enscheringen Brotmehl hergestellt wurde. Den unsteten Wetterverhältnissen gleich, floss der Bach entlang der „Äischer Mühle“ gestern reißerischer als sonst. Hinter einem Sicherheitsgitter konnte man beobachten, mit welcher Wucht das Wasserrad der Mühle seine Runden drehte. Im Obergeschoss des Gebäudes flossen derweil die ersten Kilogramm Mehl aus dem Mahlwerk und langsam, aber sicher meldeten sich auch die ersten Besucher zur Mühlenbesichtigung an. Vor sieben Jahren erwarb der Fremdenverkehrsverein aus Munshausen die „Äischer Millen“, eine Wassermühle, die wohl um das Jahr 1824 in Enscheringen gebaut wurde und dann 25 Jahre später in den Besitz der Familie Racké kam. Bis zum Jahr 1954 produzierten die Rackés Brotmehl, späterhin dann Futtermittel. Die „Äischer Millen“, auch heute noch besser bekannt als „Rackésmillen“, ist Teil des Munshausener Freilichtmuseums „A Robbesscheier“ geworden.

Noch heute wird produziert

Das alte Wohnhaus neben der Wassermühle wurde restauriert und 2003 in eine Ferienwohnung umgeändert. In der urigen Mühle hingegen wird noch heute von fachkundigen Mitarbeitern Mehl produziert. Der Weizen wird von den regionalen Biobauern geliefert und es besteht eine gute Zusammenarbeit mit der „Spelzgenossenschaft Naturpark Öewersauer“ für deren Produkte Dinkelmehl hergestellt wird. Wie bereits in den Jahren zuvor nahmen sich die kundigen Müllermeister Sigmund Struck und Will Racké genügend Zeit, um den Besuchern des 5. Mühlenfestes den Weg vom Getreide zum Mehl zu erklären. In einem ersten Schritt schüttete Sigmund Struck einen Sack mit Dinkelgetreide in das Mahlwerk. „Das Dinkelmehl enthält im Vergleich zu anderen Getreidearten mehr Proteine und einen höheren Anteil an Klebereiweiß“, erklärt er wohl wissend und hält den Besuchern ein paar der zarten Körner entgegen. Etwa sechs bis sieben Mal durchlaufen die Weizenkörner das Mahlwerk, bevor sie die richtige Konsistenz erreicht haben. An verschiedenen Enden der Maschinerie werden die sogenannten Abfallprodukte „Gries“ und „Kleier“ gesammelt. Sie erfüllen nicht die Voraussetzungen, um als vollfertiges Dinkelmehl verkauft zu werden, können aber wie Gries in Suppen und Desserts zur Verwendung kommen oder zur Herstellung von Nudeln genutzt werden. Während des Mahlprozesses entsteht Mehl von unterschiedlicher Qualität und Zusammensetzung. Der Müller stellt die gewünschte Mehlmischung sackweise zusammen und schüttet sie in die Mehlmischmaschine. In dieser läuft eine Kegelschnecke, welche oben einen größeren Durchmesser hat als unten. So entnimmt die Schnecke auf der ganzen Höhe Mahlgut aus den einzelnen Schichten und bringt es nach oben, wo es sich auf der oberen Schicht nach allen Seiten ausbreitet. Dadurch entsteht eine gute Durchmischung. Das diesjährige Mühlenfest stand unter dem Motto „Alles über Mühlen, Lohe und Wasser“. In der Mühle befindet sich nämlich auch eine Ausstellung über die Lohhecken. 100-200 ha Lohe werden noch heute im „Kiischpelt“ bewirtschaftet. Früher waren es um die 12.000 ha. Antoine Bock zeigte den Besuchern am Nachmittag wie das „Schlaissen“ der Lohe früher vonstatten ging. Die „Äischer Millen“ knatterte an diesem Sonntag noch bis in die späten Abendstunden weiter.