Hüter des Wettbewerbs ziehen Bilanz

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„Wir sind eine kleine Institution, die noch nicht so bekannt ist“, erklärte Pierre Rauchs, Präsident des „Conseil de la concurrence“, am Dienstagmorgen vor Journalisten.

Die Luxemburger Wettbewerbsbehörde ist noch jung. „Wir kommen von weit her“, begann Rauchs mit einem historischen Rückblick. „Bis 2004 hatten wir ein Regime, welches im kompletten Gegensatz zum heutigen steht.“

Laut den damaligen Gesetzestexten hatte der Staat die Vormundschaft über die Preise. „Firmen mussten Preissteigerungen melden und der Wirtschaftsminister konnte Preise festlegen.“ Das habe früher, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, auch Sinn gemacht, so Rauchs. Heute aber nicht mehr.

Im Mai 2004 hat Luxemburg dann ein richtiges Wettbewerbsgesetz erhalten. Dies habe jedoch das Problem gehabt, dass gleich zwei Institutionen gegründet wurden. „Beide waren sehr klein und fielen nicht ins Gewicht. Auch hatten sie nicht viele Mittel.“ Zudem habe die eine unter der Vormundschaft des Wirtschaftsministeriums gestanden, was jedoch Interessenkonflikte mit sich brachte. „Der Staat hat eigene Interessen. Er ist beispielsweise Aktionär der Post“, erklärte Rauchs.

Preisfreiheit

Am 23. Oktober 2011 wurde dann alles anders. In einem neuen Gesetz wurde die Preisfreiheit festgeschrieben (mit Ausnahmen wie beispielsweise Medikamente und Ölprodukte). Unternehmen dürfen ihre Preise selber festlegen. Der freie Wettbewerb soll dann dafür sorgen, dass sich die Produkte mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis am Markt durchsetzen sollen.

Der neue, unabhängige „Conseil de la concurrence“, in dem die beiden alten Behörden zusammengelegt wurden, erhielt die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Wettbewerb auch wirklich frei ist. Die Wettbewerbshüter müssen auf zwei Sachen aufpassen: Erstens darf eine Firma mit einer marktdominanten Position diese nicht ausnutzen, und zweitens sind Absprachen (Preisabsprachen, geografische Marktaufteilung) zwischen Unternehmen verboten.

Der „Conseil de la concurrence“ wird aktiv, wenn sich ein Konsument oder ein Konkurrent beschwert, wenn der Minister das wünscht, oder aber auch (und das ist neu), wenn die Behörde selbst das will.

Die Behörde weist aber darauf hin, dass sie nicht für „unlauteren Wettbewerb“ (beispielsweise: Waren unter ihrem Preis verkaufen, betrügerische Werbung, Daten der „Solden“ nicht eingehalten) zuständig ist. Diese Themen seien weniger von öffentlichem Interesse, es handle sich eher um Streit zwischen Privatleuten. „Oft fällt das unter Konsumentenschutz.“ Auch ist die Behörde – als einzige in ganz Europa – nicht zuständig für die Analyse und Überwachung von Übernahmen und Fusionen.

„Die Strafen sind gepfeffert“

Und gleich in seinem ersten Lebensjahr war der „Conseil de la concurrence“ ziemlich aktiv. Insgesamt hat die Behörde – mit ihren sieben Mitarbeitern – im Jahr 2012 Geldstrafen in Höhe von rund einer Million Euro verhängt. Die höchste Strafe ging an eine Reihe Luxemburger Versicherer wegen ihrer Absprache beim Bonus-Malus. Zwei kleinere Strafen gingen an die Coditel (wegen der Nicht-Umsetzung von Auflagen) sowie an eine Immobiliengesellschaft (wegen Nicht-Übermittlung von Informationen).

Zufrieden ist die Behörde auch deswegen, weil keines der bestraften Unternehmen versuchte, vor Gericht gegen die Entscheidung des „Conseil de la concurrence“ vorzugehen. Die Strafen an sich seien „gepfeffert“, so Rauchs. Die Summe kann sich auf bis zu zehn Prozent des globalen Umsatzes der Firma summieren. Dass in angelsächsischen Ländern die Manager auch mit Gefängnis bestraft werden, auf dem Kontinent aber nicht, ist, laut der Behörde, historisch bedingt.

Kein Selbstzweck

„Das Konkurrenzrecht ist aber kein Selbstzweck“, so Pierre Rauchs. „Wir sind nicht nur repressiv, sondern gehen auch erzieherisch vor. Eine Wettbewerbskultur muss sich installieren.“ Demnach gehe man auch auf Unternehmen zu, um mit ihnen zu diskutieren, wenn Funktionsstörungen in einem Sektor festgestellt werden.

Ein Beispiel ist die Gesellschaft Valora, die in Luxemburg eine marktbeherrschende Stellung beim Vertrieb der Presse innehat. Das Schweizer Unternehmen wurde von der Behörde gezwungen, Verträge umzuschreiben. Dass ein Zeitungsladen „exklusiv nur von Valora beliefert werden darf, verstößt gegen das Konkurrenzrecht“, so Rauchs.

Daneben hat die Behörde das Recht, „avis“ zu schreiben, und sie kooperiert mit der EU-Kommission und den Wettbewerbsbehörden anderer Länder. Immerhin seien viele Fälle grenzübergreifend.