Serie / Historisches und architektonisches Esch (7): Metzeschmelz
Mit zwei Werken, der Metzeschmelz (spätere Arbed Esch-Schifflingen) und der Brasseurschmelz (spätere Arbed Terre rouge), begann vor 150 Jahren die Verlagerung des wirtschaftlichen Schwerpunkts vom Zentrum in den Süden des Landes und somit der demografische Aufschwung der Stadt Esch und des Erzbeckens.
Die Schifflinger Hütte wurde 1871 in Betrieb genommen. Sie wurde zur Hälfte von Metz & Cie, Forges d’Eich, die Hüttenwerke in Eich und Dommeldingen hatte, und von der Société anonyme des Mines du Luxembourg et des Forges de Sarrebruck, deren Hütte sich in Burbach im Saarland befand, betrieben. Mit dem Vertrag vom 18. September 1871 vereinbarten die Hüttenherren Victor Tesch (1812-1892) für Burbach und Norbert Metz (1811-1985) für die Forges d’Eich, die zudem über enge Familienbeziehungen miteinander verbunden waren, dass die Anlage aus vier, in Zwillingsgruppen aufgeteilten Hochöfen bestehen sollte, dass die Errichtungskosten gemeinsam getragen und Kosten und Gewinne geteilt werden sollten. Das Werk Esch-Schifflingen hatte daher keinen eigenen Firmennamen und die wichtigsten Produktionsanlagen wurden verdoppelt, was im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Partnern oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten eine Aufteilung von Produktionsanlagen und Gütern ohne allzu große Schwierigkeiten ermöglicht hätte.
Bereits vor Abschluss des Abkommens hatte Norbert Metz 23 Hektar Land am Rand von Esch/Alzette und Schifflingen sowie Schloss Berwart erworben. Der Standort der zukünftigen Anlage lag in unmittelbarer Nähe der Bergwerke auf dem „Lallengerbierg“ und auf dem „Gaalgebierg“. Die Fabrik wurde nach den Plänen des Ingenieurs Jean-Baptiste Kintzelé (1822-1912), der auch eine Gipsfabrik in Heisdorf besaß, auf einem Plateau gegenüber dem „Lallengerbierg“, nahe der Eisenbahnlinie, errichtet. 1884 ließ er ein schönes Haus auf der „kleng Plaz“ (kleiner Platz, seit 1923 Norbert-Metz-Platz) errichten.
Der erste Hochofen wurde am 10. Oktober 1871 gezündet und die anderen drei folgten bis 1873. Die vier Hochöfen produzierten bis 1911 Gießerei-Roheisen (für die Gießereien) sowie Frischerei-Roheisen (für die Puddelöfen), dann ab den 1880er-Jahren Thomas-Roheisen (für die Thomas-Stahlwerke). Auch für das Werk Esch-Schifflingen hatten die Metz-Tesch ein doppeltes Produktionsziel gesetzt: Die Hälfte der Produktion sollte das saarländische Werk in Burbach mit billigem Roheisen beliefern, die andere Hälfte sollte von Metz & Cie gewinnbringend vermarktet werden und vor allem auf den Märkten des Zollvereins, insbesondere bei den rheinland-westfälischen Puddeleisen- und Thomasstahlproduzenten, abgesetzt werden.
Das Werk wurde gemeinsam von einem der Schwiegersöhne von Victor Tesch, dem Ingenieur Hubert Muller-Tesch (1837-1917), und von Léon Metz (1842-1928), Sohn von Auguste Metz (1812-1854), dem ersten Direktor des gleichnamigen Unternehmens, geleitet; Ersterer beaufsichtigte den Bergbau, Letzterer übernahm die Leitung der Eisenhütte. Die beiden Hüttenherren wohnten in Schloss Berwart in unmittelbarer Nähe der Fabrik.
Das Unternehmen ließ für seine Abteilungsleiter, Ingenieure und Bürochefs Villen oder große Häuser bauen, vor allem in der Nähe des Berwart-Schlosses, in dem die Direktoren wohnten: rue de Luxembourg, rue Léon Metz, rue Dellhéicht (heute rue Wurth-Paquet). Die Häuser für die Arbeiter befanden sich eher auf der anderen Seite der Fabrik, an den Hängen des Lallengerbergs, rue de Schifflange. Zwischen der Fabrik und dem Bahnhof, im Süden der Stadt, wuchs die Bevölkerung des Viertels Neudorf. Nach 1912 baute das Unternehmen auch Häuser für Arbeiter und Angestellte in der Gemeinde Schifflingen.
Thommas vs. Metz & Cie
Durch den Fall Thommas gegen Metz & Cie im Jahr 1884 ging die Metzeschmelz auch in die luxemburgische Geschichte der Sozialversicherung ein. Thommas, der erste Gießer am Hochofen Nr. II des Werkes Metz in Esch-Schifflingen, war bei einer Explosion am Hochofenstichloch durch Splitter geschmolzener Schlacke verbrannt worden. Diese Verbrennungen entstellten ihn und ließen ihn erblinden. Der Unfall ereignete sich infolge eines Wasserschadens an der Hochofenblasdüse. Wasser fiel auf die brennende Schlacke und dies führte zur Explosion. Thommas reichte eine Klage ein. Bis dahin waren diese Art Fälle entweder aus Mangel an Beweisen oder weil das Gericht entschied, dass sie auf die Leichtfertigkeit des Opfers zurückzuführen waren, abgewiesen worden. Diesmal nicht. In seiner Entscheidung stellte der Oberste Gerichtshof fest, dass „der Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer für gefährliche Arbeiten einstellt, ihm gegenüber für die Folgen der Gefahr, der er ihn aussetzt, verantwortlich ist“.
Das Gericht verurteilte die Gesellschaft, vertreten durch den Direktor Léon Metz und verteidigt von zwei Anwälten, Adolphe Schmit und Auguste Laval, zu einer einmaligen Zahlung von 6.000 Francs und einer jährlichen Rente von 600 Francs an Thommas, verheiratet und Vater mehrerer Kinder – sein Tagesgehalt betrug 3,75 Francs. Die Beweislast wurde also umgekehrt. Es war nicht länger Sache des Arbeitnehmers, die Schuld des Arbeitgebers zu beweisen, sondern des Arbeitgebers, zu beweisen, dass der Fehler beim Arbeitnehmer lag und dass er, der Arbeitgeber, nicht verantwortlich war. Der Begriff des industriellen Risikos wurde durchgesetzt. Die Arbeiter wurden zunehmend zu Akteuren in den Arbeitsbeziehungen. In den folgenden Jahrzehnten würden sie dies durch die Gründung von Gewerkschaften und die Organisation von Streiks, wenn sie mit Arbeitsbedingungen und Löhnen unzufrieden waren, unterstreichen. (Fortsetzung folgt).
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