SerieHistorisches und architektonisches Esch (56): Esch 1940-1944

Serie / Historisches und architektonisches Esch (56): Esch 1940-1944
VdB-Distriktsleitung Luxemburg-Land, Stadthaus Esch, Oktober 1940  Foto: Fey; Scan: CDRR

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Die Serie zum Escher Architekturführer befasst sich in den nächsten Folgen mit dem Esch der Jahre 1940-1944 unter deutscher Besatzung. In vorherigen Artikeln beschriebene Bauten und Straßen tauchen hier in einen anderen, deutschen Zusammenhang auf.

Die folgenden Texte sind weniger von architektonischem Interesse geprägt. Sie entspringen vor allem dem Wunsch nach Einblick und Überblick. Ausgehend von Zeitungsmaterial und Fotografien sind sie eine Spurensuche vor Ort: schauen, was (noch) da ist …  Wo lagen das Kleine Theater, der Bürgerbräu Nosbusch, die Bijouterie Krebs, das Deutsche Haus? In der Beantwortung dieser Fragen steckt viel Fußarbeit.

Auf das Deutsche Haus stieß ich bei dem Historiker Emile Krier. Es liegt Dicksstraße 24-26 und war das Heim der Escher Ortsgruppe der Auslands-Organisation der NSDAP, Ortsgruppenleiter Anheuser. Seit den dreißiger Jahren tummelten sich dort auch Luxemburger NS-Begeisterte. Heute ist es das Café Diva.

Die Kreisstadt Esch hat, laut Personenstandsaufnahme von Dezember 1940, 26.472 Einwohner (davon 22.025 Luxemburger, 1.179 Reichsdeutsche und 2.108 Italiener, in der Reihenfolge des Schlussberichts). Diese Einwohnerzahl variiert kaum in den folgenden Kriegsjahren.

Die Straßen Esch-Alzigs tragen deutsche Namen: Adolf Hitlerstraße (Alzettestraße) und Hermann Göringstraße (Bahnhofavenue) kreuzen sich im politischen Knotenpunkt der Stadt: der neuen Kreisleitung (vorher Kaufhaus Belle Jardinière, heute MS-Modes). Spuren sozialistischer Vergangenheit werden gelöscht: Die Karl Marxstraße wird zur Robert Kochgasse, die Jean Jaurèsstraße zur Siegfriedstraße, Goethe ersetzt Victor Hugo und Schiller den Dr. Michel Welter.

Die Grenze ist nun das Blut. Der Grenzkreis Esch-Alzig soll ein germanisches Bollwerk gegen westliche Einflüsse werden. Verwaltung und Partei haben große Pläne, auch urbanistische, für die Zeit nach dem „Endsieg“.

Die Fotos 1 und 2 spannen den Weg von den Weißhemden des Beginns zu Hoheitsträgern in Parteiuniform. Das deutsche Esch ist auch ein Esch der Kollaborateure. „Heim ins Reich“ heißt „Bekennen zu Großdeutschland und zu seinem Führer“, Mitarbeit am „Aufbau der deutschen Volksgemeinschaft“, Beteiligung am „Kampf um die Neuordnung Europas“. Im Oktober 1941 werden 25 Amtsträger der VdB, Kreis Esch, vom Kreisleiter Diehl als Freiwillige nach dem Osten verabschiedet.

Roger Cresto, Leiter des VdB-Distrikts Esch, ist Parteianwärter, wenn er 1941 zum Kreisleiter des Kreises Grevenmacher berufen wird. Als Parteigenosse stirbt er 1943 „im Osten den Heldentod für Führer, Volk und Reich“. Jean Koetz, der Leiter der Ortsgruppe „Auf der Acht“, hatte sich schon 1940 freiwillig der Wehrmacht angeschlossen und sie auf dem Frankreichfeldzug begleitet. Auf seine Meldung hin wurde er im Februar 1944 erneut einberufen. Im Dezember 1947 vom Spezialgericht in Luxemburg zum Tode verurteilt, wird er im März 1948 durch Erschießen hingerichtet.

Die Aktivisten der VdB sollten die „deutschen Luxemburger“ sammeln und in ihrem Namen den Anschluss ans Reich fordern. Gesteuert wurde ihr Bemühen durch die Zivilverwaltung. In der Begründung seines Vorschlags der Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes an den stellv. Gauleiter Reckmann (Februar 1941) schrieb Gustav Simon: „Gauleiter-Stellvertreter Reckmann hat in Luxemburg in meinem Auftrage die Volksdeutsche Bewegung selbständig aufgebaut. Es ist hauptsächlich sein Verdienst, dass nach fünfmonatlicher Tätigkeit der Parteidienststellen in Luxemburg die Volksdeutsche Bewegung 50.000 Mitglieder aufweist, […]. Ausserdem ist es in der gleichen Zeit dem Einsatz des Pg. Reckmann gelungen, die Volksdeutsche Bewegung in Luxemburg planmässig durchzuorganisieren, sodass nunmehr der Aufbau der NSDAP auf der Basis von 4.000 Amtswaltern der Volksdeutschen Bewegung begonnen werden kann.“