SerieHistorisches und architektonisches Esch (43): Notarhaus Gantenbein

Serie / Historisches und architektonisches Esch (43): Notarhaus Gantenbein
Das Haus des Notars Adolphe Gantenbein heute Foto: © Christof Weber, 2020

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1923 erstellte der luxemburgische Staat eine Liste der Steuerzahler mit einem Einkommen von mehr als 12.000 Franken pro Jahr für alle Städte des Landes für das Jahr 1922. Zum Vergleich: Der Durchschnittsjahreslohn eines Arbeiters betrug 1923 4.449 Franken (Statistiken der Renten- und Invalidenversicherung). Der Jahreslohn eines Hochofenarbeiters betrug 6.275 Franken (Statistiken der Industrieunternehmer). In Esch/Alzette gab der Vorarbeiter des Hüttenwerks Terres Rouges Joseph Cremers für 1922 ein Einkommen von 16.650 Franken an, der Kaufmann Adolphe Claude 21.480 Franken und der Fotograf Ernest Groff 51.490 Franken. Die sechs einkommensstärksten Personen in Esch waren 1922: der Arbed-Industrielle Edmond Muller-Tesch mit 348.600 Franken, der Bauunternehmer Alfred Lefèvre-Reckinger mit 289.890 Franken, der andere große Arbed-Industrielle Léon Metz mit 269.400 Franken, der Kaufmann Jacques Rosenstiel-Schwartz mit 218.850 Franken, der Brauer Daniel Buchholtz mit 180.000 Franken und der Notar Adolphe Gantenbein mit 168.200 Franken.

Für den Notar Gantenbein (1882-1931), der aus Fentingen (Gantenbeinsmühle) stammte und zuerst Notar in Echternach und Dalheim war, baute der Architekt Paul Flesch (1870-1955) im Jahr 1924 in der Xavier-Brasseur-Straße 5 ein prächtiges Herrenhaus mit einer Fassade aus Quadersteinen, entsprechend seinem Wohlstand und seiner sozialen Stellung in der lokalen Bourgeoisie.

Der erste Erker, der die Achse des Eingangs markiert, hat große Fensteröffnungen und bildet einen auf Konsolen gestützten zweigeschossigen Vorbau mit einem Pavillondach und einer Giebelgaube. Die drei aufeinanderfolgenden Achsen sind horizontal gekennzeichnet durch Balkone mit Schmiedeeisengeländern auf reich verzierten Konsolen. Die Dekorationsmotive sind vom 18. Jahrhundert inspiriert: Medaillons, Girlanden, Maskarons, Muscheln sowie ein Löwenkopf, der über das Dach hinausragt. Die Balkone mit schmiedeeisernen Geländern auf reich verzierten Konsolen sind hier wie auch bei anderen Bauten typisch für das Werk des Architekten Paul Flesch. Die kunstvoll bemalten Glasfenster sind ebenso hervorzuheben.

Das Erdgeschoss besteht aus einer großen Eingangshalle mit einem Marmortreppenhaus und einem hölzernen Treppengeländer mit Schmiedearbeiten wie an den Balkons. Dazu kommt das Notarbüro, ein Speisesaal, ein Salon und eine Raucherveranda. Im ersten Stock befanden sich das Schlafzimmer des Ehepaars Gantenbein, ein zweites Schlafzimmer, ein Badezimmer, ein WC, ein Boudoir und eine Garderobe. Im zweiten Stock gab es zwei weitere Schlafzimmer mit einer weiteren Garderobe, ein Badezimmer, ein WC, ein Arbeitszimmer und eine kleine Toilette nebenan. Ein Keller und ein Dachboden vervollständigten das Herrenhaus.

Der Eingang zum Gebäude und der gesamte Seitenteil, der um zwei Stockwerke erhöht wurde, wurden im Laufe der Zeit verändert. Ein Teil der alten Dekoration wurde entfernt, insbesondere die im Eingangsbereich. Das angrenzende Eckhaus desselben Architekten, das in den 1930er Jahren erbaut wurde, ist ähnlich dekoriert. Haus Nr. 5A wurde 1950 für ein Mitglied der Familie Gantenbein erbaut und bezieht sich auf den Stil des Notarhauses.