Historisches und architektonisches Esch (6) / Die Pfarrkirche Sankt Joseph
Die auf einer Anhöhe gelegene Pfarrkirche Sankt Joseph prägt nachhaltig das Panorama der Stadt Esch.
Das katholische Gotteshaus wurde in den Jahren 1873-1877 als Ersatz für die Vorgängerkirche Sankt Johann Baptist errichtet. Letztere erwies sich ob der rasanten, durch die industrielle Entwicklung befeuerten demografischen Entwicklung zunehmend als zu klein. Außerdem war sie baufällig und harrte einer Generalüberholung. Die Gemeinde entschied sich für einen oberhalb der alten Kirche anzusiedelnden Neubau. Zu diesem Zweck lobte sie 1872 einen Architektenwettbewerb aus, den der Staatsarchitekt Charles Arendt (1825-1910) mit einem resolut im neogotischen Stil gehaltenen Projekt für sich entscheiden konnte. Mit dem Bau beauftragt wurden die auf Sakralbauten spezialisierten Unternehmer Jacquemin, père & fils aus Metz. 1877 wurde die neue Kirche geweiht. Der Architekt Rémy-Edouard Jacquemin (1844-1906) übernahm die Bauleitung. Das alte Gotteshaus wich 1878 der Großgasse-Schule. Um den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen, erwählte man den Heiligen Joseph, der als Patron der Arbeiterschaft gilt, als Schutzherrn der neuen Kirche.
Für seinen Entwurf hatte sich der planende Architekt an der Stiftkirche Unsere Liebfrau von Melun orientiert. Anders als bei den traditionellen gotischen Sakralbauten flankieren die Türme nicht das Eingangsportal, sondern sind nach hinten zwischen Querschiff und Chor „gewandert“. Das Eingangsportal ist eher schlicht gehalten. Das Mauerwerk wird von drei schmalen Spitzbogenfenstern und einer beindruckenden Rosette durchbrochen. Letztere wurde erst 1947 nach einem Entwurf des Glasmalers Gustave Zanter (1916-2001) mit farbigen Glasscheiben bestückt.
Bei Betreten des Gotteshauses beeindruckt besonders das hohe Mittelschiff. Es wird von den niedriger gehaltenen Seitenschiffen von auf Rundsäulen aufgelegten Spitzbögen getrennt. Die Gestaltung des Kirchenmobiliars (Altäre, Kommunionbank, Predigtstuhl …) und z.T. auch der Fenster geht auf Vorlagen des Architekten Pierre Kemp (1841-1895) zurück. Auf dem Hauptaltar sind die Statuen der Trösterin der Betrübten sowie der Apostel Petrus und Paulus aufgestellt. Die in den Turmkapellen untergebrachten Nebenaltäre sind der Heiligen Familie (rechts) und der Schmerzhaften Muttergottes (Pieta) geweiht. Die meisten, direkt auf das Glas aufgemalten Fenster wurden in der renommierten Franz Mayerschen Kunstanstalt in München hergestellt. Sie stellen ein beachtenswertes künstlerisches Ensemble dar und behandeln hauptsächlich Episoden aus dem Leben der Heiligen Familie (die frohe Botschaft, die Geburt Jesu, die Flucht nach Ägypten …). Zu bemerken ist, dass einige Fenster aber auch Bezüge herstellen, die dem damals militanten Katholizismus des ausgehenden 19. Jh. wichtig waren, wie die Muttergotteserscheinungen in Lourdes (1858) oder die Verallgemeinerung der Herz-Jesu-Devotion (1856).
Zwei Chorfenster wurden in jüngerer Zeit von dem Trierer Glasmaler Jakob Schwarzkopf (1926-2001) erschaffen. Sie zeigen die Wappen von zwei in Esch/Alzette geborenen Erzbischöfen, Hw. Nicolas Kinsch (1904-1973), Erzbischof von Kisangani, Belgisch-Kongo (dann Zaire), von 1958 bis 1967, und Hw. Fernand Franck, Erzbischof von Luxemburg von 1991 bis 2011. Die Kirche wurde in den Jahren 1907-1908 von dem Freskenkünstler Josef Schneider (1891-1984) aus Köln ausgemalt. In den späten 1960er Jahren wurden die Wandmalereien im Sinne der vom II. Vatikanischen Konzil (1962-1965) eingeläuteten liturgischen Reformen übertüncht. Im Rahmen der von dem Architekten Jean Petit betreuten Neugestaltung der Kirche wurden die Fresken 2002 von der Restauratorin Geneviève Taillefert (Paris) erneut freigelegt.
In den Jahren 1946-1947 wurde links neben dem Eingangsportal eine dem Gedächtnis der Opfer des Zweiten Weltkriegs gewidmete Kapelle, nach Plänen des Architekten Christian Scholl (1901-1957), errichtet. Zwei schwarze Marmortafeln listen die Pfarrkinder auf, die ob der Kriegswirren und der Naziherrschaft ihr Leben lassen mussten. Drei in den Ateliers der Gebrüder Linster in Mondorf erstellte Fenster erhellen den Raum. Sie behandeln die Kreuzigung Christi. Das mittlere Fenster erinnert jedoch auch an Hw. Jean Origer, der 1942 im KZ Dachau umgekommen ist. Er war nicht nur Direktor der katholischen Tageszeitung Luxemburger Wort und Abgeordneter der Rechtspartei, sondern auch eines der allerersten in Sankt Joseph getauften Pfarrkinder. In die Außenwand der Kapelle meißelte der Escher Bildhauer Aurelio Sabbatini (1909-1987) den Spruch Ego sum Vita et Resurrectione (Ich bin das Leben und die Auferstehung) sowie eine Darstellung der Trösterin der Betrübten.
Eine im rechten Eingangsbereich in die Kirchenwand eingelassene Grabtafel zeigt das Wappen des 1702 verstorbenen Karl von Schauwenburg, Herrn von Berwart. Sie wurde aus der Vorgängerkirche Sankt Johann Baptist überführt.
Die Sankt-Josephs-Kirche ist einer der beeindruckendsten neogotischen Sakralbauten des Landes.
Die Serie
Von April bis Juli 2020 lädt das Tageblatt seine Leser zu einem Spaziergang durch die Geschichte einer außergewöhnlichen Stadt ein: Esch/Alzette, Hauptstadt des luxemburgischen Erzbeckens. Als Vorschau auf die Veröffentlichung des „Guide historique et architectural Esch-sur-Alzette“ im Juli 2020 stellt das Tageblatt jeden Tag eines der rund 150 für das Buch ausgewählten Gebäude vor. Georges Büchler, Jean Goedert, Antoinette Lorang, Antoinette Reuter und Denis Scuto sind die Autoren. Die Fotos stammen von Christof Weber. Der Stadtführer wird vom Luxembourg Centre for Contemporary History (C2DH) und der Gemeinde Esch herausgegeben und vom Verlag capybarabooks veröffentlicht. Die Texte und Fotos stellen nicht nur die verschiedenen Architekturstile vor, sondern gehen auch auf den historischen Kontext der Wohn- und Geschäftshäuser, Verwaltungs-, Industrie-, Sakral- und Kulturbauten ein. Die Herangehensweise ist chronologisch: Gezeigt werden Gebäude aus dem 18. Jahrhundert bis heute, vom Turm des Berwart-Schlosses zur Cité des Sciences, von Al Esch zu den Nonnewisen, vom Friedhof Sankt Joseph zum Café Pitcher. Der Führer beschreibt die Entwicklung der Stadt Esch und ihres Kulturerbes nicht nur aus der Perspektive der Kunst-, Architektur- und Urbanismusgeschichte, sondern auch aus jener der Sozial- und Industriegeschichte.
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Mam Bagger doduerch an Appartementer bauen fir lieweg Leit an net fir inexistent Gëtter.