Habran ist Bandenchef, aber kein Mörder

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Die Geschworenen des Lütticher Assisenhofes haben gestern nach einem sechs Monate dauernden Prozess und nach fünftägigen Beratungen ein Urteil über Marcel Habran und seine Komplizen gefällt. Joseph Lehnen

LÜTTICH – Nach Einschätzung der Geschworenen ist der 75-Jährige zwar der Chef einer kriminellen Vereinigung, einen oder mehrere Morde konnten „le Vieux“ aber nicht nachgewiesen werden. Dazu war die Beweislage zu dünn.
Was die Morde der Bande angeht, so antworteten die Geschworenen in den meisten Fällen mit einem Nein. Dadurch bleiben die Morde an Philippe Maréchal, Robert Bovenisty, Serge Pierrin und Pol Maréchal ungelöst. Pépé Rosato, Anouar Bennane und Tony Samardzic aber wurden für die Morde an Francesco Vella, Onofrio Cacciatore, Georges Hardy und Mario Tomasi verurteilt. Die Opfer stammten meist aus dem Lütticher Milieu, in dem zwischen Februar 2001 und September 2004 „aufgeräumt“ worden war.
Vollständig freigesprochen wurden Eric Weyns und Stefan Lewus. 415 Fragen hatten die Geschworenen beantworten müssen. Das Strafmaß wird wegen der Komplexität der Fälle wahrscheinlich erst am kommenden Dienstag festgelegt. Auf mehrere Bandenmitglieder warten schwere Gefängnisstrafen, einige riskieren lebenslänglich.
Während er für den Angriff auf einen Geldtransport am Luxemburger Flughafen Findel für unschuldig erklärt wurde, ist Bandenchef Marcel Habran nach Einschätzung der Geschworenen aber der Hauptverantwortliche für die blutige Attacke auf einen Brink’s-Geldtransport am 12. Januar 1998 in Waremme. Um diesen Überfall drehte sich der ganze Prozess hauptsächlich. Der Transporter wurde auf der E40 Richtung Lüttich von mehreren Fahrzeugen der Banditen umzingelt. Sie eröffneten dann das Feuer, der Fahrer und ein Begleiter ließen ihr Leben.

Dalem, Kremer, Schraenen und Buret

Für diese Morde wurde Habran nicht verurteilt, wohl aber Thierry Dalem. Für den Überfall auf einen Geldtransporter in Waremme haben sie den „Paten von Lüttich“ verurteilen können, nicht aber für den Überfall auf dem Findel. Verurteilt wurden dafür aber Thierry Dalem, Claude Kremer, Joël Schraenen und Vincent Buret. Thierry Dalem ist bisher schon viermal wegen Diebstahl und Gewalttaten verurteilt worden. In Lüttich war er nach Habran am meisten exponiert. Die Geschworenen sahen in ihm ebenfalls einen Bandenchef. Und meist hatte er während der Überfälle seinen Finger am Abzug, weshalb man ihn der beiden Morde in Waremme für schuldig befand. Eindeutig war er auch an dem Findel-Überfall beteiligt.
Claude Kremer war an dem Überfall in Waremme beteiligt, aber getötet hat er dort nicht. Bei dem Überfall in Dison war er dabei und bei dem Überfall auf die Crossair-Maschine auf dem Findel in Luxemburg. Claude Kremer wurde schon dreimal für gleichartige Taten verurteilt.
Und das Strafregister des Joël Schraenen war mit vier Verurteilungen ebenfalls schon vor dem Prozess umfangreich. Dieser ist der dritte Gangster, der in Zusammenhang mit der Findel-Affäre gestern verurteilt wurde. Er war auch in Waremme dabei und wurde gleichzeitig auch noch als Bandenchef verurteilt.
Der vierte Gangster im Luxemburger Quartett ist Vincent Buret, der sich zurzeit auf der Flucht befindet. Auch er wurde als Bandenchef verurteilt. Was den Findel-Überfall angeht, so fand die Jury, dass erschwerende Umstände hinzukommen. Gegen ihn wurde der Mordversuch an vier Polizisten festgehalten. Seit seinem 18. Lebensjahr gehört Vincent Buret zu Banden in Belgien, Frankreich und Spanien, wo er am Drogenhandel beteiligt war. Schon fünf Mal ist er aus dem Gefängnis ausgebrochen: Hasselt, Mons, Forest, Lantin und Bobigny. Insgesamt wurde er schon elf Mal verurteilt, gestern also zum zwölften Mal.