LeserforumGoogle – Schach dem König?

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Wie lange schon mussten wir herhalten … für die Köpfe anderer? Wie lange schon mussten wir uns verteidigen … vor den fremden Geistern? Wir sind jetzt so weit, nun ist unsere Zeit, … es ist unser Leben! … wir sind dagegen!

Oder auch: Angriff der Bauern! So das einführende Teilzitat eines kaum bekannten Gedichtes. Das Spiel, das an dieser Stelle – natürlich zweckentfremdet – bemüht werden soll, dürfte allerdings umso mehr bekannt sein. Es gibt anspruchsvolle Brettspiele wie Backgammon, Halma oder Dame. Die Menschheit hat neben diesen Brettspielen auch einige Kartenspiele von hohem Niveau hervorgebracht, wie Skat oder Bridge – und natürlich auch andere, je nach Land oder Kulturkreis. Dennoch steht seit Jahrtausenden fest, dass es keines der genannten oder auch ungenannten Spiele mit dem Schachspiel aufnehmen kann. Nur wer das königliche Spiel nicht näher kennt, kann darüber verwundert sein. Ein Spiel mit einer wahrlich besonderen Faszination, wie es nicht nur Stefan Zweig in seiner weltbekannten Schachnovelle in besonderem Kontext beschrieb. Schach ist ein wahrlich breit gefächertes Thema, weit mehr als „nur“ ein Brettspiel mit besonderer Eigenart und Faszinationskraft.

Schach ist Strategie, Psychologie und Philosophie – und noch viel mehr! Egozentriker, Genies, Opferkünstler und „kalte Krieger“ agier(t)en in dieser besonderen Welt des Schachs – wie Kasparow, Karpow, Aljochin, Spassky, Fischer oder andere große Namen dieses Spiels. Wie auch Morphy, der erste inoffizielle Weltmeister der Schacharena – im Jahre 1857. Wie kein anderer Spieler seiner Zeit verstand er es, seine Figuren harmonisch und aktiv aufzustellen und so seine Angriffe auf eine solide positionelle Grundlage zu stellen. Paul Morphy – der Amerikaner, der Prototyp eines Helden: jung, gut aussehend, genial, wie er beschrieben wurde. So wie heuer die modernen Helden eines gewissen modernen Internetkonzerns sich selber sehen – nur auf einem modernen Schlachtfeld, mit anderen Kampfmitteln operierend, jedoch auf ihre Art und Weise die diversen Schachfiguren auf ihrem Schachbrett, das den gesamten Globus umfasst, nach Gusto herumtanzen zu lassen gedenken – und das nach ihren Regeln! Und die Figuren tun es … ganz freiwillig? „Die Gegner setzen sich selbst matt. Man muss nur etwas warten.“ So jedenfalls die Theorie des Schachgroßmeisters Siegbert Tarrasch, dessen Tarrasch-Verteidigung weltbekannt wurde.

Bauer, Läufer, Springer, Turm, Dame, König. 8 – 2 – 2 – 2 – 1 – 1: Die 16 Figuren in der Grundstellung des königlichen Spiels, das eben Schach genannt wird. Nicht ganz daneben, diese Metapher im Kontext Google, der Netzgigant, der seine ihm hörigen Figuren mit den Methoden des modernen Smart-Managements auf seinem speziellen Schachbrett herumwirbeln lässt – bis der König schachmatt steht. Der König, sprich das (kritische) Volk, im Sinne dieser Zeilen, versteht sich. Wer denn nun Läufer, Springer, Turm, Dame oder eben Bauer auf dem Schachbrett sein darf, ist in der Tat und im Endeffekt völlig egal – Hauptsache ist, der König fällt, und der wahre „Schah“, sprich der Netzgigant, gewinnt! Denn von da kommt nämlich der Name des Spiels – um zum Ursprung des königlichen Spiels zurückzukehren. Der Begriff Schach entstammt dem persischen Begriff „Schah“, sprich „Herrscher“ oder „König“.

Und wer in der modernen, digitalen Welt, die uns alle wie die Bauern auf dem Schachbrett beherrschen will, das globale Sagen hat oder es haben will, dürfte wohl bekannt sein … Doch Vorsicht, ein Bauer kann „en passant“ schlagen oder auch eine „Umwandlung“ erreichen – beispielsweise in eine Dame –, wenn er die gegnerische Grundreihe erreicht hat. Und dann könnte es heißen „The king Google is checked“!

Egal wie: Das letzte Wort in der Causa Google-Datacenter ist jedenfalls noch längst nicht gesprochen!

Schach – und Matt?