Gläubige Pilger und Parodien

Gläubige Pilger und Parodien
(dpa)

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Nach Eröffnung der Heilig-Rock-Wallfahrt ist in Trier auch die angebliche "Heilige Unterhose" von Karl Marx zu sehen. Und zwei Künstler fordern als Papst und Hitler mehr Distanz zwischen Kirche und Staat.

Als Parodie auf die Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier hat ein Künstler die „Heilige Unterhose“ von Karl Marx ausgestellt. „Die Heilig-Hos‘-Wallfahrt ist eröffnet“, sagte der Künstler Helmut Schwickerath am Samstag bei der Enthüllung des Kunstwerks. Das dreiflügelige spätmittelalterliche Altar-Gebilde mit der langen, orange-braunen Unterhose im Zentrum solle „ein provozierendes Gegenstück“ zum Heiligen Rock sein. Das Kunstwerk steht in einem Schaufenster unweit des Museums Karl-Marx-Haus in Trier. Philosoph Marx wurde 1818 in Trier geboren.

Immer mehr Pilger strömten unterdessen nach Trier: Am Samstag seien rund 17.000 in den Dom gekommen, sagte eine Sprecherin am Sonntag. Aus Luxemburg reisten am Samstag rund 1600 Gäste an – darunter auch Ministerpräsident Jean-Claude Juncker. Die Wallfahrt war am Freitag in Trier eröffnet worden. Im Zentrum steht die Tuchreliquie „Heiliger Rock“ – das Gewand, das Jesus Christus bei seiner Kreuzigung getragen haben soll. Es ist erstmals seit 16 Jahren wieder zu sehen. Die katholische Kirche erwartet zu der Wallfahrt rund 500.000 Pilger. Der Legende nach hat die Heilige Helena das Gewand der Trierer Kirche zum Geschenk gemacht. Rock-Wallfahrten gibt es in Trier seit 500 Jahren.

Beinkleid

Künstler Schwickerath hat das Marx’sche Beinkleid („Longjohn“) in die Mitte eines „Triptychons“ platziert. Links daneben sind Marx‘ Haushälterin Helena Demuth und rechts Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht abgebildet. „Sie stellt die Evangelistin von Karl Marx dar“, sagte Schwickerath. Bei „seiner“ Reliquie werde auch Ablass gewährt.

Schwickerath hat sich für die Marx-Unterhose eine Legende zusammengedichtet: Haushälterin Demuth habe das gute Stück auf einer Reise von London in ihre saarländische Heimat mitgenommen, um es zu stopfen. Die Hose gelangte in die Hände ihres Schwagers und blieb lange verschollen – bis ein Forscher sie Ende des 20. Jahrhunderts bei dem letzten Überlebenden der Familie auf dem Speicher fand. Die Hose wird vier Wochen lang zu sehen sein. Erstmals war sie bei der letzten Heilig-Rock-Wallfahrt 1996 auf einem „Altar“ ausgestellt worden.

Vor der Unterhosen-Enthüllung hatten zwei Künstler zur Wallfahrt als Papst und Adolf Hitler verkleidet gegen die Verbindung von Kirche und Staat protestiert. Bei ihrem Gang durch die Innenstadt stoppten sie vor dem Dom, der Porta Nigra und anderen Sehenswürdigkeiten, um Passanten und Pilger zu grüßen. Kurzzeitig führten Polizisten die Künstler auf eine Wache, um die Personalien festzustellen. Mit der Aktion „Papst trifft Hitler“ forderten die Künstler Wolfram P. Kastner und Linus Heilig eine klare Trennung von Kirche und Staat. „Wir wollen zum Nachdenken anregen“, sagte der Münchner Kastner.