Geschichts-Unterricht für britische Presse

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LUXEMBURG - Empörung bei den Zwangsrekrutierten. Das britische Boulevard-Blatt "The Sun" hat sie in die Nähe von Nazi-Kollaborateuren gerückt. Darunter auch Jean-Claude Junckers Vater.

„Juncker Family’s Nazi Link“ hatte die Londoner „The Sun“ am 8. Juni 2014 getitelt. Ein trauriger Höhepunkt der britischen Anti-Juncker-Kampagne, die seit Wochen gegen den Anwärter auf das Amt an der Spitze der EU-Kommission geführt wurde. Konkret ging es dabei um einen Beitrag über Jean-Claude Juncker, dessen Vater quasi als Nazi verunglimpft wurde. Damit sollte auch der Anwärter auf den EU-Kommissionsvorsitz selbst in die braune Ecke gedrückt werden. Junckers Vater war einer der Tausenden zwangsrekrutierten jungen Luxemburger während des Zweiten Weltkriegs.

In einem Schreiben an die Redaktion von „The Sun“ hat die Föderation der Zwangsrekrutierten und Opfer des Nazismus (Fedef) nun um eine Richtigstellung gebeten. An die britische Botschafterin in Luxemburg, Alice Walpole, ging ein Protestschreiben. Darin empört sich die Fedef über die allgemeine Fehlinterpretation, wonach Luxemburger, die in die Wehrmacht eingezogen worden waren, für Hitler gekämpft und sich damit der Nazi-Ideologie verschrieben hätten. Wahr sei vielmehr, dass sich diese jungen Menschen opferten, um eine Deportation ihrer Familien nach Schlesien in Polen zu vermeiden. Was eingetreten wäre, hätten sie sich dem Stellungsbefehl verweigert. Dennoch seien viele desertiert, hätten auf Seiten des Widerstands oder der alliierten Kräfte gekämpft oder hätten sich bis Kriegsende versteckt.

Die Fedef erinnert daran, dass insgesamt etwa 11.200 junge Luxemburger der Jahrgänge 1920-1927 in die Wehrmacht eingezogen und als Kanonenfutter hauptsächlich an die Ostfront geschickt wurden. 3.100 von ihnen starben, 1.600 kamen schwerverletzt zurück und starben vorzeitig. Andere wiederum mussten in Militärgefangenenlagern schmachten u.a. auch in solchen in britischer Hand.