Gerade jetzt die Kaufkraft stärken

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Beim gestrigen Treffen des OGB-L-Nationalvorstands standen Personalfragen sowie der Bericht der vorigen Tripartite-Versammlung im Mittelpunkt der Diskussionen. Vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten müsse die Kaufkraft der Arbeitnehmer gestärkt werden, fordert die größte Gewerkschaft des Landes./ Claude Molinaro

Hauptthema bei der gestrigen Sitzung des Nationalvorstands war der Bericht der vorigen Sitzung des Koordinationskomitees der Tripartite. OGB-L-Präsident Jean-Claude Reding wies darauf hin, dass eine Reihe internationaler Organisationen für die nahe Zukunft eine Verschlimmerung der Lage vorausgesagt haben. Die Arbeitslosigkeit werde weiter ansteigen und für einige Betriebe werde es schwer werden. Der Wirtschafts- und Sozialrat der EU hat einige Vorschläge für einen Ausweg aus der Krise gemacht, die sich im Großen und Ganzen mit den Vorstellungen der Gewerkschaft decken.
Seit Jahren sei die Wirtschaftspolitik der EU darauf angelegt, die Produktionsbedingungen zu verbessern. Die Kaufkraft der Arbeitnehmer sei jedoch dabei außer Acht gelassen worden. Jetzt sei eine antizyklische Politik erforderlich, die vor allem die Kaufkraft der Arbeitnehmer stärke. Man müsse wissen, so Jean- Claude Reding, dass eine Steigerung der öffentlichen Ausgaben gerade in diesen Zeiten angebracht sei.
Man dürfe sich auch nicht scheuen, mal über die Einnahmen des Staates nachzudenken, anstatt immer nur über die Ausgaben. In diesem Zusammenhang müsse man auch in Luxemburg wieder die Frage nach der Umverteilung des vorhandenen Reichtums stellen.

Luxemburgs Vorteile

 Generalsekretär ernannt


André Roeltgen ist ab sofort neuer Generalsekretär (GS) des OGB-L. Infolge einer internen Neuverteilung
der Aufgaben wurde dieser
Posten neu geschaffen.
Der GS ist verantwortlich für folgende Bereiche:
Beschäftigungspolitik, insbesondere für Fragen des Arbeits- und Sozialrechts
Politik der Kollektivvertragsverhandlungen
Sozialdialog in den Betrieben.
Der GS koordiniert ebenfalls die Arbeit des OGB-L in
Verbindung mit dem
„Office national de conciliation“ und vertritt die
Gewerkschaft innerhalb des „Conseil économique et
social“.
Intern ist der Generalsekretär verantwortlich für:
die Personalpolitik und die Weiterbildung
die informatische Verwaltung und
die Mitgliederwerbung.

Was die inländische Situation betrifft, so erinnerte Jean-Claude Reding daran, dass die Patronatsseite vor kurzem auf drei Vorteile Luxemburgs hingewiesen habe: einen gesunden Staat, wettbewerbsfähige Betriebe und eine starke soziale Kohäsion. Der OGB-L könne sich dieser Analyse nur anschließen und hoffe, dass die Arbeitgeber sich auch an diese Aussagen erinnern, wenn sie ihre Forderungen darlegen werden.
Für den unabhängigen Gewerkschaftsbund war es ein ganz klarer Fehler, die Gehaltsentwicklung zu bremsen. Bei den Kollektivvertragsverhandlungen müsse dies bedacht werden, vor allem, da es noch lange nicht allen Betrieben schlecht gehe. Die Summen, welche durch die Indexmodulierung gespart wurden, seien nicht als Investitionen, sondern als Spekulationen benutzt worden. Die Unterstützung, welche die Regierung dem Bankenplatz gewährt hat, wird auch weiterhin gutgeheißen, sei aber bei weitem nicht genug: Zahlreichen Klein- und Mittelbetrieben müsse ebenfalls geholfen werden. Investitionen, die schon länger vorgesehen sind, sollten jetzt vorgezogen werden.
Da die meisten Prognosen davon ausgehen, dass die wirtschaftliche Situation sich nicht so schnell verbessere, müsse man sich schon jetzt Gedanken darüber machen, wo in den Jahren 2010 und 2011 investiert werden soll. Die neuen steuerlichen und familienpolitischen Maßnahmen begrüßt der OGB-L zwar, ist jedoch der Meinung, dass diese noch weitergehen könnten. Als Beispiel seien die „chèques-service“ genannt, die bis dato nur Familien mit Kindern unter zwölf Jahren zugutekommen.
Es gebe auch noch andere Möglichkeiten, die Kaufkraft der Arbeitnehmer zu erhöhen, man brauche nur etwas Fantasie. Die Beträge der „chèque-repas“ seien z.B. schon ewig lange nicht mehr angepasst geworden. Oder warum nicht den Angestellten die Kosten für den öffentlichen Transport bezahlen? Möglichkeiten gebe es genug.
Was den Index angehe, so geht der OGB-L davon aus, dass er 2010 wieder normal weiterangewendet wird. Es brauche dafür kein spezielles Gesetz, da der Index ja nicht abgeschafft, sondern nur zeitweise ausgesetzt wurde.

Die Forderungen

Der OGB-L schlägt vier Maßnahmen zur Überwindung der Krise vor: eine anti-zyklische Politik mit großen Investitionsprogrammen, eine vertrauensbildende Politik, welche vor allem den Index nicht in Frage stellt und keine Einschnitte in das Sozialsystem vornimmt, weitere familienpolitische Maßnahmen, eventuell bis zu einer gratis Kinderbetreuung und einer Ausweitung der „chèques-service“, und eine aktive Beschäftigungspolitik. Man müsse bedenken, dass die Arbeitslosigkeit in einem Monat um 6,6 Prozent gestiegen ist. Insgesamt seien nun fünf Prozent der aktiven Bevölkerung ohne Arbeit. 47 Prozent der Arbeitslosen seien mittlerweile über 40 Jahre alt.
Deshalb fordert der OGB-L den Ausbau der Politik des „maintien dans l’emploi“. Betrieben, die staatliche Zuschüsse erhalten, müssten diese bei Entlassungen gestrichen werden, eventuell müssten sie sogar bestraft werden. Neben der Tripartite beschäftigte sich der Nationalvorstand noch mit internen Personalfragen. René Pizzaferri scheidet aus dem Exekutivbüro aus. Sein Aufgabenbereich wird von Carlos Pereira übernommen. Wegen der Neuverteilung der Aufgaben infolge der Sozialwahlen entschloss sich der Vorstand, die Funktion des Generalsekretärs wieder einzuführen. Auf den Posten wurde André Roeltgen gewählt (s. Kasten).
Der Nationalvorstand hat schließlich noch einen Entwurf eines Abkommens zur Bekämpfung von Mobbing und Gewalt am Arbeitsplatz gutgeheißen. Diese Konvention soll in Kürze mit der Patronatsvertretung „UEL“ unterschrieben werden.