Geiz ist nicht geil

Geiz ist nicht geil

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Solidarwirtschaft, soziale oder partizipative Ökonomie: Es gibt mehrere Ansätze einer Alternative zur kapitalistischen Marktwirtschaft, die nicht unbedingt im bösen Kommunismus enden müssen.

Eine dieser Alternativen ist die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ), deren prominentester Vertreter, der Österreicher Christian Felber, am Mittwoch eine Konferenz zu dem Themaim Münsbacher OikopolisZentrum gab.

Auf welchen Werten bauen Sie ihre Freundschaften auf? Sehr wahrscheinlich handelt es sich dabei um Werte wie Vertrauen, Wertschätzung, Solidarität, Treue und Kooperation. Wenn dem so ist, befinden Sie sich laut Christian Felber im Einklang mit allen anderen Befragten.

Am Mittwoch im Oikopolis machte Felber die Probe aufs Exempel und befragte die rund 70 Zuhörer, die genau diese Begriffe angaben. Den Kapitalismus hingegen brachten die Zuhörer mit genau entgegengesetzten Werten in Verbindung: Ausbeutung, Misstrauen, Geiz, Profitsucht. Auf diese Erkenntnis gestützt, hat Felber ein Wirtschaftsmodell entwickelt, das auf den Freundschaftswerten aufbaut.

Ziel der Wirtschaft soll dabei nicht mehr der Gewinn sein, sonder das Wohl der Gemeinschaft, wie es übrigens in einigen Verfassungen festgehalten ist. Die bayrische sagt in Art. 151: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl (…)“.
In der Präambel der US-amerikanischen Verfassung heißt es: „Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, von der Absicht geleitet (…), das allgemeine Wohl zu fördern (…)“. Von diesen Ansprüchen ist die Marktwirtschaft jedoch weit entfernt. „Geiz ist geil“ sei das genaue Gegenteil, meint Felber.

Gewinnstreben und Konkurrenz sollen in Felbers Wirtschaftsmodell durch das Gemeinwohlstreben und Kooperation ersetzt werden. Ob eine Wirtschaft oder ein einzelner Betrieb erfolgreich ist, soll nicht mehr mittels des monetären Gewinns berechnet werden, sondern durch ein BIP des Gemeinwohls, des „bien-être“, wie er vor Monaten vom Wirtschafts- und Sozialrat vorgestellt wurde.

Wichtig in den GWÖ-Überlegungen ist die Rolle, die dem Geld in einer solchen Wirtschaft zukommt: Es soll nur als Mittel zum Zweck dienen, und nicht als Selbstzweck. Gewinne der Unternehmen dürfen nicht zur Vermögensbildung dienen, sondern müssen in die Firmen investiert werden sowie die Einkommen und die Altersversicherungen abdecken.

Unternehmen, die sich diese Prinzipien zu eigen machen, sollen rechtliche Vorteile erhalten wie z.B. niedrigere Steuern oder günstigere Kredite. Voraussetzung für Letzteres ist natürlich eine eigens dafür zu gründende „Demokratische Bank“: Anstatt Gewinne auszuschütten, sollen GWÖ-Unternehmen zinnslose Kredite gewährt werden.

Gemeinwohl-Bilanz

Bleibt natürlich das Problem, wie man den unternehmerischen Erfolg hinsichtlich des Gemeinwohls misst. Die Initiatoren der GWÖ haben dafür eine spezielle Bilanz entworfen. Anhand von 17 Indikatoren erhält ein Produkt mehr oder weniger Punkte. Mittels einer Skala – z.B. wie die eines Energiepasses für Gebäude – kann der Verbraucher auf einen Blick erkennen, wie sehr das jeweilige Produkt das Gemeinwohl berücksichtigt.

Ein wahrer Liberaler

In einer solchen Wirtschaft sollen auch die Einkünfte beschränkt werden. Felber schlägt eine Einkommensobergrenze des Zehnfachen des gesetzlichen Mindestlohnes vor und eine Begrenzung des Privatvermögens auf zehn Millionen Euro. Das Schenkungs- und Erbrecht will er auf 500.000 Euro begrenzt sehen.

Dass dadurch die Rechte Einzelner beschnitten werden, ist für Felber nur eine logische Konsequenz alles Vorherigen. Wenn alle die gleichen Rechte besitzen sollen, so müssen notgedrungen die Rechte einiger weniger beschnitten werden. Ferber sieht sich damit als wahrer Liberaler.