Bleierne Stille liegt Dienstag über der Sackgasse, in der sich zwei Nächte zuvor das Drama abgespielt hat. Keine spielenden Kinder auf der Straße und heruntergelassene Rollläden an den Häusern rund um die Nummer 1 in der rue Paul Verlaine. Nicht nur das verlassen da liegende, graue, etwas von der Straße zurückgesetzte und von hohen Hecken umgebene Haus, aus dem die attraktive 38-jährige Französin entführt wurde, verströmt Diskretion. Fragende Journalisten werden abgewimmelt oder gar nicht erst vorgelassen. Der Maulkorb geht bis zur ermittelnden Staatsanwaltschaft in Nancy, „kein Kommentar“ heißt es lapidar auf Anfragen von dort.
Der einzige Zeuge
Brisanz erhält die Geschichte durch die Tatsache, dass derjenige, der nach dem Überfall die Polizei verständigte und per Anwalt klarstellen ließ, er sei nicht der Lebensgefährte des Opfers, niemand Geringeres als der luxemburgische Geschäftsmann Gerard Lopez ist. Der gebürtige Escher ist Präsident des Luxemburger Fußball-Vizemeisters Fola Esch, Investor und Mitbesitzer des Formel-1-Rennstalls Lotus.
Über seinen Anwalt ließ er am Mittwoch verlauten, man sei „sehr gute Freunde, und das seit mehr als 20 Jahren“. Das erkläre auch die Anwesenheit von Lopez beim Überfall. Das Statement von dessen Rechtsanwalt Nicolas Huc-Morel meldete ganz offiziell die französische Nachrichtenagentur AFP. Huc-Morel stellte dabei auch klar, dass der Fall in keiner Beziehung zu seinem Klienten stehe. Im Dorf wird gemunkelt, dass vor der Tür der Entführten hin und wieder große, teure Autos aus Luxemburg geparkt haben sollen.
Bis ins Großherzogtum
Damit gehen die Ermittlungen aber wohl auch in Richtung Großherzogtum, wo ein Rechtshilfeersuchen der französischen Kollegen vorliegt. Das bestätigte am Mittwoch Justizsprecher Henri Eippers dem Tageblatt gegenüber und auch, dass er noch keine Einsicht in die Akte gehabt habe. Ob es da viel zu lesen gibt, muss offen bleiben, denn aus Polizeikreisen heißt es, man tappe „völlig im Dunklen“.
In der Tat wirft die Geschichte Fragezeichen auf. Bislang gibt es offensichtlich keine Lösegeldforderung. An wen auch? Die Entführte, Stéphanie Turci, ist geschieden, ihre beiden Kinder (8 und 10 Jahre alt) leben beim Vater, der das Sorgerecht für die beiden hat. Bis Ende 2013 betrieb sie eine Edelboutique mit Designerkleidung in der Grand-rue in der Hauptstadt.
Auch wurde der Renault Espace, in den das Opfer gestoßen wurde, wie der Républicain Lorrain berichtete, bislang nicht gefunden. Sind die Hintergründe der Tat überhaupt im Privatleben des Opfers zu suchen? Ist es gar eine Art „Vendetta“, wie AFP angesichts der Pistole mit Schalldämpfer, die mit im Spiel war, spekulierte? Die rue Paul Verlaine in Mexy ist ein Neubaugebiet, in dem viele Luxemburg-Pendler wohnen. Man geht morgens früh und kommt abends spät, kennen tut man sich nicht wirklich.
De Maart

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