Fisch statt Aktenordner

Fisch statt Aktenordner
(Fabrizio Pizzolante)

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LUXEMBURG - Alex Bodry, Dan Kersch und Georges Engel sind eigentlich Amtsträger. Am Bürgermeistertag auf der Schobermesse tauschen sie allerdings dicke Aktenordner gegen Teller. Vornehmlich mit gebackenem Fisch und Pommes.

„Wenn wir zu Hause Besuch haben, räume ich den Tisch ab“, verrät uns Roby Biwer kurz vor seinem Einsatz. Zusammen mit 18 Amtskollegen aus ganz Luxemburg band er sich am Dienstagabend eine schmucke Schürze um und trat kurz nach 18 Uhr zum Dienst als Kellner an. Schon zum vierten Mal ist er dabei und freut sich jedes Mal, einen Blick hinter die Kulissen des Rummels werfen zu dürfen. Vor Jahren hatte Bettemburgs Bürgermeister als Kellner in einem Restaurant gejobbt, heute hilft er auf der „Fouer“ aus. Besonders vorbereitet hat er sich nicht, bequeme Schuhe müssen reichen.

Doch bevor es richtig losgehen kann, bekommen die Bürgermeister erst einmal eine passende Schürze überreicht. Eine Trikolore und der Schriftzug „Buergermeeschter …“ ließen die Gäste den Laien-Kellner sofort erkennen. Da wurde schon mal durch die Finger geschaut, wenn der Salat verrutscht oder die Hälfte der Pommes auf dem Weg zum hungrigen Gast verschwunden war. „Ich habe das ganze Jahr über zu Hause den Tisch abgeräumt. Als Training sozusagen“, scherzt der Sassenheimer Bürgermeister Georges Engel. Überprüfen konnten wir das freilich nicht, aber sein Engagement auf Zeltfesten dürfte ihm zur Hilfe gekommen sein. Ein Wiedersehen feierte Jeannot Jeanpaul aus Küntzig: „Im Lokal ‚Chez Irène‘ habe ich schon als Student ausgeholfen.“

Bedienen und Tische abräumen

Wir haben Georges Engel beim Dienstantritt begleitet. Mit Rucksack (für Sonnenbrille und Geldbörse), bequemen Schuhen und Schürze stand er pünktlich beim Grillpalast auf der Matte. Nach dem Kennenlernen seiner jüngeren Kollegen erhielt er die nötigen Anweisungen. Seine Aufgabe: bedienen und Tische abräumen. „Mit den Bestellungen und dem Geld möchte ich nichts zu tun haben“, so Engel.

Richtig ins Schwitzen geriet nur wenige Schritte entfernt Alex Bodry. Und zwar nicht wegen der Arbeit, sondern wegen der Hitze. „Es herrscht nicht allzu viel Betrieb, das liegt wohl am Wetter“, schätzt der Politiker. Und Dan Kersch übt sich im Schwarzwald Christel im Kopfrechnen. „Die größte Schwierigkeit liegt darin, dass wir die Preise nicht im Kopf haben. Aber wir haben schon Schlimmeres erlebt.“ Mit etwas Hilfe vom Personal kommt aber jeder zu seinem.

„Roby Biwer muss auch fegen“

„Er macht seine Arbeit ganz gut“, lobt eine Angestellte Roby Biwer, erwähnt aber im gleichen Atemzug, dass er „auch fegen muss“. Kein Bürgermeister-Bonus demzufolge. Zufrieden zeigt sich auch Patrick, der das „Restaurant an der Flesch“ betreibt. „Wir können ihn (Claude Marson) ruhig einstellen. Aber er ist ja auch nicht zum ersten Mal hier.“

Nur wer schnell und professionell arbeitet und dabei stets höflich ist, hat eine Chance auf eine Anstellung. Doch nicht nur die Chefs sind mit ihren Neulingen zufrieden, auch die jungen Kollegen fällen ein positives Urteil: „Se maache sech ganz gutt. Bis elo hu se nach näischt fale gelooss, awer dat kann nach kommen“, kommentieren Linda und Alex, die in der Friture Armand zusammen mit Paul Helminger, Roger Weber und Marc Lies bedienen. Bis 22 Uhr, dann durften sich die Laien aus dem Staub machen.

Lohn wird gespendet

Linda, Alex und die anderen Hilfskräfte mussten noch bis Feierabend um 1.00 Uhr durchhalten.
Der symbolische Lohn der Bürgermeister wird dem luxemburgischen Roten Kreuz gespendet.