Feinschliff an der Polizeiorganisation

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Zehn Jahre nach dem Votum des Gesetzes über die Fusion von Polizei und Gendarmerie im Mai 1999 zog das Parlament gestern im Rahmen einer Orientierungsdebatte Bilanz. Generell habe sich die Reform als richtig erwiesen, so der allgemeine Tenor. In einer Resolution wird die Regierung allerdings aufgefordert, einen Feinschliff vorzunehmen. Léon Marx

Der Berichterstatter der juristischen Kommission, Félix Braz („déi Greng“), machte gleich zu Beginn deutlich, dass es nicht um die Aufklärung der „Bommeleeëraffär“ gehe. Das sei nun wirklich Aufgabe der Justiz und nicht des Parlaments. Richtig sei aber, dass die IGP („inspection générale de la police“) als unabhängiges Kontrollorgan der neuen, 1999 geschaffenen „police grand-ducale“ im Zusammenhang mit dieser Affäre 2007 unvermittelt ins Rampenlicht rückte, als sie im Auftrag des Justizministers ein Gutachten über die Funktionsweise der früheren Gendarmerie Ende 1985 durchführte.
Ohne die 1999er Reform hätte diese Aufgabe den Sicherheitsapparat wohl gesprengt, so Braz. Das Prinzip der unabhängigen externen Kontrollen durch die 14 Beamten der IGP habe sich generell bewährt, so der Berichterstatter. Die Justizkommission sei allerdings der Ansicht, dass sich ein Problem der Unabhängigkeit der IGP aus der Tatsache ergibt, dass die Mitglieder nur zeitlich abdelegiert sind und jederzeit wieder in den „normalen“ Polizeidienst zurückkehren können. Man verstehe aber auch, dass innerhalb einer relativ kleinen Verwaltung die Aufstiegsmöglichkeiten stark eingeschränkt seien, was, bei einer Blockierung der Rückkehr, die IGP-Laufbahn unattraktiv mache.
In einer Resolution, die am Ende der Sitzung einstimmig angenommen wurde, fordert das Parlament die Regierung indes dazu auf, die Rückkehr von IGP-Beamten in den Polizeidienst bei der Novellierung des Gesetzes auszuschließen. Im Gegenzug soll den IGP-Beamten aber der Wechsel in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes ermöglicht werden.
Patrick Santer (CSV) sprach in seiner Intervention von „einem latenten Interessenskonflikt bei den IGP-Beamten“. Auch wenn es bislang nie solche Probleme gegeben habe, könne man das nicht völlig ausschließen.
Deutlich brutaler fiel die Analyse von Xavier Bettel (DP) aus. In der vom Berichterstatter kurz angeschnittenen „Bommeleeëraffär“ sei der Bericht der IGP über die Arbeit der Gendarmerie 1985 butterweich rübergekommen. Ein Brief von Staatsanwalt Robert Biever sei dagegen regelrechter Sprengstoff gewesen und habe bekanntlich zur Amtsenthebung von zwei hohen Funktionären geführt. Mit harten Worten kritisierte er den Ringelreigen der Polizisten zwischen Polizei und IGP. „Das ist nicht gut.“ Bettel forderte, dieses Treiben zu unterbinden. Gegen Wechsel von der IGP zu anderen Staatsdiensten sei allerdings nichts einzuwenden.
Von Alex Bodry (LSAP) kam als einzigem der Hinweis, dass sich ein ähnliches Problem auch in dem Fall stellen würde, stünde ein Vertreter der Magistratur an der Spitze der IGP. „Es wäre juristisch komplex, wenn der Chef einer Institution einem anderen Minister unterstellt wäre als die Institution selbst.“

Doppelspitze und eigenes Statut

Genau dieses Problem könnte sich aber nach der Reform stellen. Die Kommission empfiehlt in ihrer Resolution nämlich auch die Schaffung einer Doppelspitze für die IGP, mit einem „inspecteur général“ und einem „inspecteur général adjoint“, von denen einer aus dem Polizeidienst und der andere aus der Magistratur kommen muss. Die – erneuerbaren – Nominationen erfolgen für jeweils sieben Jahre. Die IGP soll, so der Wunsch der Abgeordneten, bei der Reform auch ein eigenes Statut bekommen.
Als letzte Rednerin ergriff gestern Colette Flesch von der DP das Wort. Sie erinnerte an die Debatten von 1999. Die Organisation der IGP sei damals eigentlich kein Thema gewesen. Damals, kurz vor den Wahlen, drehten die Diskussionen vor allem um die Autorität der Bürgermeister. (Die bis dahin bestehende Polizei war ihnen als Stadtoberhaupt unterstellt.) Sie habe aber keine Probleme mit der vorgesehenen Reform, so Flesch. Das System der Doppelspitze werde aber nur funktionieren, wenn die Kompetenzen der beiden Direktionsmitglieder klar definiert und abgegrenzt sein.
Justizminister Luc Frieden zeigte sich sichtlich zufrieden über den Verlauf der Debatte, verpasste dem Aktionsdrang der Abgeordneten aber gleich auch einen mächtigen Dämpfer. In dieser Legislaturperiode werde nichts mehr passieren. Die punktuelle Reform der IGP sei eine Aufgabe für die nächste Regierung.