Ein Toter und vier Verletzte in Wiltz„Es war nicht meine Absicht“, sagt der Beschuldigte

Ein Toter und vier Verletzte in Wiltz / „Es war nicht meine Absicht“, sagt der Beschuldigte
2. Januar 2019: Spurensicherung in Wiltz. Ein Kind von zwei Jahren ist gestorben, vier Menschen wurden schwer verletz. Die „Cité des Martyrs“ ist entsetzt. Der Beschuldigte gibt an, sich nicht zu erinnern.  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Am Nachmittag des 2. Januar 2019 fährt in Wiltz ein Auto in eine Menschenmenge. Unter den fünf Opfern ist auch die frühere Freundin des Fahrers und der gemeinsame Sohn. Der zweijährige Junge überlebt den Aufprall nicht. Hat der heute 49-jährige Beschuldigte bewusst getötet oder nicht? Das ist die Frage, die das Gericht in Diekirch seit Montag zu beantworten sucht.

Es ist nicht nichts und es war nicht niemand. Fast zweieinhalb Jahre nach der Tat wird dem beschuldigten Fahrer Mord, versuchter Mord, Totschlag und versuchter Totschlag sowie schwere Körperverletzung vorgeworfen. Die Frage, die das Gericht klären muss, ist, mit welcher Absicht und in welchem Zustand der heute 49-Jährige die Tat begangen hat. In anderen Worten geht es darum herauszufinden, inwiefern er schuldig ist.

Fest steht, dass sein Auto gegen 15.00 Uhr am Nachmittag des 2. Januar 2019 in der rue Grande-Duchesse Charlotte in Wiltz eine fünfköpfige Menschenmenge erfasst, die nahe dem Krankenhaus auf dem Bürgersteig spaziert. Die Geschwindigkeit des Fahrzeugs könne zwischen 40 und 60 km/h betragen haben, sagt ein Experte, der den Unfallhergang untersucht hat.

Unter den Opfern sind auch die ehemalige Lebenspartnerin des Täters und der gemeinsame Sohn. Das zweijährige Kind erliegt am Unfallort seinen Verletzungen. Die übrigen Opfer, darunter auch der neue Partner der Frau, werden schwer verletzt. Wäre Letzterem nicht schnell geholfen worden, wäre wahrscheinlich auch er seinen Verletzungen erlegen, sagt der Experte. 

Ohne Absicht

Der Beschuldigte ist ein mittelgroßer, grauhaariger Mann. Sichtbar nervös wirkt er nicht. Zu Beginn der Gerichtssitzung sagt er mit fester Stimme, dass er nicht die Absicht gehabt habe, zu töten, es sei anders gewesen, als es oft dargestellt würde.

Doch wie war es? Der Angeklagte kann am Montag nicht zur Wahrheitsfindung beitragen. Laut Gutachtern aus verschiedensten Fachbereichen soll er angegeben haben, sich nicht im Geringsten an die Tat zu erinnern. Was kurz davor und unmittelbar danach passiert ist, wisse er allerdings. Zum Beispiel, dass er kurz vor der Tat seine Ex-Partnerin in der Menschenmenge erkannt und mit dem Auto gewendet habe, um das Gespräch mit ihr zu suchen. Oder dass er nach der Tat nicht weggelaufen sei, sondern versucht habe, Erste Hilfe zu leisten. Dazwischen herrscht Leere.

Dass er sich nicht daran erinnere, mit seinem Auto in die Menschenmenge gerast zu sein, führe der Beschuldigte auf einen Aussetzer zurück. Blackout aufgrund von Diabetes und der dafür nötigen Medikamente.

Der Angeklagte K. wurde noch am Tag der Tat festgenommen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Zahlreiche Experten haben ihn untersucht. Etwas Außergewöhnliches haben sie nicht festgestellt. Die Möglichkeit des Blackouts oder des Nichterinnerns an die Tat aufgrund einer Krankheit oder von Medikamenten können sie aus medizinischer Sicht nicht bestätigen, aber auch nicht zu 100 Prozent ausschließen. Missbrauch von Drogen oder Alkohol sei nicht festgestellt worden.

Normaler Lebenslauf

Auch beim Versuch, die Persönlichkeit des Beschuldigten etwas näher zu erfassen, kommt nichts Außergewöhnliches zum Vorschein. Ein Mann ohne besondere Eigenschaften, ohne besondere Talente. Ein fast schon normaler Lebenslauf mit Höhen und Tiefen. Nur, dass er eines nicht alltäglichen Verbrechens beschuldigt wird.

Polizei und Staatsanwaltschaft gingen im Januar 2019 relativ rasch von einer Beziehungstat aus. Beobachtern zufolge soll der Angeklagte nämlich kurz vor der Tat aus der gemeinsamen Wohnung gezogen sein, die er sich bis dahin mit seiner Ex-Partnerin und dem gemeinsamen Kind geteilt hatte. Dafür spricht, dass im Unfallwagen volle Umzugskartons im Kofferraum waren.

Der Prozess wird am Donnerstag- und Freitagmorgen fortgesetzt.