„Es ist eine Ehre, Arbeitsminister zu sein“

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Nicolas Schmit wechselt aus dem Außen- und in das Arbeitsministerium. Wir unterhielten uns mit ihm über seine Prioritäten im neuen Amt. Mit Schmit beginnen wir unsere Gesprächsserie mit neuen und alten Regierungsmitgliedern. Lucien Montebrusco

Ja, einige Kisten seien schon fertig gepackt, sagt Nicolas Schmit, als wir ihn am vergangenen Mittwoch treffen. Am Montag wird Schmit den ausladenden Eichenholzschreibtisch in seinem Büro im alterwürdigen Außenministerium gegen die moderne Büroeinrichtung im ehemaligen Hotel Wellington am „Rousegäertchen“, dem Sitz des Arbeitsministeriums, tauschen. Seine Partei benannte den bisherigen delegierten Minister für Europa und Immigration am letzten Montag auf einem außerordentlichen Kongress zum neuen sozialistischen Arbeitsminister. Seit gestern ist es mit der Vereidigung durch Großherzog Henri offiziell.
Nein, ein Wechsel aus der gepolsterten Welt der Diplomatie in das richtige Leben ist das nicht. Schmit wehrt sich gegen das Vorurteil, er habe bisher wenig mit dem Alltag „normaler“ Leute zu tun gehabt.
„Besonders in den letzten fünf Jahren bin ich mir bewusst geworden, dass auch Europapolitik ganz oft Folgen für das ganz konkrete Schicksal von Menschen hat“, sagt Schmit. 2004 war er als Quereinsteiger in die Regierung nominiert worden, er, der bisher als Botschafter in Brüssel die Interessen Luxemburgs bei der EU zu verteidigen hatte.

Einzelschicksale und Politik

Und dann erinnert Schmit an die letzten fünf Jahre als Immigrationsminister. Da habe er mit einer Menschengruppe zu tun gehabt, die oftmals zu den schwächsten in der Gesellschaft gehört. „Ich habe dabei gelernt, die menschliche Dimension eines politischen Problems nicht zu vergessen und nicht zu verkennen.“ Dass hinter jedem politischen Dossier Personen, menschliche Schicksale stehen. Die LSAP hatte 2004 das Einwanderungsressort von CSV-Justizminister Luc Frieden übernommen. In seinem neuen Arbeitsbereich wird Schmit mit Zehntausenden Einzelschicksalen konfrontiert werden. Ende Mai zählte die Arbeitsmarktverwaltung mehr als 12.000 Erwerbslose; 132 Betrieben war für den Monat Juli Kurzarbeit für mehr als 10.000 Personen bewilligt worden. Kein leichter Job, denn auch ein sozialistischer Arbeitsminister schafft keine Arbeitsplätze.
Probleme des Arbeitsmarkts, der Veränderungen des Arbeitsmarktes hätten ihn immer interessiert, so Schmit, der Ökonomie studiert hat. Natürlich schaffe der Arbeitsminister keine Stellen, sondern die Wirtschaft. Aber der Minister kann dazu beitragen, dass Arbeitslose besser auf den Arbeitsmarkt zurückfinden. Er ist der Vermittler zwischen dem Arbeitsmarkt und der Ökonomie. Falls da Probleme entstehen, muss er dazu beitragen, sie zu beseitigen.
Auch eine Reform der Adem schafft keine Plätze. Man braucht aber ein Instrument, um die Beziehung zwischen Arbeitsmarkt und Wirtschaft zu verbessern. Aus der Arbeitsmarktverwaltung soll ein Instrument werden im Dienst der arbeitssuchenden Menschen und der Ökonomie, die Leute einstellen will. „Ich habe den Eindruck, dass die Adem derzeit eher eine Verwaltung ist als ein Dienstleister.“
Kernelement der Adem-Reform ist die Umwandlung der Verwaltung in ein „établissement public“. Damit bekomme man mehr Flexibilität und eine bessere Dienstleistung. Aber auch das reiche nicht, betont Schmit. Es müsse auch ein Mentalitätswandel stattfinden. Er spricht von neuer Motivierung der Mitarbeiter. Ihnen sollte die Bedeutung ihrer Arbeit vollauf bewusst werden. Die Adem-Reform ist für Schmit die Priorität. Bis Ende des Jahres sollte sie realisiert sein. Zuvor möchte er nochmals mit allen Sozialpartnern, mit Fachleuten und mit den Adem-Mitarbeitern selbst reden.
Ist das Ressort ein vergiftetes Geschenk für die LSAP? Eine Frage, die am Montag auch beim Parteikongress in aller Munde war. Natürlich werde das keine leichte Aufgabe, sagt Schmit. Natürlich wäre es einfacher mit nur 2.000 Arbeitslosen wie in Zeiten, als der Arbeitsminister Juncker hieß.
„Die Welt der Arbeit ist die Welt der Sozialisten“, betont Schmit. „Wenn das ein vergiftetes Geschenk sein soll, ja dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Als Sozialist muss ich mich doch für die Welt der Arbeit engagieren. Also muss ich mich den Herausforderungen zuwenden, die sich dieser Welt stellen, insbesondere in schwierigen Zeiten.“ Es sei jedoch auch eine Chance, im Zusammenspiel mit den sozialistischen Kollegen aus den anderen Ressorts etwas im Interesse der Menschen zu bewegen. Auch wenn die Sozialisten in der Vergangenheit nicht immer dafür belohnt wurden.
„Für mich ist es eine große Ehre, diese Aufgabe anzugehen“, so Schmit. War das Arbeitsministerium etwa ein Wunschressort?
„1984, bei unserem Wiedereintritt in die Regierung, waren wir enttäuscht, als die LSAP das Arbeitsministerium nicht bekam, nachdem sie es bis 1979 verantwortet hatte. Nun, nach 30 Jahren, ist es wieder so weit. Als Partei sollten wir zeigen, dass wir das können“, sagt Schmit diplomatisch.
Der neue Arbeitsminister bleibt weiterhin für Immigration zuständig. Eine eher seltsame Ressortzusammensetzung? „Man hatte wohl den Eindruck, dass ich einen guten Job mache.“ Und es gebe doch eine Beziehung zwischen Einwanderung und Arbeitswelt, betont er. Aber sein Traumressort war es nicht. Hätte er die Wahl gehabt, er hätte einen anderen Bereich genommen – den Weinbau, lächelt Schmit. Mit seinem Parteikollegen Schneider werde er sich absprechen, damit er sich mit diesen Fragen befassen könne.
Und welche Ferienlektüre wird Arbeitsminister Schmit mit in den Urlaub nehmen? Er müsse zuerst durch alle Gesetzestexte und dann noch einen Notfallplan für die Schulabgänger erstellen. Die letzte Regierung hatte sich dazu prinzipiell auf ein Maßnahmeprogramm verständigt. Vor allem qualifizierte Schulabsolventen sollten nicht auf die Straße landen. Dieses Maßnahmepaket müsste mit zu den ersten legislativen Akten im Herbst zählen. Bereits kommende Woche wolle er das Thema mit den Sozialpartnern erörtern.
Ein heißer Herbst steht bevor, zumindest im Arbeitsministerium.