Eine menschliche Tragödie

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(dpa-Archiv)

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Vor dem Tribunal Diekirch wurde am Donnerstag ein Totschlag-Delikt verhandelt. 2010 soll der damals 37-jährige Francisco G. seine Ehefrau in Ettelbrück erstochen haben.

Die Fakten gehen auf den 10. November 2010 zurück. Gegen 23.30 Uhr soll der beschuldigte Francisco G. seine Frau, mit der er drei Kinder hatte, bei einem Streit mit einem Messer tödlich verletzt haben.

Nach der Tat suchte er in der Nähe wohnende Familienangehörige auf, die dann die Polizei verständigten. Die zwei Jungen und ein Mädchen, die zur Tatzeit zwei, neun und dreizehn Jahre alt waren, befanden sich im Haus, wurden aber nicht Zeuge der tödlichen Auseinandersetzung ihrer Eltern.

Gutachter sagen aus

Da der sonst geständige Angeklagte nicht in den Gefangenentransporter einsteigen wollte, wurde die Verhandlung in seiner Abwesenheit mit den Berichten der Experten begonnen.

Der Homburger Gerichtsmediziner erklärte dem Gericht, dass er das einschneidige Messer noch in der Wunde auf der linken Seite unterhalb des Schlüsselbeines vorfand, das die Halsschlagader vollständig durchtrennt hatte.

Extreme Eifersucht

Laut dem Experten brauchte es schon eine gewisse Kraftaufwendung, um eine solch tiefe Wunde zu schlagen. Wichtig für die Schuldfrage war der Hinweis, dass es sich um einen einzigen Messerstich handelte und der Körper des Opfers keine Zeichen anderer Gewaltanwendung vor der Tat aufwies. Auch wurden keine Wunden festgestellt, die auf eine Abwehrreaktion des Opfers hindeuten würden, das folglich von der plötzlichen Attacke überrascht werden musste.

Der psychiatrische Gutachter Edmond Reynaud sprach dem Beschuldigten eine hohe Emotionalität zu, die ihn eher zurückhaltend machte, über die Tat zu reden. Der Angeklagte war in einem Umfeld ohne Gewalt und Drogen als eines von neun Kindern aufgewachsen.

Extrem eifersüchtig

Seine schulische Karriere gestaltete sich schwieriger. Schon mit 14 Jahren trat er den Beruf des Maurers an, der ihn mit 25 Jahren nach Luxemburg führte.

Bei den Unterhaltungen mit dem Experten zeigte sich der Beschuldigte vor dem Ehestreit als pathologisch eifersüchtig und, nach den Fakten, durch seine Tat am Boden zerstört. In Reaktion hierauf sei er selbstmordgefährdet. Er sei kein gewalttätiger Mensch, sondern eher jemand, der sein Gewaltpotenzial gegen sich selbst einsetzt, hieß es.

Tödlicher Stich

Die Tat wurde, laut Gutachter, nach mehreren Diskussionen über eine Trennung des Paares mit Gewalt, aber eindeutig im Affekt ausgeführt. Auch wenn der Beschuldigte schon vor der Tat unter Depressionen litt, sei er strafrechtlich als voll verantwortlich zu erklären.

Die Ermittler sagten aus, dass sich der Mann ohne Probleme abführen ließ und von Anfang an geständig war. Ein weiterer Ermittler sprach die vom Opfer entdeckten Chat-Gewohnheiten ihres Mannes an, der mit fremden Frauen über Internet Kontakt hielt, was als möglicher Scheidungsgrund angesehen werden kann.

Affekt-Tat

Der Beschuldigte selbst behauptete am Donnerstag vor Gericht, sich nicht mehr an die fatalen Ereignisse erinnern zu können. Mithilfe einer Interpretin beteuerte er seine Reue über die Tat, auch wenn er nach dieser Aussage unter Tränen zugab, seine Frau betrogen zu haben.

Auch sein Verteidiger Me Philippe Stroesser sprach von einer Tragödie, die aus dem Affekt heraus passierte, und plädierte den spontanen Gewaltakt, der nach der Tat bereut wurde. Er wollte gar nicht die Schwere dieser Kurzschlussreaktion infrage stellen, sondern appellierte an die Menschlichkeit des Gerichts bei der Strafbemessung.

Pascal Probst, der Vertreter der Staatsanwaltschaft, gab der Verteidigung recht, dass es sich in diesem Fall um eine familiäre Tragödie handelt. Und doch handelt es sich um eine tödliche Tat, die nicht mehr rückgängig zu machen ist.

Opfer chancenlos

Da der Beschuldigte sich in der öffentlichen Verhandlung nicht mehr an den Tathergang erinnern konnte, berief sich der Staatsanwalt auf seine Aussagen vor den Ermittlern, denen gegenüber er seine Absicht zugegeben hatte, seiner Frau das Messer in den Bauch habe stechen zu wollen.

Auch sei er seiner Frau mit dem Messer in der Hand gefolgt und habe von hinten, ohne dass sie eine Abwehrchance gehabt hätte, zugestochen.

Er behielt denn auch den Totschlag zurück und forderte eine Haftstrafe von 15 Jahren, wobei er die mögliche Bewährungsfrist den Richtern überließ. Das Urteil wird am 3. Mai 2012 gesprochen.