/ „Eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Justiz“
Die Richterschaft ist nicht prinzipiell gegen einen Justizrat; sie stört bei dem vorliegenden Vorschlag vor allem die geplante Zusammensetzung und der Aufgabenbereich der zu schaffenden Instanz. Die Idee eines obersten Justizrats stammt vom Ombudsmann Marc Fischbach und ist aus dem März 2006. Als Motivation für eine derartige Institution gab Fischbach die hohe Zahl von Klagen, die bei ihm gegen Richter eingereicht würden, an. Eine vom Justizminister eingesetzte Arbeitsgruppe nahm den Vorschlag in ihrem Bericht vom Januar 2007 auf.
Die Vereinigung der Magistraten ist nicht prinzipiell gegen einen Justizrat, der verschiedene Mängel, die es effektiv in der Justiz gebe, beheben könnte. Die Kritik der Richter gilt vor allem zwei Punkten, durch die sie die Unabhängigkeit der Justiz bedroht sehen, wie aus einem Gutachten des GM hervorgeht, das im Mai 2008 veröffentlicht wurde
Der Ombudsmann schlägt vor, dass sich der Justizrat aus je fünf Mitgliedern aus den Reihen der Richterschaft und fünf von außerhalb der Judikative zusammensetzt. Für den GM ist dies völlig inakzeptabel, da diese Klausel die Tür öffnen würde für eine politische Einflussnahme auf die Justiz.
Die Mitglieder, die von außen genannt würden, sollen nach folgendem Schlüssel gewählt werden: zwei aus der Anwaltschaft, einer aus der Abgeordnetenkammer, einer aus der Regierung und einer vom Staatsrat. Die Klausel, dass keiner der Mitglieder ein politisches Mandat ausüben dürfe, sei keine Garantie für Unabhängigkeit. Die Tatsache, dass er kein politisches Mandat mehr ausübe, hindere einen Ex-Abgeordneten nicht daran, seiner politischen Familie weiterhin nahezustehen, meinte der Präsident des GM, Alain Thorn, dem Tageblatt gegenüber.
Politisierung der Justiz
Die Richtervereinigung weist darauf hin, dass in den Ländern, die ein solchen „gemischten“ Justizrat eingeführthaben, gleichzeitig eine Einflussnahme der Politik auf die Justiz zu beobachten sei. Mehr noch: Neben dieser Einflussnahme mache sich dort auch eine Politisierung der Justiz bemerkbar. Die Richter würden sich ihren politischen Ideen nach zusammenschließen.
Dieser Nebeneffekt könnte zwar durch eine Abwechslung der Machtverhältnisse ausbalanciert werden. Da in Luxemburg diese Machtwechsel jedoch eher rar sind, könne man davon ausgehen, dass sich auf lange Dauer die Richterschaft immer näher mit einer Partei verbünden würde. Ob gerade dies vielleicht die Absicht des Projekts sei, fragt sich der GM.
Hinzu komme noch ein praktisches Problem: Es sei schwierig, Mitglieder von außerhalb zu finden, welche die nötige Sachkenntnis besäßen. Sie würden dann nur als Komparsen dienen, während die anderen die Arbeit verrichteten. Der GM fragt sich weiter, ob der Justizrat, der zwar als unabhängiges Gremium dargestellt werde, nicht dem Minister dazu dienen soll, seine Schachfiguren zu platzieren, die zu jedem Moment den Lauf der Justiz beeinflussen könnten, unter dem Vorwand, Ordnung in das so oft kritisierte Justizwesen zu bringen. Das zweite große Problem sieht der GM in den Kompetenzen, die dem Justizrat zugedacht sind. Unter anderem soll der Justizrat ein ausgedehntes Kontrollrecht erhalten: Er soll das Recht bekommen, alle Akten einzusehen, mit denen sich die Justiz befasst. Dieses Recht soll auch nicht mit dem Argument des Untersuchungsgeheimnisses verweigert werden können.
Darüber hinaus soll der Justizrat Klagen von Bürgern gegen Richter annehmen können. Dies könnte dazu missbraucht werden, die Arbeit der Richter zu behindern, denn jeder könnte dann, wenn er seinen Prozess verliert, dies dem zuständigen Richter anhaften und Klage gegen ihn führen.
Disziplinarverstöße und die entsprechenden Maßnahmen müssten daher ganz klar vom Gesetz geregelt sein. Um die Arbeit der Richter nicht zu behindern, bedürfe es außerdem einer Instanz, welche die Klagen filtere und nur die an den Justizrat weiterleite, die auch begründet seien.
Warum der GM gerade jetzt wieder mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit gehe, wollten wir von Alain Thorn wissen. Viele Richter hätten geglaubt, das Fischbach-Projekt würde im Sand verlaufen. Da die Forderung nach einem Justizrat sich aber in einigen Wahlprogrammen wiederfindet, sei man der Ansicht gewesen, jetzt sei der Augenblick, um die Sache wieder zur Sprache zu bringen. Denn sonst sei es vielleicht zu spät.
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