Ein klareres Bild: Georges Oswald über die Bommeleeër-Ermittlungen

Ein klareres Bild: Georges Oswald über die Bommeleeër-Ermittlungen

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Am 25. Februar 2013 begann der bislang größte Prozess der Luxemburger Kriminalgeschichte, der am 2. Juli 2014 nach 177 Sitzungen auf Eis gelegt wurde. Das Tageblatt wollte von Georges Oswald, dem „Procureur d’Etat adjoint“, wissen, wo die Ermittlungen dran sind und warum es so lange dauert.

„Die 177 Sitzungen sind sowohl in Sachen Form als auch in Sachen Inhalt sehr intensiv gewesen“, sagt Georges Oswald eingangs unseres 20-minütigen Gesprächs, das wir zusammen mit den RTL-Journalisten Marc Thoma und Nico Graf in der „Cité judiciaire“ führten. „Das Aufarbeiten und Auswerten der Sitzungen ist eine enorme Arbeit. Die Ermittler der ‚Police judiciaire‘ müssen minutiös vorgehen.

Das erklärt, warum gegenwärtig noch kein konkretes Ergebnis vom Untersuchungsrichter vorliegt“, so Oswald. Auswerten bedeutet in dem Fall nicht einfach nur abhören und niederschreiben, sondern vergleichen mit den Aussagen, die davor oder danach gemacht wurden, und vergleichen mit Bestätigungen oder eventuellen Widersprüchen von dieser oder jener Person im Zusammenhang mit anderen Personen oder den Angeklagten. Oswald spricht davon, dass man eine solche Arbeit nicht drei Stunden am Stück machen könne. Erschwerend kommt hinzu, dass die 177 Sitzungen nicht visuell, sondern nur auditiv aufgenommen wurden, was die Zuordnung, sprich wer was wann gesagt hat, komplizierter macht.

Insgesamt sind sechs Ermittler mit dem Auswerten der Aufnahmen beschäftigt. „Drei vollzeitig und drei, die regelmäßig mit von der Partie sind.“ Und wann kann mit Ergebnissen gerechnet werden? „Die Aufgabenstellungen, und damit meine ich nicht nur die, die von der Staatsanwaltschaft kamen, sondern auch die, welche die Verteidigung beantragt hat, sind größtenteils abgeschlossen. Ich möchte aber betonen, dass der Untersuchungsrichter in dem Zusammenhang frei ist, weitere Aufgabenstellungen im Sinn der Wahrheitsfindung hinzuzufügen“, so Oswald. Und Letzteres sei auch passiert,

Mehr Klarheit über die Fakten?

Über die sechs Personen (Anm. der Red.: Aloyse Harpes, Pierre Reuland, Guy Stebens, Armand Schockweiler, Marcel Weydert und Charles Bourg), die sich im Visier der Justiz befinden, wurden bereits abschließende Berichte verfasst bzw. sind dabei, verfasst zu werden. „Ich hoffe, dass Untersuchungsrichter Nilles anhand dieser Berichte noch dieses Jahr seine Schlussfolgerungen ziehen wird. Dann wird sich herausstellen, ob noch eine oder mehrere Personen angeklagt werden.“ Oswald geht in dem Zusammenhang von der zweiten Hälfte des Jahres aus. Vorausgesetzt, die Ermittler schließen ihre Arbeit bis zum Sommer ab.

Gibt es denn bislang entscheidende neue Erkenntnisse? „Laut meinen Informationen ist es jetzt nicht so, dass wir sofort einen Prozess machen bzw. eine Verurteilung beantragen können, weil wir ein Foto haben oder eine Zeugenaussage, aber es sind zusätzliche Elemente hinzugekommen“. Das Bild sei jedenfalls klarer geworden, so Oswald unmissverständlich. Und die Richtung ist auch klar: Die ehemaligen Mitglieder der „Brigade mobile de la Gendarmerie“ bleiben und sind weiterhin im Visier.

Und was ist mit den Pisten Stay Behind und Armee? „Auch diesen Pisten sind wir nachgegangen, aber wie der Stand der Dinge ist, kann ich gegenwärtig nicht sagen.“ Es sei eher so, dass die Indizien mehr in Richtung „Brigade mobile“ zeigen als in Richtung Stay Behind.

Geiben und Stebens

Und wie ist es um Ben Geiben bestellt, der seit Jahrzehnten im Dossier herumspukt und stets als Hauptverdächtiger galt? „Ich habe an den Untersuchungsrichter den Antrag gestellt, gegen sechs weitere Personen Anklage zu erheben. Jederzeit können weitere Personen hinzukommen. Und das gilt selbstverständlich auch für Ben Geiben.“
Und was ist mit Guy Stebens, der am 84. Sitzungstag den ominösen Satz gesagt hatte „Es ist schwierig, als Erster Namen zu nennen“?

„Auch bezüglich Herrn Stebens ist ein zusammenfassender Bericht in Arbeit über die Elemente, die bei seinen Verhören zusammengetragen wurden. Die Prozedur kam gegenüber Herrn Stebens wie auch gegenüber anderen Personen ein gutes Stück voran.“ Allerdings habe er keine Ergebnisse und könne auch wegen des Untersuchungsgeheimnisses nicht preisgeben, ob mittlerweile Namen bekannt seien. „Aber natürlich ist das einer der Schlüsselsätze aus dem Prozess, die bei jedem hängen geblieben sind.“ Guy Stebens wurde gleich im Anschluss an den Prozess telefonisch wochenlang abgehört. Zudem fand im Sommer letzten Jahres bei ihm eine Hausdurchsuchung statt.

Weitere Angeklagte

Und wie sieht das Ganze nun in der Praxis aus? Geht der alte Prozess mit den beiden Angeklagten weiter? Kommen weitere Angeklagte hinzu? Wird es zwei Prozesse geben? „Wenn ich jetzt eine Glaskugel hätte, könnte ich darauf eine Antwort geben. Wir stellen uns auch diese Fragen. Und die hängen von vielen Faktoren ab.“ Zum Beispiel davon, ob der Untersuchungsrichter jetzt gegen weitere Personen Anklage erhebt oder nicht. Falls keine weiteren Personen angeklagt werden und dies später auch die Ratskammer im Rahmen der sogenannten „procédure de renvoi“ so bestätigt, dann wird der Prozess, der am 25.

Februar 2013 gegen Marc Scheer und Jos Wilmes begonnen wurde, auch zu Ende geführt. Komplizierter wird es allerdings, wenn weitere Personen angeklagt werden. Dann besteht die Möglichkeit, dass der Prozess quasi wieder neu aufgerollt werden muss.
Glaskugel hin, Glaskugel her, zum Schluss antwortet Georges Oswald Folgendes auf die Frage, ob denn nun weitere Personen angeklagt werden.

„Wenn ich meine Schlussfolgerungen lese, die ich dem Untersuchungsrichter habe zukommen lassen, dann finde ich die Argumente nach wie vor sehr zutreffend. Damit zumindest weitere Personen angeklagt werden, zuzüglich zu den Herren Scheer und Wilmes. Zumindest dafür angeklagt – sollte man zur Schlussfolgerung kommen, dass keine direkte Tatbeteiligung an den Attentaten vorliegt –, dass sie vor Gericht nicht die Wahrheit gesagt bzw. die Justiz bei ihrer Arbeit behindert haben.“ Und auf Behinderung der Justiz, im Fachjargon „entrave à la justice“ genannt, stehen langjährige Haftstrafen.

 

Von Laurent Graaff

Schuller piir
26. Februar 2018 - 10.37

Es wird auf ein biologisches Ende gewettet. Deshalb ist jeder Aufschub, jede Verzögerung willkommen. An Aufklärung glaubt niemand mehr. "Monsieur Julien" und alle anderen sogenannten "Affairen" lassen grüssen.