/ Ein gelassener Blick auf ein erfülltes Leben
Als wir „Eickmanns Néckel“ vor 15 Jahren, anlässlich seines Abschieds aus der Kommunalpolitik zu seinem 65. Geburtstag interviewten, prophezeite er „an e puer Joer kennt een Déifferdang net méi erëm“. Recht sollte er behalten; allerdings ahnte damals noch niemand, dass die traditionell rote Gemeinde mittlerweile von einem jungen DP-Nachwuchspolitiker geführt werden sollte. Er hat denn auch ein kritisches Auge auf seine Gemeinde, mit deren lokaler Geschichte er sich ausgiebig beschäftigt hat. Auch heute noch sammelt er alle politischen Artikel, die über Differdingen veröffentlicht werden und hat eine Meinung zu allen relevanten Themen.
So sieht er manches kritisch, wie etwa die Jubiläumsfeiern zum hundertjährigen Stadtrecht, verteilt aber auch Lob, wie bei der konsequenten Fortsetzung der Urbanisierung des „Plateau funiculaire“, einer Initiative, an der er noch maßgeblich mitgewirkt hat.
Vor einigen Tagen sprachen wir erneut mit dem Ehrenabgeordneten und Ehrenbürgermeister und die vergangenen 15 Jahre scheinen fast spurlos an dem Autodidakten vorübergegangen zu sein. Die tägliche Bewegung hält jung und gesund; da kann er sich mit knapp 80 schon mal ein gutes Glas Rotwein oder ein Zigarillo erlauben …
Seit anderthalb Jahrzehnten hat er sich also aus der aktiven Politik zurückgezogen. Mit der ihm eigenen Gelassenheit kommentiert er allerdings mit großer Offenheit sowohl das Tagesgeschäft, als auch die großen Linien der nationalen und kommunalen Politik.
So geht er gleich zu Beginn des Gespräches auf die aktuelle Krise ein, die er als Krise des Kapitalismus (und nicht etwa als reine Finanz- oder Wirtschaftskrise) definiert und bedauert, dass seine Partei kaum mehr Systemkritik übt.
Der Neoliberalismus sei als soziale Theorie gescheitert, nur sage kaum ein LSAP-Politiker dies offen.
Eickmann weiß dabei ein Liedchen von Krisen zu singen. Als er in der kommunalpolitischen Verantwortung stand, wurde Differdingen mit aller Wucht von der Stahlkrise getroffen.
Mitte der Siebziger brachen die Einnahmen der Stadt (durch die fehlende Gewerbesteuer der krisengeschüttelten Arbed) dramatisch ein. Von einem Jahr zum anderen fehlte etwa ein Viertel der Einnahmen (damals rund 100 Millionen): an Investitionen, wie in den Sechzigern, als Differdingen sich eine teure Sporthalle und andere Infrastrukturen problemlos leisten konnte, war nicht mehr zu denken; es ging nur noch darum „d’Enner beieneen ze kréien“.
Formel-1-Streckeund Golfplatz
Die finanzielle Durststrecke dauerte etwa zehn Jahre an, was auch erklärt, dass damals nach jedem Strohhalm gegriffen wurde. So hörte der Bürgermeister sich auch die Vertreter eines französischen Rennstalls an, die eine Formel-1-Strecke auf dem „Déifferdanger Bierg“ bauen wollten (ein Projekt, das nach Bürgerversammlungen und dem Rat vom damaligen Minister Robert Krieps fallen gelassen wurde), sprach mit Promotoren eines Golfplatzes …
Die solidarische Aktion „Differdange – ville morte“, an der alle Bürger und die ganze Geschäftswelt teilnahmen, sollte auf den Investitionsnotstand der Gemeinde aufmerksam machen. Die Läden machten dicht; die Straßen wurden von den Tauben zurückerobert, erinnert Eickmann sich. Unterstützung von der Regierung gab es damals allerdings kaum; nur langsam erholte die Stadt sich in den späten Achtzigern. Der langjährige Präsident des Syndikatsspitals HPMA bedauert, dass die Differdinger nach der Fusion mit dem CHEM („Centre hospitalier Emile Mayrisch“) über kein komplettes Krankenhaus mehr verfügen; räumt aber ein, dass diese Sichtweise seinen Vorstellungen entspreche und nicht unbedingt von aktuellen Generationen geteilt werden müsse. Besonders die Tatsache, dass das Spital nach der Fusion über keine Geburtsstation mehr verfügt, gibt ihm zu denken: „Et komme keng richteg Déifferdanger méi op d’Welt.“
Dasinterkommunale Spital
Das Spitalsyndikat hatte übrigens vor mehr als 20 Jahren fast zu einer Fusion der Korntalgemeinden geführt; nach einem ersten Gespräch zu diesem Thema zwischen den Bürgermeistern von Differdingen, Petingen und Bascharage kam allerdings ein klares Nein aus der Hauptstadt.
Auch an der aktuellen Kommunalpolitik hat der frühere Bürgermeister einiges auszusetzen. So gefallen die zurzeit modernen privat-öffentlichen Partnerschaften ihm nicht. Die Gemeinde solle z. B. Herr über ihre Sportinfrastrukturen bleiben; den Plänen, den neuen Sportpark privat vorfinanzieren zu lassen, kann er nur wenig abgewinnen.
Auf das Jubiläumsjahr zum Zentenarium angesprochen, verweist er auf die Tatsache, dass die Resistenz während der Feiern kaum gewürdigt wurde und die Bürgermeister der Aufbaujahre praktisch ganz vergessen wurden.
Auf die großen Plakate mit Rockmusikern anspielend kritisiert Eickmann „Et mengt een, de Jimmy Hendrix hätt d’Spidol gebaut“. Jos Haupert, Jhängi Gallion und andere hätten besser auf die großen Leinwände gepasst.
Nic. Eickmann ist ein interessanter Gesprächspartner und hätte auch heute noch so manches einzubringen.
Er bedauert deshalb auch manchmal, dass sein Angebot, auch nach dem Abschied aus der aktiven Politik seiner Partei mit Rat zur Seite zu stehen, nie genutzt wurde. Bitter geworden ist er deshalb nicht, im Gegenteil.
Er vermittelt die Ruhe, die Klarsicht und Geduld, die „elder statesmen“ vorbehalten sind. Seinen 80. wird er am Sonntag übrigens u.a. mit seiner fast 100-jährigen Mutter feiern. Und auch die verfolgt noch immer kritisch die Gemeindepolitik in der Presse.
„Alles Guddes, Néckel“…
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