Kopf des TagesEin „Éisleker Klatzkapp“: LAR-Chef René Closter seit 1. Mai im Ruhestand

Kopf des Tages / Ein „Éisleker Klatzkapp“: LAR-Chef René Closter seit 1. Mai im Ruhestand
 © Editpress/Julien Garroy

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LAR-Chef René Closter seit 1. Mai im Ruhestand

Oft sind es nur wenige Sekunden, die den Unterschied ausmachen zwischen einer erfolgreichen Rettung und einem verlorenen Menschenleben. Wertvolle Zeit, die die Mitarbeiter der Luxembourg Air Rescue seit mehr als drei Jahrzehnten nicht nur im Großherzogtum, sondern auch im Ausland mit sehr viel Einsatz und einem hohen Grad an Professionalität wettzumachen versuchen.

Die LAR ist heute ein Vorzeigeunternehmen Luxemburgs, ein Aushängeschild und „einer der besten Botschafter des Landes“, wie Großherzog Henri zu sagen pflegt. Mit einer Erfolgsgeschichte rechnen aber nur die wenigsten, als der Feuerwehrmann René Closter am 18. April 1988 zusammen mit einer Handvoll Gleichgesinnter die Luxemburger Rettungsflugwacht ins Leben ruft. Ganz im Gegenteil: Mit ihrer Idee, schneller zu sein, um Menschenleben zu retten, stoßen die Rettungsprofis nur auf Widerstand.

Unterstützung gibt es keine, weder von der Politik noch vonseiten der „Protection civile“. Es habe keinen Stein gegeben, den man ihnen nicht in den Weg gelegt habe: „Uns half niemand, also halfen wir uns selbst“, wird Closter in der offiziellen Biografie der LAR zitiert. Doch um die komplexe Idee in die Tat umzusetzen, brauchen die Vereinsgründer Fachwissen, die nötige Infrastruktur und vor allem Geld. „Wir hatten nichts von alldem. Unser Startkapital waren unsere sturen Köpfe!“, so René Closter.

Einen „Öslinger Sturkopf“ soll ihn Ehrenstaatsminister Jean-Claude Juncker einst genannt haben – einen „Éisleker Klatzkapp“. Eine Bezeichnung, die René Closter gefällt. „Im Ösling wachsen viele Eichen und man sagt, die Bewohner hätten einen Dickschädel so hart wie Eichenholz. Das ist eine Eigenschaft, die voll und ganz auf mich zutrifft“, so der am 15. Dezember 1952 im Norden geborene Rettungsprofi in einem Interview.

Tatsächlich hat ihn der anfängliche Widerstand zusätzlich angespornt, die LAR trotzdem auf die Beine zu stellen, ganz nach dem Motto „ça passe ou ça casse“, wie der geborene Ulflinger im gleichen Gespräch zugibt. So ist es Closters Hartnäckigkeit zu verdanken, dass die LAR heute mit ihren sechs Hubschraubern innerhalb von zehn Minuten in sämtliche Ecken des Landes vordringen und mit sechs Learjets Menschen aus aller Welt in ein Krankenhaus ihrer Wahl befördern kann.

Oft hört man aus Insiderkreisen, Closter habe damals sogar sein Haus verpfändet (und seine Ehe aufs Spiel gesetzt), um eine Bell Long Ranger der deutschen Flugrettung zu mieten und einen Wohnwagen auf dem Vorfeld des Flughafens in ein Büro umzuwandeln. Laut offizieller Bio aber soll der Gründer der „Deutschen Rettungsflugwacht“, Siegfried Steiger, die Luxemburger Kollegen tatkräftig unterstützt haben. Die Wahrheit liegt, wie so oft, wohl irgendwo dazwischen.

Hinter all dieser Sturheit, diesem Durchsetzungsvermögen steckt vor allem aber eine gehörige Portion Empathie: „Wenn Sie noch nie einen Menschen gesehen haben, der in seinem Auto eingeklemmt ist und verblutet, mit Todesangst in den Augen, wenn Sie noch nie einer Mutter sagen mussten, dass ihr Kind nicht überlebt hat, dann fällt es Ihnen vielleicht schwer, zu verstehen, was meine Kameraden und mich antreibt“, unterstreicht Closter, der am 1. Juni 1973 als Berufsfeuerwehrmann seinen ersten Einsatz absolvierte.

Daraus sind inzwischen mehr als 14.000 geworden – sei es als Rettungskraft, Feuerwehrmann, als Taucher oder als Pilot eines Hubschraubers. Besonders prägend aber ist ein Verkehrsunfall im Juli 1987, bei dem ein Neunjähriger sein Bein verliert. Er muss unbedingt in eine Spezialklinik. Doch beim Versuch, den jungen Patienten nach Toul (F) zu überführen, bleibt die Ambulanz im Berufsverkehr stecken. „Der Junge schaute mich immer nur an und sprach von seinem Bein. Und ich dachte an den Gleichaltrigen zu Hause“, erinnert sich Closter.

Die Wut, die sich in ihm ausbreitet, führt zur Gründung der LAR. Dabei helfen aber auch Erfahrungen aus der Jugend: Die Eltern waren arme Leute, sein Vater Arbeiter, die Mutter oft krank. Closter wird ein Kämpfer. Früh übernimmt er Verantwortung innerhalb der Familie, kümmert sich von klein an um die jüngeren Brüder. Geld fürs Studium ist nicht vorhanden: „Ich musste so schnell wie möglich arbeiten gehen“, erinnert sich Closter. Aus dem gelernten Elektrotechniker aus bescheidenen Verhältnissen wird zuerst ein Berufsfeuerwehrmann.

Das Studium kommt erst später: Neben seiner Tätigkeit bei Berufsfeuerwehr und LAR versucht sich Closter in „Business Management“. 1992 verschlägt es ihn als Sicherheitsspezialist zu einer Bank mit Missionen u.a. in Dubai, London, Hongkong oder im World Trade Center von New York. Doch die Heimat ruft: Am 1. Juli 1995 wird Closter offiziell Direktor „seiner“ LAR. Ganz nebenbei macht er auch noch den Flugschein für Hubschrauber.

Aus einer privaten Initiative wird in den nächsten 25 Jahren ein Vorzeigeunternehmen mit 200 Mitarbeitern und modernster Infrastruktur, das sich mit dem Titel des besten Ambulanzflugzeug-Anbieters der Welt schmücken darf. All dies führt Closter vor allem auf den unermüdlichen Einsatz seiner Mitarbeiter zurück: „Bei der LAR arbeitet man nicht, bei der LAR ist man einfach“, so der „Captain“, wie er von seinen Weggefährten respektvoll genannt wird.

Dieser „Captain“ ist seit dem 1. Mai offiziell im Ruhestand. Ungern, wie er im jüngsten Interview mit dem Tageblatt zugibt: Er müsse erst mal lernen, sich von einer Organisation abzunabeln, die er selbst gegründet hat. Richtige Hobbys hatte er keine: „Das war mein Leben, das war alles für mich und das ist es heute immer noch.“

Ganz loslassen kann er deshalb (noch) nicht: René Closter bleibt der LAR als Präsident des Verwaltungsrates erhalten. So will er die Organisation auch künftig noch als Gesicht nach außen vertreten, die Firmenstrategie weiterhin prägen. Dennoch wolle er sich jetzt mehr um sich selber kümmern, mehr Zeit mit Familie und Freunden verbringen. Und mit seinen Hochland-Rindern, die er mit Kollegen hält. (ham)

de Prolet
3. Mai 2021 - 12.56

En Eisléker Klatzkapp, dee Villes bewierkt a grouss Verdingschter huet. Eng schéi Pensioun an all Guddes, René Closter!