„Ein Angriff auf den Sozialstaat“

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Gestern Morgen nahmen „déi Lénk“ Stellung zum Koalitionsabkommen. Für sie ist klar, dass sich die neue Regierung dem Sozialabbau verschrieben hat. Dass zudem bis dato nur eine Zusammenfassung des Abkommens vorliegt, ist für „déi Lénk“ ein Skandal.Claude Molinaro

Das Koalitionsabkommen spiegele viel zu sehr die Interessen des Patronats wider. Auf dem Höhepunkt der Krise sei viel Kritik an der aktuellen Form des Kapitalismus geübt worden, im Wahlkampf schon viel weniger, und im vorliegenden Koalitionsabkommen sei keine Spur mehr davon übrig. Über die Ursachen der Krise sei kein einziges Wort zu finden.
Aus sozialpolitischer Sicht sei das Abkommen ein Rückschritt, ein Angriff auf den Sozialstaat. Eines der Resultate der Krise sei nun offensichtlich, den öffentlichen Dienst weiter abzubauen. Um den Haushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, soll bei den normalen Ausgaben, d.h. den Anfangsgehältern beim Staat und den sozialen Transferleistungen, dem Herz unseres Sozialstaats, gespart werden. „déi Lénk“ sehen hierin eine Salamitaktik zum Abbau der sozialen Errungenschaften. Die Anfangsgehälter beim öffentlichen Dienst zu kürzen, könne keine Antwort sein. Im Gegenteil, es müsse der Mindestlohn im Privatsektor erhöht werden, so dass der Druck auf die Staatsgehälter verschwindet. Im Regierungsprogramm sei der „roude Fuedem“ des Sozialabbaus nur allzu deutlich zu sehen. In Sachen Superministerium für nachhaltige Entwicklung fragen sich „déi Lénk“, wieso das wichtige Ressort Energie dort fehlt und dem Wirtschaftsminister untersteht.
Bei aller Kritik müsse jedoch auch bemerkt werden, dass nicht alles weiß oder schwarz sei, meinte André Hoffmann, einziger „déi Lénk“-Abgeordneter.
Gesellschaftspolitisch seien zweifellos Fortschritte gemacht worden, wie z.B. bei der Öffnung der Ehe für Homosexuelle. Dass das Thema Trennung von Kirche und Staat jedoch nicht einmal angeschnitten wurde, lasse auf einen Kuhhandel schließen.

Skandal

Als demokratischen Skandal bezeichnete Mark Baum die Tatsache, dass bis dato nur eine Zusammenfassung des Koalitionsabkommens vorliege und die beiden Parteikongresse nur darüber zu befinden hatten. Schließlich sei auf deren Entscheidung hin die Regierung vereidigt worden. Für Justin Turpel ist es schlicht eine Frechheit gegenüber jeglichem Demokratieverständnis. Der Regierung sei praktisch ein Blankoscheck ausgestellt worden.
Vor den Wahlen hätten sich beide Parteien auch für die Erhaltung des Index ausgesprochen, im Koalitionsabkommen finde sich aber nichts davon wieder. Es könne doch nicht sein, dass während der Verhandlungen nicht darüber gesprochen wurde. Deshalb fordern „déi Lénk“ neben der Veröffentlichung des vollständigen Textes des Abkommens ebenfalls die Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle. Die Zivilgesellschaft habe ein Recht zu erfahren, ob die Forderungen und Vorschläge, die sie an die Parteien richteten, wenigstens in Betracht gezogen wurden.