Drogenhandel als freundschaftlicher Hilfsdienst

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Vor der von Jean-Claude Wiwinius präsidierten Berufungskammer standen gestern die am 30. April dieses Jahres vor der von Mylène Regenwetter präsidierten 13. Kammer des Zuchtpolizeigerichts zu teils hohen Strafen verurteilten Mitglieder eines von 2007 bis 2008 in und um Esch/Alzette operierenden Drogenrings.

LUXEMBURG – So wurden der als Chef der Bande zurückbehaltene Bruno C. zu immerhin 16 Jahren ohne Bewährung und 40.000 Euro Geldstrafe, der 33-jährige Paolo S. B. zu zwölf Jahren ohne Bewährung und 10.000 Euro, der als rechte Hand des Chefs geltende José H. zu acht Jahren ohne Bewährung und 10.000 Euro verurteilt. Außer diesen drei, die alle noch in Schrassig ihre Strafe absitzen, war gegen den in erster Instanz zu sechs Jahren mit zwei Jahren Bewährung und 2.000 Euro Geldstrafe verurteilten Joaquim P. der Tatbestand der organisierten Bande zurückbehalten worden, während P. und T. individuell mit drei Jahren resp. drei Jahren mit einem Jahr Bewährung und jeweils 1.000 Euro Geldstrafe bedacht wurden.

Der zu vier Monaten mit Bewährung verurteilte Mitläufer L. hatte wohlweislich von einer Berufung abgesehen. Außer dem mutmaßlichen Chef der Bande und seiner rechten Hand, die freimütig resp. etwas naiv über ihre Tätigkeit als Drogendealer sprachen, wehrten sich die anderen mehr oder weniger gescheit von ihren Anwälten angewiesenen Klienten gegen die Beschuldigung, einer hierarchisch strukturierten Bande anzugehören.

Sie taten dies zum Teil mit der gebetsmühlenartig vorgetragenen Behauptung, man habe nicht gedealt, sondern nur dem verhinderten Freund ausgeholfen. Diese Verteidigungstaktik wurde derart überstrapaziert, dass sich Präsident Jean-Claude Wiwinius wohl fragte, ob man dem „dépannage“, der bei fast allen Beschuldigten als Vokabel herhalten musste, als neuem Strafbestand Rechnung tragen müsste.

Gefängniskarrieren

Dem 1977 geborenen Steinmetz Bruno C., der als Chef der Bande galt, wurde der Verkauf von sechs Kilogramm Heroin vorgeworfen, die er nicht direkt an die Verbraucher, sondern über einige wenige Zwischenhändler verkaufte. Für einheimische Verhältnisse war er also ein Drogenhändler im großen Stil, der sich direkt in den Niederlanden mit der begehrten Ware versorgte.

In erster wie in zweiter Instanz wird ihm besonders vorgeworfen, dass er, der bereits mehrere Male in Frankreich das Gefängniswesen kennen gelernt hatte, kurz nach einer Haftentlassung auf Bewährung im Jahre 2007 wieder mit dem Drogenhandel anfing.

Dass ihm Paolo S. B., den er hinter Gittern kennenlernte und der kurz vor ihm entlassen wurde, dabei gute Dienste leistete, wurde beiden gestern vom Berufungsrichter vorgeworfen.
Dies warf der Angeklagte aber weit von sich. Er habe immer alleine gearbeitet und habe sich ebenfalls in Holland direkt mit der heißen Ware eingedeckt.

Paolo S. B. wird vorgeworfen, 1,5 Kilogramm Heroin umgesetzt zu haben. Auch wenn der Vater eines dreijährigen Sohnes reumütig erklärte, er habe nur an erfahrene Kunden geliefert, möchte man sich nicht vorstellen wollen, wer diese „erfahrenen“ Klienten einst initiierte.

Von einer solchen Initiation ging auch der Präsident der Berufungskammer aus, was das Verhältnis zwischen Bruno C. und José H. anging, dem der Handel mit 1,265 Kilogramm Heroin vorgeworfen wird.

Dagegen wehrte sich der heute 25-Jährige aber vehement. Er habe Bruno C. im Gefängnis kennengelernt und danach von seiner Erfahrung als Drogendealer profitiert, um die eigenen Schulden zu bezahlen und keine weiteren aufkommen zu lassen.

Den gutmütigen Vorwurf vom Präsidenten, dass auch er nichts aus seinem auf Bewährung ausgesetzten Gefängnisaufenthalt gelernt hatte, konnte der Beschuldigte augenscheinlich nur bedingt nachvollziehen.

Die Verteidiger werden am kommenden Mittwoch Gelegenheit haben, gegen den Vorwurf der „Association de malfaiteurs“ zu plädieren. Danach wird Generalstaatsanwalt Jean Engels den Strafantrag stellen.