/ Drei Suizidversuche pro Tag
Dan Elvinger
Die Datenerhebung über die Sterblichkeit in Luxemburg trägt seit Jahrzehnten zur wissenschaftlichen und epidemiologisch Untersuchung der Gesundheitsprobleme in Luxemburg bei.
Durch eine starke Zusammenarbeit mit dem Statec will das Ministerium die Daten so komplett wie möglich halten.
Im Moment sei es noch schwierig, die Totgeburten in die Statistik mit aufzunehmen. „Die Schwankungen in unseren Statistiken müssen reduziert werden, um internationale Vergleiche aufzustellen“, sagt Guy Weber vom Gesundheitsministerium. Eine der Todesursachen, die weitgehend tabuisiert wird, ist der Suizid.
20 Prozent gestiegen
Auf Nachfrage des Tageblatt gab Dr. François D’Onghia, Koordinator der Vernetzungsinitiative für Suizidprävention, Erklärungen zu der Situation ab. „Von 2005 bis 2007 ist die Selbstmordrate um rund 20 Prozent gestiegen. Es gibt schätzungsweise 1.000 Suizidversuche pro Jahr. Die Zahlen für 2008 und 2009 wurden noch nicht veröffentlicht. Durch die Krise lässt sich jedoch darauf schließen, dass die Zahl sich noch einmal erhöhen wird“, prophezeit der Diplom-Psychologe aus Bettemburg.
Die Gründe sind in 70 bis 90 Prozent der Fälle Depressionen, danach kommt die Sucht, die Verschuldung und die Hilflosigkeit. Verschiedene Faktoren können auch zusammen auftreten.
Die oft verbreitete Ansicht, dass Luxemburg im internationalen Suizidranking einen der vordersten Plätze belegt, stimmt nicht. Im EU-Vergleich nimmt das Großherzogtum einen Mittelfeldplatz ein. François D’Onghia hat vor allem Zweifel an der Auswertung des Zahlenmaterials. „Griechenland befindet sich an letzter Stelle des Rankings mit nur 30 Suiziden pro Jahr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Zahlen stimmen.
Das Problem ist, dass der Freitod dort noch immer ein Tabu ist und er deshalb nicht als solcher registriert wird.“ Die skandinavischen Länder haben die höchste Selbstmordrate. „Diese Länder gehen ganz offen mit dieser Problematik um.
Luxemburg schwebt zwischen Skandinavien und Griechenland.“ Hierzulande nehmen sich dreimal mehr Männer als Frauen das Leben. „Männer wählen oft die radikalere Methode, während sich Frauen oft mit einer Überdosis an Medikamenten umbringen“, erklärt Guy Weber vom Gesundheitsministerium.
Prävention
Wie hoch die Dunkelziffer ist, scheint nicht bekannt zu sein. „Es ist schwierig herauszufinden, wie viele Menschen sich im Straßenverkehr das Leben nehmen“, so Weber weiter. Auch die Zahl der älteren Menschen, die Suizid begehen, stieg in den letzten Jahren.
Für alle Experten bleibt nach wie vor die Prävention das wichtigste Instrument, um gegen das Problem anzukämpfen. „Nicht nur die Psychologen müssen erkennen, wenn eine Gefahr besteht. Auch die Ärzte und Apotheker sind gefordert, zu reagieren, falls sie Anzeichen erkennen.
Wir haben festgestellt, dass 60 bis 70 Prozent der Menschen, die Selbstmord begangen haben, kurz davor ihren Hausarzt aufgesucht haben. Das sind deutliche Indikatoren“, so François D’Onghia.
Die beiden verbreitetsten Todesursachen sind Krebs und Herzkreislaufversagen. 25 Prozent der Bewohner Luxemburgs sterben an Krebs. Bei Frauen ist das Lungenkrebsrisiko gestiegen, derweil es bei den Männern gesunken ist. „Vor allem durch die Prävention“, erklärt Guy Weber. 90 Prozent der Fälle entstehen durch Tabakkonsum.
Für die Zukunft will das Gesundheitsministerium die Überwachung der Sterbefälle verbessern, Datenerhebung noch einmal verfeinern und den Totenschein überarbeiten.
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