/ Die Wunder des Wassers
Fünfzig Meter unter den Straßen der Oberstadt führt ein 900 Meter langer Tunnel vom Petrustal unterhalb der „Gëlle Fra“ bis zur „Rouder Bréck“. Das Bauwerk ist normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Doch gestern konnten die Kinder von neun Luxemburger Schulklassen dort bei einer spannenden Aktion mitmachen.
Stefan Osorio-König
LUXEMBURG – Feuchte, lauwarme Luft schlägt einem entgegen, sobald man das unscheinbare, grüne Tor im Petrustal hinter sich gelassen hat und die ersten Stufen in Richtung Tunnel hinabsteigt. Brillengläser beschlagen im Halbdunkel, die Spannung bei den Kindern steigt.
Schon nach wenigen Metern gelangen sie an eine erste Station, wo ihnen Bautenschöffin Anne Brasseur erklärt, wie die Wasserversorgung in der Hauptstadt funktioniert.
„Immer wenn wir duschen oder uns die Zähne putzen, dann verwenden wir Wasser, das aus einer der 72 Quellen in und um die Stadt herum kommt“, so Brasseur, „und das Wasser kommt zu uns in die Wohnungen durch 375 Kilometer Rohrnetze. Das ist mehr als die Strecke nach Paris.“
Das reibungslose Funktionieren dieses großen Netzes kostet die Stadt 14 Millionen Euro jährlich. Hinzu kommen noch einmal sechs Millionen Euro jährlich an Investitionen.
„Und trotzdem kosten 1.000 Liter Wasser nur 2,15 Euro. Das ergibt auf den Liter gerechnet nur einen Bruchteil von einem Euro-Cent“, so Brasseur weiter. „Es gibt aber viele Länder auf dieser Welt, wo es alles andere als einfach ist, sauberes Wasser zu bekommen.“
Um den Kindern ebendiese Probleme des sauberen Trinkwassers in vielen Ländern zu veranschaulichen, hat die Hilfsorganisation „Care“ die Aktion tief im Untergrund der Hauptstadt mitgestaltet.
„Wir wollen den Kindern zeigen, wie schwer es in Entwicklungsländern ist, sauberes Wasser zu bekommen“, erklärt Frédéric Haupert, Luxemburger Direktor von „Care“. „Dort müssen die Menschen oft kilometerweit zu Fuß gehen, um an einem Brunnen mit Kanistern und Eimern Wasser zu holen.“
Deswegen war es eine der Aufgaben für jede Schülerin und jeden Schüler, zwei halb gefüllte Eimer Wasser über eine Strecke von rund fünfzig Metern zu tragen.
Alle 20 Sekundenstirbt ein Kind
Für jeden so getragenen Liter spendet die Stadt Luxemburg einen Euro an „Care“. „Mit dem Geld möchten wir eine Schule im Flüchtlingslager Dadaab in Kenia renovieren“, so Haupert weiter.
In Dadaab leben 250.000 Menschen. „Das ist eine richtige Stadt“, so Haupert. „Aber wenn die Menschen jeden Tag um das Nötigste kämpfen müssen, dann bleibt oftmals das saubere Trinkwasser auf der Strecke.“
Doch verunreinigtes Wasser führt häufig zu schweren Krankheiten wie Cholera, die in vielen Fällen einen tödlichen Verlauf nehmen. Besonders tragisch ist eine Zahl: Alle 20 Sekunden stirbt ein Kind durch unsauberes Wasser.
Wie wichtig es ist Wasser zu filtern und wie schädliche Viren und Bakterien unschädlich gemacht werden können, konnten die Kinder an einer anderen Station im Tunnel ausprobieren.
Dreckiges Wasser wurde erst durch groben Kies in ein Gefäß laufen gelassen, dann durch feineren Kies. So wurden schon viele Verunreinigungen und Schwebstoffe aus dem Wasser entfernt.
Das so gefilterte Wasser ist aber noch nicht frei von Mikroben. Diese können durch Abkochen oder spezielle Tabletten unschädlich gemacht werden.
Dass das Leben im Wasser aber auch spannend sein kann, davon konnten sich die Kinder an einem Stand des „Haus vun der Natur“ überzeugen.
Unter einem Mikroskop konnten sie lebende einheimische Wassertierchen beobachten: Vom Teichkäfer über die Schwimmwanze bis hin zum Wasserskorpion, dessen Hinterteil kein Stachel ist, auch wenn es so aussieht, sondern eine Luftröhre, die er beim Tauchen als eine Art Schnorchel benutzt.
„Wisst ihr, wie viele Liter Wasser in Luxemburg als Regen fallen?“, fragt Pascal Hack die Schülerinnen und Schüler an einer Station, die den Kreislauf des Wassers von der Verdunstung über dem Meer über das Abregnen auf dem Land bis hin zum Wasserhahn im Badezimmer veranschaulichte.
Die Antwort: 820 Liter pro Jahr und pro Quadratmeter. Der Pro-Kopf-Konsum liegt bei 160 Litern pro Tag.
Nach gut eineinhalb Stunden war die Exkursion zu Ende. Und als die Kinder aus dem feucht-warmen Tunnel wieder ins Freie traten, war überall vor ihnen Wasser. Diesmal aber in Form von Schnee.
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