„Die Täter kamen aus unseren Reihen“

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Kamen die Bombenleger doch aus den Reihen der Gendarmerie? Die Spur verdichtete sich auch während des Prozesstages am Donnerstag. Die Ermittler zitieren Aussagen ehemaliger BMG-Mitglieder.

Wird der Kreis der Tatverdächtigen in der Bombenlegeraffäre enger? Die Ermittler zeigen auf die Gendarmerie insbesondere die Brigade mobile. Dort war das Knowhow in Sachen Sprengstoff, dort war das Wissen um die Ermittlungsarbeiten. Die Verteidigung wies am Mittwoch mehrmals die Aussagen der Ermittler als voreilige Schlussfolgerungen zurück. Denselben Kurs schlugen sie am Donnerstag ein.

Der 44. Prozesstag beginnt jedoch mit Rechten und Pflichten von Mitgliedern der großherzoglichen Familie. Können die Mitglieder der großherzoglichen Familien wie normale Zeugen vor Gericht gehört werden? Die Frage beschäftigte das Gericht bereits vor einigen Tagen. Die Prinzen Jean und Guillaume sind als Zeugen vorgeladen.

Für Anwalt Gaston Vogel ist die Sachlage eindeutig. Die beiden Prinzen sind normale Luxemburger Bürger ohne spezielle Privilegien, sagt er am Donnerstag den Richtern. Das Gericht nimmt zur Kenntnis. Ebenso die Aussagen von Me Lydie Lorang bezüglich der dubiosen Beschattungen von Ermittlern und von Generalstaatsanwalt Robert Biever. Sie wolle zunächst den Bericht der Ermittler abwarten, so Conter.

Saßen die Täter in der Gendarmerie

Der Prozess wird fortgesetzt. Erneut steht Ermittler Joël Scheuer im Zeugenstand. Er erhärtet die am Vortag geäußerte Vermutung einer Mittäterschaft aus Gendarmerie-Kreisen mit weiteren Details. Er spricht von Schießübungen in einer Feidt-Steingrube in Brouch, von Kletterübungen an RTL-Masten. Die BMG’ler hätten bereits aus beruflichen Gründen gute Ortskenntnisse gehabt. Die BMG-Mitglieder hatten zu jedem Zeitpunkt Zugang zum Findel. Auf dem Gelände trainierte die Einheit Geiselbefreiungsaktionen aus Flugzeugen, so Ermittler Scheuer. Auch von den mentalen und körperlichen Fähigkeiten der Täter her passt das Täterprofil auf die BMG-Mitglieder.

Eine Täterschaft aus den eigenen Reihen vermuteten auch Gendarmerie-Beamte selbst, so Scheuer, der von Befragungen bei der Gendarmerie berichtet. Selbst bei der Cegedel, die angeblich erpresst werden sollte, ging man von Tätern aus der Polizei und der Gendarmerie aus. Ermittler Scheuer zitiert aus Aussagen eines Ex-BMG-Mitglieds. Die BMG habe sich seit ihrer Gründung boykottiert gefühlt. In der BMG habe es eine interne Clique gegeben. Die beiden Angeklagten Marc Scheer und Jos Wilmes hätten zu diesem kleinen Kreis gehört.

Einspruch von den Verteidigern. Hätten die Täter Reformen durchsetzen wollen, hätten sie die Attentate sofort einstellen müssen. Schließlich wurde an derlei Reformen gearbeitet. Doch die Anschläge wurden fortgesetzt. Der Anschlag auf das Landesystem auf Findel sei von den „Special Forces“ verübt worden, so Me Gaston Vogel mit Blick auf ausländische Armeespezialeinheiten.

Das seltsame Verhalten der Chefs

Die mögliche Beteiligung von Spezialkräften erwähnen die Ermittlungsergebnisse nicht. Scheuer verfolgt die interne Spur. Dabei kommt auch das seltsame Verhalten der damaligen Chefs zur Sprache. Ob Colonel Wagner oder sein Nachfolger Harpes – Beide hatten einen speziellen Charakter, so Scheuer. Harpes hatte bei seinem Dienstantritt als Kommandant bei der Gendarmerie im Herbst 1985 nach eigenen Angaben keine Kenntnisse über die Bommeleeër. Staunen bei Richterin Conter.

Noch mehr Fragen wirft jedoch der damalige BMG-Chef und spätere Polizeigeneraldirektor Pierre Reuland bei den Ermittlern auf. Einer Aktennotiz zufolge sagte Reuland, auch wenn man mehr wisse, müsse man nicht alles sagen. Scheuer spricht vom seltsamen Verhalten von Reuland während den Anhöhrungen. Internen Gerüchten zufolge habe sich Reuland beim damaligen Justizminister dafür eingesetzt, dass die Ermittlungen im Dossier Bommeleeër nicht wieder aufgenommen werden. Der damalige Justizminister hieß Luc Frieden.

Die Hypothese von Tätern aus den Rängen der Sicherheitskräfte dürften auch die Aussagen eines leitenden Mitglieds der BMG nicht abschwächen. Das Gegenteil ist der Fall. Zwei Wochen vor seinem Tod sagte Jos Steil, führendes Mitglied der BMG, den Ermittlern: „Die Täter kamen aus unseren Kreisen“.