Die Luxair steht am Abgrund

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Luxair wird für das Geschäftsjahr 2012 einen zweistelligen Millionen Bilanzverlust ausweisen. Das deuteten der Verwaltungsratvorsitzende Paul Helminger und der Generaldirektor Adrien Ney im Gespräch mit Tageblatt.lu an.

Die Luxair-Gruppe besteht aus vier Standbeinen: Frachtabfertigung, Airline, Touristik sowie das Catering, das Handling und die Flughafenshops als letztes Standbein. Die Airline wird für 2012 einen Verlust von 19 Millionen Euro ausweisen. Die Frachtabfertigung wird ebenfalls einen Verlust ausweisen. In der Touristik geht der Gewinn um eine Million Euro auf fünf Millionen Euro zurück. Aussagen zum Catering, Handling und den Flughafenshops gibt es nicht. Die Touristik wird mit ihrem Gewinn die Verluste beim Fliegen und in der Fracht nicht ausgleichen. Über andere Möglichkeiten, die Verluste auszugleichen, verfügt die Luxair nicht. Die Folge: „Wir verfügen zwar über eine anständige Bilanz. Die LuxairGroup wird das vergangene Geschäftsjahr aber mit einem deutlichen Verlust abschließen,“ sagt Ney. Verwaltungsratsvorsitzender Helminger hat die Bilanz derzeit noch nicht unterschrieben.

Klage gegen Luxair-Spitze?

Anders als im Vorfeld angekündigt, hat der Verwaltungsrat dennoch eine Entscheidung getroffen, so der OGBL am Montagabend. Man habe den Gewerkschaften versprochen, dass keine Entscheidung zur Roland-Berger-Studie fallen werden. Angenommen worden sei jedoch das Strategie-Modell der Luxair-Generaldirektion und das sehe der Vorlage der Beraterfirma zum Verwechseln ähnlich, so Hubert Hollerich (OGBL). Er spricht von Vertrauensbruch und schließt eine Klage wegen Verstosses gegen das Mitbestimmungsgesetz nicht aus. Der gemischte Betriebsrat hatte kaum Zeit sich ausführlich mit der möglichen neuen Strategie zu beschäftigen, so Hollerich.

In einer Mitteilung von Luxair nach der Verwaltungsratssitzung heisst es, die Geschäftsleitung von LuxairGroup teile die von Roland Berger vorgenommene Analyse. Man habe sich verpflichtet, dass die Maßnahmen gemäß dem „Luxemburger Modell“ im Rahmen der Neuverhandlung des Tarifvertrags erörtert werden. (lmo)

Bei den Verlusten für das vergangene Jahr bleibt es nicht. Die Luxair schleppt erhebliche Belastungen für die Tochtergesellschaft Cargolux mit sich herum. Helminger: „Die Verbindungen zwischen Luxair und Cargolux sind bedeutend enger als es nach draußen den Anschein hat. Alleine tausend unserer 2.500 Mitarbeiter sind mit der Frachtabwicklung am Flughafen beschäftigt.“ Die Frachtabwicklung beruht in erheblichem Maße auf der Tätigkeit der Cargolux.

„Abenteuer“ Qatar Airways

Luxair wird hier insbesondere durch das von der luxemburgischen Regierung veranlasste „Abenteuer“ Qatar Airways betroffen. Die heimische Fluglinie hält 43 Prozent am Kapital der Frachtfluggesellschaft Cargolux. Luxair verfügt über Rücklagen in Höhe von 320 Millionen Euro. Davon sind allerdings nur 220 Millionen frei verfügbar. Diese Spardose wird in diesem und im kommenden Jahr fast völlig von der Cargolux geleert. Ney: „Wir werden uns natürlich in der Höhe unserer Anteile, also mit 43 Millionen Euro, an der anstehenden Kapitalerhöhung in Höhe von 100 Millionen beteiligen. Wir werden uns auch an der weiteren Kapitalerhöhung in Höhe von 175 Millionen Euro anteilig beteiligen.“ Beide Kapitalerhöhungen verbrauchen mehr als die Hälfte der freien Rücklagen.

Dabei bleibt es aber nicht. Für das Qatar Abenteuer muss die Luxair noch einmal tief in die Spardose greifen. Helminger:“ Die Aktionäre werden den Anteil in Höhe von 35 Prozent, den die Regierung von Qatar Airways zurückgekauft hatte, als „ Portage“ übernehmen. Allerdings wird sich daran die Staatssparkasse nicht beteiligen. Nur die Luxair und die staatliche Strukturbank SNCI werden diese 35 Prozent übernehmen. Luxair trägt dabei deutlich mehr als den Betrag, der auf den Kapitalanteil von 43 Prozent entfallen würde.“ Geht man im schlimmsten Falle davon aus, dass aus diesen Rücklagen zusätzlich der Verlust aus dem Geschäftsjahr 2012 zu bezahlen wäre, dann würden der Luxair nur noch um die 30 bis 50 Millionen freie Rücklagen zur Verfügung stehen. Für eine Fluggesellschaft ist das weniger als ein Tropfen auf einen heißen Stein.

„Wettbewerb verzerrende Aktion“

Der Hintergrund für diese Aktion: Nach Tageblatt.lu-Informationen übt die europäische Kommission Druck auf die luxemburgische Regierung aus. Sie vermutet, dass es sich bei der Übernahme des 35-Prozent-Anteiles von Qatar Airways durch die luxemburgische Regierung um eine unerlaubte und den Wettbewerb verzerrende Aktion des luxemburgischen Staates handele.

Wie will sich die LuxairGroup aus dieser schwierigen Situation befreien und eine tragende Basis für die Zukunft schaffen? Luxair hatte Ende vergangenen Jahres das Münchner Beratungsbüro Roland Berger mit einer Durchleuchtung des Unternehmens, einer Situationsbeschreibung und Vorschlägen für die Zukunft beauftragt. Dem Verwaltungsrat der Fluggesellschaft, der am Montag um 14 Uhr zusammengetreten war, stellten die Fachleute aus München eine umfangreiche Studie mit Lösungsvorschlägen zur Verfügung. Die wesentlichen Punkte sind: Luxair soll seine 3-Typen-Flotte bereinigen, weil sie zu umfangreiche Kosten verursacht. Verkleinern dürfe Luxair die Flotte nicht. Dann würden die Kosten zu hoch. Luxair muss weiter bis zum Jahre 2015 ein finanzielles Gleichgewicht herstellen.

Drei Aufgabenbereiche

Aus der Studie ergeben sich, so Helminger, drei Aufgabenbereiche: die Einnahmen müssen gesteigert, die Kooperationen insbesondere mit Lufthansa und Air France verbessert und die Kosten gesenkt werden. Helminger: „Wenn wir die Löcher, die sich derzeit auftun, nicht stopfen, dann dürfen wir keine neuen Maschinen mehr kaufen“. Generaldirektor Ney dazu: „Wir befinden uns in einem gnadenlosen Konkurrenzkampf, in dem Fluggesellschaften sterben. Nach dem Konkurs der Spanair im vergangenen Jahr hat Anfang dieses Jahres die norddeutsche Regionalfluggesellschaft OLT Insolvenz angemeldet. Die Lufthansa hat ihren Vertrag mit der deutschen Fluglinie Augsburg Airline gekündigt. Andererseits hat die Europäische Kommission der Ryanair erneut verboten, die irische Airlingus zu übernehmen. Die Luxair gehört noch zu den wenigen Regionalfluggesellschaften in Europa, die nicht zu einer großen Gruppe gehören und eigenständig überleben. Air France hat angekündigt, ihre Regionalfluggesellschaft City Jet zu verkaufen. Wir müssen jetzt die Bedingungen dafür schaffen, dass wir auch in der Zukunft überleben können“.

Wie sollen diese Bedingungen erreicht werden? Helminger: „Wir müssen bis inklusive 2015 jährlich finanzielle Verbesserungen in Höhe von 25 Millionen Euro erzielen. Dazu wollen wir die Einnahmen jährlich um vier Millionen Euro erhöhen. Wir wollen weiter mit unseren Partnern unsere Beteiligung an gemeinsamen Flügen um 4,5 Millionen Euro verbessern. Der Rest muss durch Einsparung bei den direkten Kosten erzielt werden.

Preisstrukturen verändern

Im Bereich der Einnahmen will Luxair ihre Preisstrukturen verändern. Seit vergangener Woche Freitag wirbt die Fluggesellschaft mit Preisen von 99, 129 und 149 Euro für ihre Flüge. „Wir wollen uns in der Zukunft verstärkt um die Freizeit-Kundschaft kümmern, ohne die Geschäftsleute zu vernachlässigen,“ sagen Ney und Helminger. Sie geben zu, dass in dieser neuen Preisstruktur auch ein Risiko liegt. Mit der Senkung der Preise brauche man mehr Passagiere. Allerdings sind beide Manager zuversichtlich. Helminger und Ney wissen, dass für die Luxair die Konkurrenz stärker werde. Mailand, London und München, ab dem 17. Mai auch Barcelona werden auch von anderen Fluggesellschaften aus Luxemburg heraus angeflogen. Dennoch gehen sie davon aus, dass die Luxair auf diesen Strecken die Passagierzahlen um fünf Prozent steigern könne.

Ein wesentlicher Punkt in der Restrukturierung der Luxair ist nach Auffassung von Helminger die Kostensenkung. „Wir suchen das Gespräch mit den Gewerkschaften. Wenn wir alle zusammenarbeiten, hat die Luxair eine reelle Zukunft. Die Gewerkschaften müssen aber wissen, dass sie sich nicht mehr auf den Staat beziehen können. Der Staat kann nicht mehr. Das muss klar in den Köpfen sein. Wir wollen keinen Sozialplan und wir wollen auch keine Entlassungen. Aber wir müssen dafür sorgen, dass wir kein Geld verlieren. Unsere Personalkosten sind in den vergangenen fünf Jahren um zwanzig Prozent gestiegen. Das können wir uns nicht mehr leisten. Luxair fliegt einen Sitz auf einem Kilometer für 18 Cent. Lufthansa Regional legt dieselbe Strecke für 12 Cent zurück.“ Die beiden Manager lassen keinen Zweifel daran, dass Luxair dahin kommen müsse.

Von der finanziellen Gesundung der Luxair hängt auch die Zukunft der Flotte ab. LuxairTours bekommt 2014 und 2015 eine weitere Boeing 737 für den Tourismus Bereich. Und ab 2015 soll die Erneuerung der Linienflotte beginnen. Nicht ausgeschlossen ist dann eine Rückkehr zur Düse. Bombardier hat gerade die C-Serie mit Düsenantrieben vorgestellt. Mitsubishi will mit einer neuen Maschine auf den Markt kommen. Und auch Embraer will seine Maschinen mit sparsameren Düsen ausrüsten. Ney: „Das geht aber nur, wenn wir das Unternehmen finanziell in Ordnung gebracht haben. Sonst können wir nicht in neues Material investieren. Alle Gesellschaften aber, die in den vergangenen Monaten aufgegeben haben, hatten aufgehört zu investieren.“