/ Die Logistik wird erwachsen

Als der frühere Wirtschaftsminister Jeannot Krecké durch die Welt zog und Luxemburg als Standort für Logistik verkaufen wollte, biss niemand an. Die Situation war verzwickt. Luxemburg konnte nichts vorweisen und niemand war zunächst bereit, hierzulande den Eisbrecher zu spielen. Logistik war etwas, das sich langsam entwickelte. Erst, als Luxemburg ernsthafte Vorleistungen erbrachte, Contern als Logistik-Standort vermarktete, dann mit dem Gelände der WSA begann, als schließlich das Cargo Terminal aktiv vermarktet wurde, begann der Aufschwung Luxemburgs zum Logistik-Zentrum in Europa.
Was der frühere Wirtschaftsminister vorbereitet hat, kann der heutige Wirtschaftsminister erfolgreich vermarkten. Die Auswirkung: Im Jahre 2005 gab es 10.967 Arbeitsplätze in diesem Sektor. Vor zwei Jahren waren es bereits 12.906. Einen ähnlichen Aufschwung gab es bei den Unternehmen. Vor acht Jahren waren es 694 Unternehmen. Vor zwei Jahren lag ihre Zahl bei 780. Der Logistik-Sektor liegt mit der Zahl der Arbeitsplätze deutlich vor der schrumpfenden Stahlindustrie, die weniger als die Hälfte vorweist. Und: Er zählt jetzt schon zwei Drittel der Arbeitsplätze der Investmentfonds-Industrie.
Jobs für Niedrigqualifizierte
Die Bedeutung liegt aber in einem anderen Bereich, betont Schneider. Im Logistik-Sektor können weitgehend Arbeitskräfte untergebracht werden, die ungelernt sind. Der Logistik-Sektor erfüllt damit die Funktion, die früher die Stahlindustrie in Luxemburg erfüllte.
Allerdings kommt man heute auch in diesem Sektor nicht ohne bestimmte Qualifikationen aus. So bezahlt das Arbeitsministerium nötigenfalls den Lastwagen-Führerschein, damit Arbeitslose einen Job in einer Transportfirma finden. Der Führerschein kostet 3.000 Euro. Das kann sich ein Arbeitsloser nicht leisten. „Es ist billiger, ihnen den Führerschein zu bezahlen, als Arbeitslosengeld. Der Führerschein bietet die Perspektive der Einstellung“, sagt Schneider.
Ein einziger Ansprechpartner für die Unternehmen
Das Beispiel, das konkret im Falle der Ansiedlung einer Firma verwirklicht wurde, zeigt den Arbeitsstil des Wirtschaftsministers. Er geht den Weg der Kooperation mit dem Verkehrsminister und dem Arbeitsminister, um Probleme für Unternehmen zu lösen, die sich in Luxemburg ansiedeln wollen. Die Adem wird dabei konsequent als Vermittler einbezogen. Derzeit arbeiten Wirtschafts- und Arbeitsminister daran, für eine Firma aus dem Logistikbereich, die sich in Luxemburg ansiedelt, 200 Arbeitskräfte zu finden und sie nötigenfalls auszubilden. „Wir haben von dem Unternehmen einen genauen Stellenplan erhalten und suchen nun die Mitarbeiter“, sagt Schneider. Wenn die Firma sich ansiedelt, hat sie die Mitarbeiter und verliert keine Zeit. Sie ist startklar. Das ist unser Ziel und das soll unsere Reputation werden. Wir regeln alles. Das Unternehmen hat nur einen Ansprechpartner und muss sich nicht durch die Institutionen quälen.“
Ohne den Transportminister geht es dabei nicht. Claude Wiseler weist insbesondere auf den Flughafen hin. Er wurde für die neuen großen Frachtmaschinen adaptiert. Der Luftfracht-Frachtverkehr hat sich erheblich erweitert in den vergangenen vier Jahren. „Statt 85 werden heutzutage 100 Destinationen angeflogen. Die heimische Frachtfluggesellschaft Cargolux hat ihren Flugzeugpark von 14 Maschinen auf 18 ausgedehnt und fliegt nun 90 Destinationen weltweit an. Die Mitarbeiterzahl wurde um 81 aufgestockt. Cargolux gehört zu den großen Arbeitgebern im Land. Die Tonnage entwickelt sich wieder positiv, nachdem in der Folge der Finanzkrise ein scharfer Einbruch erfolgt war. Im vergangenen Jahr wurden 615.000 Tonnen Fracht auf Findel abgefertigt.
Das Hinterland der großen Häfen
Wiseler kann darauf verweisen, dass nach dem Ausbau der Eisenbahnstrecke nach Petingen sich die Zahl der Züge verdreifacht hat. Im Frachtbereich werden in Bettemburg heutzutage 47.000 Lastwagen-Anhänger verladen. Konsequent ausgebaut wurde der multimodale Bereich mit einer Investition von 210 Millionen Euro. Hier können jetzt pro Jahr 300.000 Container und 200.000 Lastwagen umgesetzt werden. Wesentlich dabei: „Wir haben es geschafft, als Hinterland der großen Häfen Rotterdam, Amsterdam, Antwerpen und Zeebrügge anerkannt zu werden,“ sagt Wiseler.
Eine weitere Kooperation zwischen Wiseler und Schneider gibt es in der Umsetzung der Transportschiene zwischen Luxemburg und Istanbul. Die türkische Mars Logistics soll bereit sein, nach den ersten positiven Erfahrungen ihr Engagement in Luxemburg zu verdreifachen.
Die Logistik ist dabei nicht nur der Transport an sich. In Luxemburg lassen sich mittlerweile auch Unternehmen nieder, die produzierenden Unternehmen Transportlösungen anbieten. Eines der größten der Welt, Expeditor aus Seattle, ist mit sechs Personen seit November 2012 auf dem Fracht-Terminal vertreten. Luxemburg hat sich, so sieht es aus, auf dem weltweiten Logistikmarkt etabliert.
(Helmut Wyrwich/Tageblatt.lu)
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