Die Hauptstadt als Nabel der Großregion

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Eine Studie des CEPS Instead beschäftigt sich mit dem Status von Luxemburg-Stadt als internationale Metropole. René Hoffmann

Die Metropolisierung ist eine neue Form der Urbanisierung. Sie besteht unter anderem aus einer Konzentration der Kompetenzen und einer Verstärkung der Relationen zwischen verschiedenen Ortschaften. Eine Metropole entwickelt auf diese Weise ein Eigenleben.
Luxemburg – mit nur 87.000 Einwohnern – ist dabei, eine solche Metropole zu werden. Die ökonomische Attraktivität und der internationale Ruf der Hauptstadt sind unumstritten. Dazu kommt, dass die Stadt Sitz diverser europäischer Institutionen und einer der größten Bankplätze Europas ist. Die Konzentration typischer Berufe (Anwälte, Ärzte, Freiberufler, Bankangestellte, Versicherungsvertreter, Lehrkräfte …) für eine Metropole ist normal. So hat sich die Arbeitswelt Luxemburgs in den letzten Jahren gewandelt. Die zentrale Lage in Europa und die Diversifizierung der Aktivitäten, die immer mehr hochqualifiziertes Personal nach Luxemburg brachten, sowie ein sozioökonomisch günstiges Umfeld haben viel zum Erfolg der Stadt beigetragen. Nicht zu vergessen ein vorteilhaftes Steuersystem, das die Niederlassung fremder Firmen begünstigt. Die luxemburgische Hauptstadt wird immer mehr zum Motor der wirtschaftlichen Diversifizierung des Landes.

Immer größere Kreise

Der Erfolg Luxemburgs stützt sich auf die Hilfe vieler Grenzgänger. 40 Prozent der Arbeitnehmer im Großherzogtum kommen aus dem nahen Ausland. Luxemburg hat sich so im Laufe der Jahre nicht nur zu einem nationalen Zentrum gemausert, sondern ist zu einem grenzüberschreitenden ökonomischen, kulturellen, politischen und sozialen Dreh- und Angelpunkt geworden. Die Anzahl der für eine Metropole typischen Berufe ist zwischen 1994 und 2005 von 61.675 auf 107.424 gestiegen. Es sind vor allem die Banken, Dienstleistungsbetriebe und internationalen Institutionen, die immer mehr hochqualifiziertes Personal benötigen. Es gibt jedoch noch Handlungsbedarf. Die Manufakturen im Bereich der Spitzentechnologie sind zum Beispiel noch nicht sehr entwickelt. Der Kultur- und Schulbereich zeichnet sich durch ein deutliches Wachstum aus, das aber weit hinter dem des Banken- und Dienstleistungssektors bleibt. Die Schaffung einer Universität und kultureller Einrichtungen hat noch keine Früchte getragen. 2005 waren 86 Prozent der qualifizierten Arbeitsstellen in Luxemburg-Stadt und ihren Randgemeinden (Niederanven, Sandweiler, Bartringen, Strassen) konzentriert. Nur 5,4 Prozent sind im Süden und 2,1 Prozent in der Nordstad zu finden. Die Hauptstadt zählt so 73.000 von insgesamt 93.000 Stellen, wo großes Wissen gefragt ist. In Esch/Alzette, die zweite Stadt im Lande, arbeiten hingegen nur 2.268 qualifizierte Personen. Eine Kehrtwende ist nicht in Sicht. Der Zuwachs der großstadtspezifischen Stellen ist schneller in Luxemburg-Stadt als in den anderen Gegenden des Landes. Auch die Grenzstädte in Deutschland, Belgien und Frankreich stehen im Schatten der Entwicklung der luxemburgischen Hauptstadt. Die Bevölkerungsdichte stadtspezifischer Arbeitnehmer in Luxemburg ist mit 235 viel größer als zum Beispiel in Esch/Alzette (140), Petingen (98), Ettelbrück und Diekirch (48), Longwy (88), Villerupt (62) oder Thionville (42). Viele Vertreter der typischen Berufe einer Metropole haben Luxemburg-Stadt und ihre Randgebiete also als Wohnort gewählt. Seit ein paar Jahren leben jedoch auch viele Angestellte im Süden Luxemburgs. Das Einflussgebiet der Hauptstadt wird immer größer und ragt inzwischen über die Grenzen Luxemburgs hinaus. Ein Risiko birgt die schnelle Entwicklung der Stadt zur grenzüberschreitenden Metropole dennoch. Die Forscher des CEPS Instead warnen, dass sie nicht zu einem Ungleichgewicht zwischen entwickelten und weniger entwickelten Regionen führen darf.