Der Druck auf die Ermittler

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Die Ermittler mussten auch unter Kollegen ermitteln. Die Sitzung beginnt jedoch mit dem vermeintlichen Druck auf die Ermittler. Die Autoren: Unter anderem die Polizeispitze.

Stammten die Attentäter oder die geistigen Urheber der Anschläge aus den Reihen der Brigade Mobile? Etliche Aussagen der Ermittler in den vergangenen Wochen deuteten darauf hin. Seit Wochenbeginn steht das Innenleben der Brigade mobile der Gendarmerie BMG im Blickfeld des Gerichts, ihre Probleme seit ihrer Gründung, die von Personal- und Materialmangel bis zu Arbeitsüberlastung und schlechte Stimmung in der Elite-Einheit reichen. Die Aussagen des Ermittlers fokussierten sich am Dienstag auf Pierre Reuland, der in den Jahren der Attentatsserie Chef der BMG war.

Was dachte man in der BMG über die Täter? Antworten auf diese Fragen wollten die Ermittler am Mittwoch geben. Sie ermittelten bei ihren früheren Kollegen.

Die Sitzung beginnt jedoch mit den Vorwürfen, auf die Ermittler sei Druck ausgeübt worden. Die Staatsanwaltschaft möchte einen der Ermittler in den Zeugenstand rufen. Verteidiger Gaston Vogel will dazu auch den Polizeioffizier Solagna hören.

Druck aus den eigenen Reihen

Nur wenige Minuten dauert die Sitzungsunterbrechung, dann tritt Ermittler Joël Scheuer in den Zeugenstand. Er ist einer der Ermittler im Dossier Bommeleeër.

Tatsächlich sei auf die Ermittler Druck ausgeübt worden, sagt Scheuer. „Wir bekamen aus dem eigenen Kader Druck.“ Die Ermittler haben diese Vorfälle fein säuberlich notiert. Scheuer zitiert aus einer Aktennotiz vom 10. August 2005: „Andrée Colas: Luc Frieden ist von den Ermittlungen genervt“.

„Man muss nicht immer alles sagen

Bei einer Abschiedsfeier 2006 soll der damalige Polizeidirektor Pierre Reuland den Ermittlern gesagt haben, man müsse nicht immer alles sagen, auch wenn man mehr wisse. Er hoffe, dass die Ermittlungen bald abgeschlossen werden. Es müsse zu einem Abschluss kommen, damit endlich Ruhe einkehrt. Zu jenem Zeitpunkt ermittelten die Ermittler unter den Polizeibeamten. Sie sollten doch endlich „Holz auf die Akten“ legen, riet Reuland den Ermittlern. Für die war sofort klar: Reuland weiss mehr, so Scheuer.

Auch der Chef der Kriminalpolizei Patrice Solagna soll versucht haben, die Ermittler von ihrer Arbeit abzuhalten. Unter anderem forderte er sie mehrmals auf, zurück in die Zentrale in Hamm einzuziehen. Den vier Bommeleeër-Ermittlern waren getrennte Räumlichkeiten im Stadtzentrum zur Verfügugng gestellt worden, weit weg von den Kollegen. Die Ermittlungen gingen in eine ganz besondere Richtung, und zwar die Gendarmerie. Es störte Reuland und Solagna, dass im Polizeikorps ermittelt wurde, so Scheuer. Laut Solagna gab es Druck von verschiedenen Seiten. Nicht nur der Polizeichef wolle, dass die Ermittlungen eingestellt werden.

Staatsanwalt: Das ist eine Drohung

Den Ermittlern wird gedroht, ihnen könnten in Zukunft Karrierenachteile erwachsen, ihre Stellen im Polizeikader könnten besetzt werden. Staatsanwalt Georges Oswald interpretiert dies vor Gericht am Mittwoch als „Drohung“.

Staatsanwalt Robert Biever wurde über die Vorkommnisse informiert. Er sei entsetzt gewesen, so Scheuer. Solagna hatte die Einstellung der Ermittlungen bis zum 1. März 2007 gefordert.

Schlaflose Nächte für Luc Frieden

Unruhige Nächte verbringt auch der damalige Justizminister Luc Frieden (CSV). In einem Telefonat mit Biever vertraut er ihm an, er könne seit Tagen nicht mehr schlafen. Er befürchte einen Krieg zwischen Justiz und Polizei. Dabei würde die Justiz den Kürzeren ziehen. Hintergrund war der vorbereitete Rausschmiss von Polizeichef Pierre Reuland und dessen Stellvertreter Guy Stebens.

Stebens gab sich nicht geschlagen. Laut Ermittler Scheuer soll er mithilfe der Polizeigewerkschaft versucht haben, sich bei der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs über Justizbehinderung einzumischen. Empörung bei Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung.

„Die Täter kommen aus den eigenen Reihen“

Die Ermittler sehen sich angesichts des andauernden, massiven Drucks darin bestätigt, dass die Täter aus den eigenen Reihen kommen. „Man baut nicht ohne Grund einen solchen Druck auf. Man will etwas damit erreichen“, so Scheuer.

Richterin Conter ruft Scheuers Ermittler-Kollegen Klein, Marx und Weis in den Zeugenstand. Sie bestätigen die Aussagen Scheuers voll und ganz.