/ Den Schlafhändlern das Handwerk legen
KAYL – Im Kampf gegen Gaststättenbetreiber und andere Privatleute, die Zimmer, Betten und Matratzen für teures Geld meist an Gastarbeiter oder andere sozial benachteiligte Personen vermieten, haben sich die Kayler mit der Abgeordneten und Escher Schöffin Vera Spautz prominente Unterstützung ins Boot geholt.
Die Escher sind ebenfalls schon seit zwei Jahren auf der Jagd nach „Schlafhändlern“. In der Minettemetropole leben etwa 600 Menschen in kleinen Gaststättenzimmer, die oft in einem schlechten Zustand sind. Einige mehr sind aber noch angemeldet. Das liegt daran, dass viele Mieter solcher Zimmer sich nur saisonal hier aufhalten und sich nach ihrem Auszug nicht abmelden. In vielen Fällen werden sogar nur Matratzen im Acht-Stunden-Takt, vorwiegend an Schichtarbeiter, vermietet.
In Esch hat die Aktion gegen Schlafhändler schon erste Früchte getragen. Nachdem die Gemeindeführung zusammen mit der Polizei vor einigen Monaten alle Kneipen in der Stadt kontrolliert und zahlreiche Verstöße geahndet hatte, wurden die Wirte dazu verpflichtet, gravierende Mängel zu beheben. Zwei Cafés werden in Kürze amtlich geschlossen, weil die Zustände so schlimm sind, dass eine kurzfristige Sanierung nicht möglich ist.
Doch mittlerweile, so Vera Spautz, haben die „Schlafhändler“ schon neue Strategien entwickelt, um mit unlauteren Mitteln gutes Geld zu verdienen. Einige gründen gemeinnützige Vereine (Asbl.), über die sie das Geschäft mit den Schlafplätzen abwickeln. Wenn diese Vereine dann zur Verantwortung gezogen werden sollen, melden sie einfach Konkurs an. Andere vermieten aus Angst vor Kontrollen erst mal nicht, bieten den potenziellen Mietern aber einen Platz auf einer Warteliste an, für den allein sie schon teuer bezahlen müssen.
Die Schwierigkeit bestehe vor allem darin, dass zurzeit nicht genug bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht, erklärte Vera Spautz. Die Kaufpreise für Wohnungen seien einfach zu hoch, so dass viele darauf angewiesen sind, ein Zimmer zu mieten und dementsprechend auch horrende Mietpreise (zwischen 550 und 900 Euro) für eine geringe Wohnfläche in Kauf nehmen, um nicht auf der Straße leben zu müssen.
Für Mieter, die die Behörden aus überfüllten Zimmern ausschließen, ist die Gemeinde verantwortlich. Sie werden bei anderen privaten Vermietern oder in gemeindeeigenen Sozialwohnungen untergebracht. Die Stadt Esch besitzt etwa 400 sogenannte „Logements locatifs“.
Situation in Kaylnicht katastrophal
In der 8.000-Einwohner-Gemeinde Kayl seien die Zustände nicht ganz so gravierend wie in Esch, meinte Bürgermeister John Lorent, der das Problem gestern in seinem sozialen und historischen Zusammenhang beleuchtete. Seit den Anfängen des Eisenerzabbaus und der damit einhergehenden Immigration wurden in der ganzen Minetteregion Gaststättenzimmer und Betten vor allem an alleinstehende Schichtarbeiter vermietet. In einem „Règlement grand-ducal“ von 1979 wurden dann aber Mindeststandards für solche Schlafplätze festgelegt. „Die Gemeinde trägt die soziale Verantwortung, damit die gesetzlich festgelegten Hygiene- und Sicherheitsanforderungen auch erfüllt werden“, so John Lorent.
Auf Initiative von Polizeikommandant Jean-Claude Bouché habe die Gemeinde schon im Juni 2007, zusammen mit Polizei und Feuerwehr, fünf Gaststätten in Tetingen überprüft. Sechs weitere in Kayl sollen nun im Dezember dieses Jahres gemeinsam mit dem neuen Feuerwehrkommandanten begangen werden.
Die Situation sei nicht katastrophal, doch es gäbe einige Dinge zu beanstanden, sagte der Bürgermeister. Polizeikommissar Jean-Claude Bouché berichtete gar, dass von den in Tetingen kontrollierten Gaststätten keine einzige in Ordnung gewesen sei. Zwar sei die Situation nicht so schlimm wie in Esch, trotzdem hätten fast überall zu viele Menschen in einem Zimmer gewohnt oder die Sicherheitsstandards seien nicht alle erfüllt gewesen.
Die Gemeinde hat anschließend Forderungen an die Gaststättenbetreiber gestellt, die dann auch zur allgemeinen Zufriedenheit der Gemeindeverantwortlichen umgesetzt wurden. Die weiterführende Kontrolle der Akte unterliegt nun dem „Bureau de population“.
Polizeikommissar Jean-Claude Bouché bedauerte abschließend, dass Kontrollen heute nicht mehr so einfach durchgeführt werden können wie früher. Die Polizei hat jetzt nicht mehr das Recht, ohne Weiteres in Wohnungen einzudringen.
Zuständige Ministerien gefordert
Zudem wies der Polizeikommissar gestern als Einziger darauf hin, dass auch die Brauereien einen erheblichen Teil der Schuld am Schlafhandel tragen. Oft seien die Gästezimmer nicht in den Pachtverträgen aufgeführt, was zur Folge hat, dass die Gaststättenbetreiber alleine die Verantwortung für den Zustand der Zimmer tragen.
Vera Spautz und John Lorent stimmten dem zu und betonten, dass es hier noch einige Gesetzeslücken zu schließen gibt. Ein Ziel der Aktion sei es somit auch, Druck auf die Regierung und die zuständigen Ministerien auszuüben.
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