Retro 2020Das Jahr der Tram: Stadt Luxemburg kämpft mit dem Verkehr 

Retro 2020 / Das Jahr der Tram: Stadt Luxemburg kämpft mit dem Verkehr 
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Obwohl die Corona-Krise seit März täglich die nationalen Schlagzeilen bestimmt, bedeutet dies nicht, dass in den Gemeinden alles stillstand. Wenn es ein Thema gibt, wegen dessen sich die Bewohner der Hauptstadt seit jeher die Köpfe heiß reden, dann ist es der Verkehr, und das ist – Corona hin oder her – auch dieses Jahr nicht anders.

Da wäre zum Ersten ein Ereignis, das es sogar in einige südamerikanische Nachrichtensendungen brachte: die Einführung des kostenlosen öffentlichen Transports. Obwohl die Entscheidung eine nationale war, ist die Stadt Luxemburg wegen ihres ausgedehnten Busnetzes auch finanziell besonders davon betroffen, fehlen doch fortan einige Millionen aus dem Fahrkartenverkauf in der Gemeindekasse.

Das zweite Ereignis kann man – obwohl kein Hahn in Buenos Aires oder Havanna danach krähte – als Jahrhundertereignis bezeichnen: die Fertigstellung des neuen Tramabschnitts ab der „Stäreplaz“ bis zur „Gare“. Wie auch immer man zu diesem Projekt steht, kommt man nicht umhin, aufzuatmen. „Endlich!“, hieß es am 13. Dezember. Endlich kann man, oder könnte man, vom Bahnhof bis ins Kinepolis fahren, wäre da nicht dieser Virus. „Endlich!“, sagen auch die Geschäftsleute entlang der Trasse, die es gelinde gesagt satthatten, wegen des Drecks und der Kunden, die durch die Baustelle vertrieben wurden. Ob die Kunden allerdings nach der Corona-Krise wiederkehren, ist noch fraglich. Leiden alle im Moment unter den Corona-bedingten Maßnahmen, ist es für die „Stater“ Geschäftswelt – sowohl für Gaststätten wie auch für Handel – der zweite Tiefschlag nach der lange dauernden Trambaustelle. Etliche hängen in den Seilen und sind angezählt. Ob es zum K.o. kommt? Anfang kommenden Jahres wird man vielleicht klarer sehen.

Für viel Aufsehen sorgt immer noch die damit zusammenhängende Entscheidung, so viel wie möglich regionale Busse aus der Hauptstadt zu verbannen. Die Gemeinde Luxemburg erhält dank der Tram die Möglichkeit, den Verkehr durch die Stadt erheblich zu beruhigen, doch das scheint Leuten, die nicht in der Hauptstadt wohnen, nun gar nicht zu gefallen. Jede Gemeinde im Land schreit nach Umgehungsstraßen, weil der Verkehr ihren Bewohnern zu viel zusetzt, sind also für Verkehrsberuhigung. Nun macht die Hauptstadt genau das, und das gefällt jenen nicht, die nun nicht mehr per Bus bis quasi direkt vor ihr Büro fahren können. Umsteigen? Kommt ja gar nicht infrage, dann nehme ich das Auto.

Ach ja, da war noch diese Affäre in Hesperingen, wo zwei Gemeindebeamte die Gemeindekasse um rund drei Millionen erleichterten, und zwar über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Die Affäre war zwar schon 2019 aufgeflogen, doch das Tageblatt berichtete dieses Jahr ausgiebig in der Sache, wie z.B. im Sommer aus den Berichten der zuständigen staatlichen Untersuchungskommission. Diese Dokumente wie auch das zuvor vorgestellte sogenannte „Audit“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC warfen allerdings mehr Fragen auf, als sie beantworteten. Mehrere Male hatte die Opposition in der Sache nachgehakt, doch Bürgermeister Marc Lies versteckte sich jedes Mal hinter dem Argument, dass er sich während der noch laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht äußern werde. Auf die absolute Transparenz – wie vom Bürgermeister voriges Jahr versprochen – wartet die Öffentlichkeit bis heute.