Luxemburg virtuellDas Forschungsprojekt „Edutainment“ soll Geschichte vermitteln – spielend

Luxemburg virtuell / Das Forschungsprojekt „Edutainment“ soll Geschichte vermitteln – spielend
Durch die Altstadt flanieren geht heute am besten virtuell Foto: Editpress/Alain Rischard

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Edutainment ist ein Projekt der Universität Luxemburg: Ziel ist es, Geschichte einem breiten Publikum mittels virtueller Führungen näherzubringen. Quasi als Nebenprodukt entstanden nun während der Corona-Krise Quizze zur Geschichte unserer Hauptstadt.

Zu Hause sitzen und etwas Sinnvolles tun, das ist heute aktueller denn je. Das dachte sich auch Marie-Paule Jungblut, Leiterin des Projekts „Edutainment“ am Institut für Geschichte der Universität Luxemburg: Sie entwickelt Quizze über die Geschichte Luxemburgs. Seit dem Beginn der Ausgangsbeschränkungen veröffentlicht sie jede Woche einen Wissenstest zu diversen Themen.

Das neueste Quiz, das seit ein paar Tagen online ist, befasst sich mit dem politischen Leben der Hauptstadt, mit Fragen wie z.B. „Was waren die Befugnisse der luxemburgischen Rittergerichte?“ oder „Warum war das Rathaus am alten ‚Neuen Markt’, dem heutigen ‚Marché-aux-Herbes’, gelegen?“  Die vorherigen Wissenstests befassten sich alle mit der Stadt Luxemburg, einer davon speziell mit der Éimaischen und einer mit der mittelalterlichen Geschichte der Hauptstadt.

Die Idee zu diesen „Spielen“ kam Jungblut aufgrund der aktuellen Ausgangsbeschränkungen. Im „normalen“ Leben ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Luxemburg. „Diese Quizze über die Geschichte der Stadt Luxemburg sind eigentlich ein Spin-off meiner eigentlichen Arbeit an der Universität“, erklärt sie. Ihr Fachgebiet nennt sich „Public History“ (öffentliche Geschichte). „Dabei geht es nicht nur um theoretisches Wissen, sondern darum, Geschichte einem breiten Publikum zu vermitteln“, erklärt sie in kurzen Worten ihr Spezialgebiet.  

Um das zu erreichen, rief sie 2017 das Projekt „Edutainment“ ins Leben. „Edutainment ist eine Wortschöpfung aus education und entertainment”, erklärt Jungblut. Wissen soll wortwörtlich spielerisch vermittelt werden. „Ziel des Projekts ist es, Geschichte in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, und sie nicht nur als Forschungsgebiet zu betrachten.“ Edutainment.uni.lu sei eine Plattform für den Geschichtsunterricht, die Technologien benutzt, die derzeit für Spiele verwendet werden, heißt es auf der Website. Auf dieser Grundlage  bietet Edutainment virtuelle Führungen zu historischen Orten an. Will man etwas an ein breites Publikum bringen, darf die gewählte Sprache auch nicht zu akademisch sein, sagt sie. Die Studenten müssen die  ausgewählten Orte oder Monumente durch kurze und prägnante Texte beschreiben. „Das ist ein wesentlicher Teil des Studiums“, erklärt Jungblut. 

Virtuell durch die Hauptstadt

„Auf der Spuren der Migration in der Stadt Luxemburg“, „Die Stadt Luxemburg im 1. Weltkrieg“
und die „Die Stadt Luxemburg im Mittelalter“ sind drei der Arbeiten ihrer Studenten. Die Themen wählt Jungblut zusammen mit Michel Pauly, Professor am Institut für Geschichte, aus. Zu sehen sind die Resultate auf der Website „izi.Travel“. Der Clou dabei ist: Es handelt sich bei diesen Arbeiten nicht nur um historische Abhandlungen zu den jeweiligen Themen, sondern vielmehr auch um virtuelle Stadtführer.

 „izi.Travel“ stellt Anwendern eine virtuelle Plattform zur Verfügung, wo sie ihre Reiseführer veröffentlichen können. „izi.Travel“ führt die Nutzer ebenso Schritt für Schritt durch das historische Zentrum von Buenos Aires wie durch das Madrider Prado-Museum. Die Audiotour „Die Stadt Luxemburg im Mittelalter“ (die Touren sind in den drei Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch verfügbar) führt sie z.B. vom Bockfelsen zur Altmünster-Abtei, durch die ganze Altstadt bis zum Lëtzebuerg City Museum.

Die Anwendung wurde natürlich für Zeiten entwickelt, in denen man sich frei draußen bewegen kann. Hat man sie auf das Smartphone geladen, begleitet sie einen dank GPS wie ein Fremdenführer. In Corona-Zeiten können Sie das Ganze aber auch bequem über die Website „izi.Travel“ von Ihrem Sofa aus machen.

Dass die Idee beim breiten Publikum ankommt, beweisen die Zahlen. Die Mittelaltertour auf „izi.travel“ sei laut Jungblut bis dato schon über 20.000 Mal aufgerufen worden. Die meisten Nutzer kommen erwartungsgemäß aus dem Inland, doch unter ihnen habe man sogar chinesische Nutzer ausgemacht.

Tatort Luxemburg 1665

Das nächste  Projekt, das voraussichtlich im Herbst dieses Jahres online gehen wird, handelt von einem alten Kriminalfall. Die Studenten des Seminars „Representing the City of Luxembourg“, das Jungblut zusammen mit Professor Pauly leitet, arbeiten einen Fall aus dem Jahre 1665 auf. Bei der damaligen Hochzeit des Herrn de Sully mit der Schwester des Anwalts Pierre Didier wurden die Hochzeitsgäste von Herrn Cassal angegriffen. Überliefert ist nur die Anzeige, nicht aber das Urteil. Die Studenten rekonstruieren den Fall virtuell und übertragen die Tatorte auf eine aktuelle Karte der Stadt Luxemburg. Dabei werden wichtige Gebäude dokumentiert. Die Studenten recherchieren ebenfalls, welche Strafe den Seigneur Cassal hätte erwarten können.

Die Spanische Grippe

Eines der Quizze beschäftigt sich mit der Spanischen Grippe von 1918/1919 in Luxemburg. Dabei erfährt man u.a., dass die Opferzahl bis heute nicht genau bekannt ist. 2004 schätzte der Historiker Dr. Henri Kugener, dass 2.400 Leute in Luxemburg daran starben. Dank des Berichtes eines Schularztes aus der Zeit, Dr. Giver, wissen wir, dass die Grippe plötzlich im Oktober 1918 in den Schulen auftauchte, und bis Ostern 1919 andauerte. Zweimal machte die Krankheit eine „Pause“ und flammte zweimal wieder auf.
Im November und Dezember 1918 wurden die Schulen geschlossen, um die Lehrer und deren Angehörige zu schützen. Die Spanische Grippe war damals relativ harmlos für Schulkinder, die kranken Kinder mussten normalerweise nur um die sechs Tage zu Hause bleiben.

Das Material über die Spanische Grippe in Luxemburg wird diesen Sommer in Form eines Artikels mit dem Titel „Loosst di jong Leit liewen, loosst déi al Leit stierwen. Die Spanische Grippe in Luxemburg“ von der Universität Luxemburg veröffentlicht.

Zur Person

Marie-Paule Jungblut ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut d’Histoire der Universtität Luxemburg; sie unterrichtet dort und ebenfalls in Lüttich „Public History“ und Museologie. Da ihr Lehrstuhl an der hiesigen Universität von der Stadt Luxemburg finanziert wird, liegt auch der Fokus ihrer Arbeit auf der Geschichte dieser Stadt.
Vorher war sie u.a. stellvertretende Direktorin der Museen der Stadt Luxemburg, des Weiteren von 2012 bis 2015 Direktorin der vier historischen Museen der Stadt Bern.

 Foto: privat

Tarchamps
22. April 2020 - 0.31

Besser wäre, wenn man über die Dächer springen könnte um Meuchelmörder zu jagen oder welche zu sein.